Good Girls
ist wirklich Scheiße«, sagt Joelle. »Das ist doch ungerecht!«
»Na ja, man kann es sich immer noch selbst besorgen«, meint Pam. »Habt ihr eine Dusche mit Massagestrahl?«
»Uuh!«, sagt Joelle.
Ich wundere mich immer noch über Ash. » Mit den Kleidern?«
Pam schüttelt den Kopf über meine Unwissenheit. Zu Ash sagt sie: »Für die Jungs ist es so einfach. Aber für uns leider nicht. Und man kann nicht behaupten, dass sie eine große Hilfe sind. Manchmal habe ich einfach aufgegeben und dem Kerl einen geblasen. Dabei muss man sich nicht einmal ausziehen. Man kann sogar einen Wintermantel tragen und es ist ihnen völlig egal.« Ihre Stimme klingt jetzt überhaupt nicht mehr honigsüß, sondern traurig und enttäuscht. Sie klingt wie eine alte Schabracke, dievon ihrer tragischen, unglücklichen Jugend erzählt. Wir wissen nicht, was wir sagen sollen.
Joelle beschließt wieder zu ihrer Tanznummer zurückzukehren, um das Thema zu wechseln oder um Pam aufzumuntern. Zwei Muskelprotze in Flanellhemden – der eine klein und blond, der andere groß und dunkelhaarig – schlendern vorbei und grinsen uns an wie die Vollidioten. »Braucht ihr Mädchen vielleicht Hilfe?«
»Warum«, sagt Ash misstrauisch. »Arbeitet ihr hier?«
»Nein«, gibt der Blonde zurück. »Aber wir finden bestimmt, was ihr braucht, egal, was es ist.« Der Dunkelhaarige lacht.
Joelle setzt ihr sexy Lächeln auf und fährt mit dem Finger über die Brust des Blonden. »Und was glaubst du, was wir brauchen?«
Er zuckt zurück, als wären Joelles Finger elektrisch aufgeladen. »Ähm, also, ich weiß nicht.«
»Du weißt es nicht?«, fragt Joelle. Sie dreht sich zu uns um. »Habt ihr das gehört? Sie wissen nicht, was wir brauchen.«
Ash stößt Pam in die Rippen und Pam ist wieder die Alte. Eine abgeklärte, vierzigjährige, geschiedene Frau in einer Fernsehshow. »Sie wissen nicht, was wir brauchen?«, wiederholt Pam. »Wie schade!«
Das dritte Mal
(und vierte und fünfte und …)
Es war Anfang September. Das Einzige, was ich brauchte, war Luke, Luke und nochmals Luke. Die Schule begann und wir begegneten uns im Flur. Meine Kehle war wie zugeschnürt. Als hätte ich eine schlimme Allergie. Er sagte: »Hey«, und ich brachte keinen Ton heraus. Also verzog ich meinen Mund zu einem hoffentlich strahlenden Lächeln, obwohl ich mich fühlte wie der sterbende Schwan höchstpersönlich.
»Gehst du mir aus dem Weg?«, fragte er mich bei der ersten Party, nachdem die Schule wieder angefangen hatte. Es war bei Ray Dale, am zweiten Samstag im Monat. Eigentlich waren Partys während des Schuljahrs nicht so mein Ding. Aber zu dieser musste ich unbedingt hin, weil ich hoffte, Luke dort zu treffen. Das tat ich auch, aber zuerst quälte er mich. Eine geschlagene Stunde lang sahen Ash und ich zu, wie er die Runde machte und mit jedem Mädchen im Raum flirtete. Mir war ganz schlecht vor Anspannung, und ich kramte gerade im Kühlschrank nach einem alkoholfreien Getränk, als er mich ansprach.
»Was?«, sagte ich. Ich ließ vor Schreck die Coladose auf meinen Fuß fallen. »Au!«
»Geht’s dir gut?«
Ich blinzelte. »Ja, alles bestens.«
Ash lehnte am Küchenschrank und sagte: »Hallo, Luke.«
Luke drehte sich um. »Oh, hallo, Ash. Entschuldige. Ich hab dich gar nicht gesehen. Wie steht’s?«
»Ganz gut.« Sie verzog das Gesicht zu einer Grimasse. Sie nickte mir zu. »Ich bin drüben.«
Luke rief ihr nach: »Nardo ist unten im Keller.«
»Danke«, sagte Ash.
Luke drehte sich wieder zu mir um. »Und?«
»Und?« Mein Fuß tat höllisch weh. Ich hielt ihn hoch wie ein Bär, der mit seiner Pfote in eine Dorne getreten war.
Luke riss ein Stück Küchenrolle ab und wickelte ein paar Eiswürfel darin ein.
»Hinsetzen«, befahl er und drückte mich auf einen Küchenstuhl. Er zog sich einen zweiten Stuhl heran und bettete meinen Fuß zwischen seine Knie. Nachdem er meine Flipflops abgestreift hatte, presste er das Eis auf meinen Fuß. »Besser?«
»Ja.« Was allerdings nicht am Eis lag. Er schien Füße zu mögen. Nicht dass mich das störte.
Er hielt das Eis ein paar Minuten lang an meinem Fuß fest. »Du gehst mir also nicht aus dem Weg?«
»Nein«, sagte ich. Ich fand diese Frage ein bisschen abwegig, wenn man bedachte, welchen Flirt-Marathoner gerade hinter sich gebracht hatte. »Wie kommst du denn darauf?«
Er sah zu mir hoch. »Ich weiß nicht. Wahrscheinlich bin ich einfach nervös, wenn du in meiner Nähe bist.«
Das brachte mich zum Lachen.
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