Good Girls
auf und lehnt sich an seinen Schreibtisch. »Wunderschön.«
Ich sehe, wie ihm die Tränen in die Augen steigen, und weiß nicht, was ich sagen soll.
»Es ist so ein komisches Gefühl, dich als erwachsene Frau zu sehen«, sagt er. »Ich weiß noch genau, wie du dir immer aus unseren Sofakissen eine Burg gebaut hast. Weißt du noch? Du warst jedes Mal schrecklich wütend, wenn wir dich später gebeten haben, die Kissen wieder wegzuräumen. Du konntest einfach nicht verstehen, warum wir nicht einfach mit dir in der Burg sitzen konnten. Und du konntest auch nicht verstehen, warum wir eine Zimmerdecke brauchten. Du wolltest deine Burg lieber unter freiem Himmel bauen.«
Ich habe kein einziges Mal geweint: nicht als das Foto überall herumgeschickt wurde, nicht beim Arzt, nicht als ich mit Luke gestritten habe und mir klar wurde, was für einen Mist ich gebaut hatte. Aber als ich die tränennassen Augen meines Vaters sehe, bricht etwas in mir auf.
»Daddy«, sage ich.
»Weißt du«, sagt er. »Ich glaube, in den letzten Monaten habe ich dir das Leben noch schwerer gemacht, als es für dich sowieso schon war. Das wollte ich nicht, glaub mir. Ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht. Ich wusste nicht, wie ich dich beschützen sollte. Es hat mich wahnsinnig gemacht.«
Ich halte es nicht aus. Ich halte es nicht aus, mir vorzustellen, was er von mir denkt. Tränen schießen mir in die Augen und rinnen über meine Wangen. »Ich hab alles falsch gemacht, Daddy. Ich hab so sehrversucht, klug zu sein, es gut zu machen, aber ich hab alles vermasselt.«
»Das ist nicht wahr, Audrey.«
Ich verberge mein Gesicht in meinen Händen. Dann ziehe ich sie schnell wieder weg, weil ich die Handschuhe nicht ruinieren will. »Es tut mir ja so leid«, sage ich. »Bitte sei mir nicht mehr böse. Bitte hasse mich nicht.«
Er kommt zu mir und nimmt mein Kinn in die Hände, ohne sich darum zu kümmern, dass mein Gesicht ganz nass ist. »Nein, Audrey. Mir tut es leid«, sagt er. »Weißt du denn nicht, wie lieb ich dich habe?«
Ich schüttle den Kopf. Ich weiß es nicht, ich weiß es nicht, ich weiß es nicht.
Er nimmt mich in die Arme. »Du bist doch meine geliebte Kleine. Egal, was du tust. Du wirst immer meine geliebte Kleine bleiben.«
Mit einem 1000-Dollar-Brautkleid, langen Handschuhen und einem Diadem schluchze ich an der Brust meines Vaters.
Hier kommen die Bräute
Dad besteht auf das komplette Fotoprogramm. Ein Bild von jeder von uns, plus diverse Gruppenfotos. Selbst die Eltern der anderen werden ungeduldig.
»Er fotografiert wohl gerne?«, stellt Pams Mutter fest. Sie trinkt bereits ihr zweites Glas Wein.
Mom seufzt. »Mittlerweile habe ich mich damit abgefunden.«
»Komm schon, Dad«, fordere ich ihn auf. »Wir können nicht mehr lächeln. Uns tun schon die Backen weh.«
»Nur noch eins«, sagt er. Stellt euch alle nebeneinander vor die Wand. Ganz dicht. Genau so, das ist gut. Und jetzt sagt: ›Ameisenscheiße‹.«
Wir grinsen, er macht das Foto und endlich sind wir fertig. Die Limousine wartet bereits vor dem Haus, um uns zum Abschlussball zu bringen. Fünf Bräute, kein Bräutigam. Wer braucht schon einen Bräutigam? Unsere Eltern haben die Brautsträuße gekauft: Rosen für jede von uns.
Wir bleiben noch ein paar Minuten im Haus, bekommen Komplimente und Küsse von unseren Eltern (auch wenn man ihnen anmerkt, dass sie von der Idee mit den Brautkleidern nicht so angetan wie wir sind und davon ausgehen, dass wir das wahrscheinlichewig bereuen werden). Mom zieht mich beiseite. »Ich hoffe, eines Tages wirst du so ein Kleid zum richtigen Anlass tragen.« Sie drückt mich an sich. »Und ich wünsche dir viel Spaß heute Abend.«
Wir stöckeln zur Limousine und jubeln lauthals, während die Nachbarn uns verblüfft nachstarren. Keine von uns hat einen Tropfen Alkohol angerührt. Trotzdem fühlen wir uns wie betrunken.
»Ich kann es kaum erwarten, die Gesichter der anderen zu sehen«, kichert Pam.
»Denen fallen bestimmt die Augen raus«, fügt Cindy hinzu. Sie strahlt wie nie zuvor. Sie hat einen brandneuen Haarschnitt: ein kurzer, hübscher Bob. Die Idee hat sie aus einem Buch, das Ash ihr gegeben hat: Das Blaue Schloss von L. M. Montgomery. Sie sagt, es sei die romantischste Geschichte, die sie jemals gelesen hat.
Joelle mustert jede von uns: Kleider, Handschuhe, Haare, Make-up. »Wisst ihr was? Wir sind die schärfsten Bräute, die es jemals gab.«
»Ich kann es immer noch nicht glauben, dass ich ein
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