GONE Lügen
Vorschlag.
»Außerdem müssen wir nachsehen, ob noch jemand in den brennenden Häusern festsitzt, und sie rausholen.«
»Richtig.« Edilio holte tief Luft. »Okay. Ellen, du und deine Leute, ihr eilt dem Feuer voraus und holt die Kids aus ihren Häusern. Sie sollen zum Strand runter oder auf die andere Seite der Schnellstraße.«
»Wird gemacht.«
»Orc, Howard und ich sehen nach, ob jemand Hilfe braucht.«
Ohne Orc und Howard zu fragen, was sie davon hielten, setzte er sich in Bewegung. Wieder die Sherman Avenue hinunter und mitten hinein in das Inferno. Er warf auch keinen Blick zurück. Entweder kamen sie mit oder eben nicht. Falls nicht, konnte er es ihnen nicht einmal verübeln.
Das Feuer tobte wie ein Tornado auf beiden Seiten der Straße. Es klang wie ein Brüllen, das abwechselnd anschwoll und wieder leiser wurde. Plötzlich stürzte mit lautem Krachen ein Dach ein und löste eine Funkenexplosion aus, die wirbelnd zum Himmel stob.
Die Hitze war unbeschreiblich. Glühend heiße Luft, die wie ein Windstoß daherkam und von beiden Seiten auf ihn einschlug.
Jetzt warf er doch einen Blick über die Schulter. Howard verlor gerade das Gleichgewicht und stürzte, wurde aber von Orc gepackt und wieder auf die Beine gestellt.
Edilio spürte, dass er mit jedem Schritt weniger Luft bekam. Schließlich blieb er stehen und versuchte, durch den Rauch zu spähen. Da war aber nichts außer Qualm und Flammen. In den Auffahrten brannten die Autos und die verdorrten Wiesen in den verwilderten Vorgärten.
Scheiben barsten, Balken stürzten ein. An den Straßenrändern schlug der Asphalt Blasen und verflüssigte sich.
»Kann nicht mehr«, krächzte Edilio.
Er sah noch einmal zurück. Howard hatte bereits den Rückzug angetreten, doch Orc stand jetzt direkt hinter ihm.
Edilio legte eine Hand auf seine steinerne Schulter und führte ihn hustend und weinend von den Flammen weg.
Roger wachte nicht auf.
Justin musste raus aus dem Haus. Er floh in den Garten.
Er konnte aber nicht weglaufen, er schaffte es einfach nicht.
Also rannte er wieder nach drinnen. Und hörte Roger laut husten. Er war endlich wach! Es sah aber so aus, als könnte er im Rauch nichts erkennen. Und als er sich endlich aufgerappelt hatte, lief er gegen die Wand.
»Roger!« Justin stürzte zu ihm hin und packte ihn am Hemdzipfel. »Hier lang!«
Er zerrte Roger in Richtung Küche, zur Hintertür.
Roger stolperte neben ihm her. Auf einmal ging es nicht mehr weiter, Feuer und Rauch versperrten ihnen den Weg und hüllten die ganze Küche ein.
Ins Wohnzimmer. Kurz dachte er noch an das Fotoalbum unter dem Bett. Vielleicht könnte er ganz schnell in sein Zimmer sausen und es holen.
Vielleicht, aber lieber nicht. Vom Wohnzimmer führte keine Tür in den Garten, dafür hatte es ein großes Fenster und dorthin brachte er Roger.
»Ic h …« Justin wollte sagen, dass er das Fenster aufmachen musste, doch der Rauch raubte ihm die Luft und brannte ihm in den Augen. Blindlings tastete er nach der Klinke.
Caine hatte sein mörderisches Tempo kein bisschen gedrosselt. Er drückte Zäune ein und eilte weiter. Die Gärten verschwanden unter wucherndem Unkraut, aus den zu Toiletten umfunktionierten Pools stieg ein unbeschreiblicher Gestank auf und überall türmten sich Müllberge.
Sie stolperten über Zaunpfosten und liegen gelassene Spielsachen, stießen gegen rostige Schaukeln und alte Grillgeräte und machten dabei eine Menge Lärm.
Ab und zu kam jemand an ein Fenster und rief: »Hey, wer ist da? Raus aus meinem Garten!«
Caine kümmerte sich nicht darum. Weiter, lautete die Devise, weiter zum Strand.
Sie hatten eine Chance, aber nur diese eine, und mussten möglichst bald den Hafen erreichen. Momentan rannten Sam und seine Leute noch verwirrt und aufgescheucht durch die Gegend und versuchten herauszufinden, wer für die Zerstörung verantwortlich war. Aber früher oder später würde jeman d – wenn nicht Sam, dann Astri d – auf den Gedanken kommen, dass es womöglich ein Ablenkungsmanöver war.
Oder Sam quetschte es aus Zil heraus. Der Penner würde Caine verraten, ohne mit der Wimper zu zucken.
Caine wollte nicht im Hafen ankommen und dort auf Sam stoßen. Nicht jetzt, nicht heute Nacht. Für einen Kampf mit Sam fehlte ihm die Kraft.
Vor ihnen lag eine Straße, die sie überqueren mussten. Es waren aber viel zu viele Kids unterwegs, um unbemerkt auf die andere Seite zu gelangen. Sie mussten also so tun, als wären sie selbst auf der Flucht, und
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