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Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Titel: Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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getünchter Backstein, Fensterläden aus schwarzem Lack, Gaslaternen und Efeu. Ich hatte mir für das Treffen einen anständigen Anzug angezogen und eine Krawatte umgebunden, aber als ich klingelte, wurde mir klar, dass in dieser Gegend ein Vierhundert-Dollar-Anzug pikanter war, als wenn ich in Jeans aufgetaucht wäre. Ich hörte, wie sich das Klackern schicker teurer Schuhe aus dem hinteren Teil des Hauses näherte, dann öffnete sich die Tür mit einem Sauggeräusch wie ein Kühlschrank, und ein Schwall kalter Luft rollte mir entgegen.
    Desi sah so aus, wie ich immer hatte aussehen wollen: wie ein sehr attraktiver, sehr anständiger Typ. Es lag an seinen Augen oder vielleicht auch an seinem Kinn. Er hatte tiefliegende Mandelaugen, die mich an einen Teddybär erinnerten, und Grübchen in beiden Wangen. Jeder, der uns zusammen sah, hätte angenommen, dass er der Gute von uns beiden war.
    »Oh«, sagte Desi und studierte mein Gesicht. »Sie sind Nick. Nick Dunne. Guter Gott, es tut mir so leid wegen Amy. Kommen Sie rein, kommen Sie rein.«
    Er komplimentierte mich in ein strenges Wohnzimmer, Männlichkeit, wie ein Dekorateur sie sich vorstellte. Jede Menge dunkles, unbequemes Leder. Desi deutete auf einen Sessel mit einer besonders starren Rückenlehne; ich versuchte, es mir – wie aufgefordert – bequem zu machen, fand aber, dass die einzige Position, die diese Sitzgelegenheit gestattete, die eines gezüchtigten Schülers war: Aufgepasst und strammgesessen!
    Desi fragte mich nicht, warum ich in seinem Wohnzimmer war. Er erklärte auch nicht, warum er mich sofort erkannt hatte. Obwohl es immer häufiger wurde, dass Leute zweimal hinschauten und verstohlen flüsterten, wenn sie mir begegneten.
    »Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«, fragte Desi und presste die Hände zusammen: zuerst das Geschäftliche.
    »Nein, danke.«
    Nun setzte er sich mir gegenüber. Er war makellos gekleidet, Marineblau- und Cremeschattierungen, sogar seine Schuhbänder sahen frisch gebügelt aus. Aber sein Auftreten wurde dem äußeren Eindruck durchaus gerecht – er war nicht, wie ich insgeheim gehofft hatte, der Dandy, den man einfach vergessen konnte. Vielmehr schien er das Inbild eines Gentleman zu sein: ein Mann, der einen großen Dichter zitieren, einen seltenen Scotch bestellen und einer Frau das richtige antike Schmuckstück kaufen konnte. Er schien sogar zu der Sorte Männer zu gehören, die von Natur aus wissen, was Frauen wollen – wie ich ihm so gegenübersaß, fühlte ich meinen Anzug schlappmachen und mein Verhalten linkisch werden. Plötzlich hatte ich das Bedürfnis, über Football zu diskutieren und zu furzen. Typen wie Desi machten mich immer ganz fertig.
    »Amy? Irgendwelche Hinweise?«, fragte er.
    »Nichts wirklich Aufschlussreiches.«
    »Sie ist also entführt worden … von zu Hause? Stimmt das?«
    »Aus unserem Haus, ja.«
    Auf einmal wusste ich, wer er war: Er war der Kerl, der am ersten Tag der Suche allein erschienen war und ständig verstohlene Blicke auf Amys Foto geworfen hatte.
    »Sie waren im Freiwilligenzentrum, richtig? Am ersten Tag.«
    »Stimmt«, antwortete Desi nüchtern. »Das wollte ich auch gerade sagen. Ich wollte, ich hätte an dem Tag Gelegenheit gehabt, mit Ihnen zu sprechen und Ihnen mein Mitgefühl auszudrücken.«
    »Ziemlich weiter Weg, um einfach so dort aufzutauchen.«
    »Das könnte ich Ihnen auch sagen.« Er lächelte. »Schauen Sie. Ich mag Amy sehr gern, und als ich gehört habe, was passiert ist, da musste ich irgendetwas tun. Ich dachte einfach – es ist schrecklich, das auszusprechen, Nick, aber als ich es in den Nachrichten gesehen habe, da dachte ich nur Natürlich .«
    »Natürlich?«
    »Natürlich wird jemand sie … wollen«, erklärte er. Er hatte eine tiefe Stimme, eine Kamin-Stimme. »Sie wissen doch, Amy hat diese bestimmte Art. Eine Art, die Leute dazu bringt, sie zu wollen. Immer. Sie kennen doch das alte Klischee: Männer wollen sie, Frauen wollen sein wie sie. Bei Amy trifft das hundertprozentig zu.«
    Desi faltete seine großen Hände auf seiner Stoffhose. Keine Jeans oder so, eine Stoffhose. Ich war nicht sicher, ob er mich verarschte, also beschloss ich, behutsam vorzugehen. Das ist eine Regel bei allen potentiell schwierigen Interviews: Geh nicht zum Angriff über, bevor es absolut notwendig ist, warte erst mal ab, ob dein Gegenüber sich vielleicht selbst um Kopf und Kragen redet.
    »Sie hatten eine sehr intensive Beziehung zu Amy, richtig?«, fragte

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