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Google-Mitarbeiter Nr. 59

Google-Mitarbeiter Nr. 59

Titel: Google-Mitarbeiter Nr. 59 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Edwards
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über dem Empfang in der Lobby hing. Manchmal setzte ich mich auf das rote Sofa und sah zu, um herauszufinden, wonach die Welt suchte. Die Begriffe rollten in einem steten Strom still vorbei:
    Neuer Job in Montana
    Zip-Dateien anlegen
    Kostenlose Grußkarten
    Nervensystem
    Lynyrd skynyrd tabliature Dienstag
    Datura Metal
    Tamron Linse 500mm
    Modchip für Playstation
    Der Knochenjäger
    Single Chat
    Journalisten, die zu Google kamen, standen fasziniert in der Lobby angesichts dieses kurzen Blicks in die Welt und schrieben später poetisch über die internationalen Auswirkungen von Google und die zunehmende Bedeutung der Suche in unserer Lebensweise. Besucher waren so gebannt, dass sie auf den Bildschirm starrten, während sie für ihre Besucherausweise unterschrieben und die strikte Geheimhaltungspflicht gar nicht lasen, zu der sie sich mit der Unterschrift verpflichteten.
    Der Suchanfragen-Scroll war sorgfältig nach beleidigenden Begriffen gefiltert worden, die mit unserem »gesunden Image« kollidieren könnten. 107 Beleidigende Begriffe auf Englisch sowieso. Ich erinnere mich an eine Gruppe japanischer Besucher, die auf einige der katalanischen Silben zeigten, die über den Bildschirm flatterten, und grinsten. Die Unfähigkeit, fremdsprachige Pornos zu erkennen, ist nur einer der Gründe, warum wir den Fragen-Scroll nie für Marketingzwecke einsetzten, trotz seiner Fähigkeit, esoterische Technik in voyeuristische Unterhaltung zu verwandeln.
    Larry interessierte sich nie für die Anfragen auf dem Bildschirm. Er überwachte ständig die Ströme öffentlicher Paranoia um das Informationsleck herum, und die vorbeirollenden Anfragen alarmierten ihn. Er fürchtete, die Darstellung könne unbeabsichtigt persönliche Daten enthüllen, weil die Anfragen Namen enthielten oder Informationen, welche die User gern für sich behalten würden (zum Beispiel »John Smith wegen Trunkenheit am Steuer in Springfield verhaftet« oder »Mary Jones Amateur-Pornofilm«). Darüber hinaus könnte es die Leute dazu bewegen, mehr über ihre Anfragen nachzudenken, und damit eine unbegründete Sorge wachrütteln, welche Informationen mit jeder Suche übermittelt wurden.
    Larry versuchte, auch den Google-»Zeitgeist« zu killen. Zeitgeist war ein Feature zum Jahresende, das die PR zusammenstellte, um Trends bei den Suchbegriffen der vergangenen zwölf Monate zusammenzufassen. Die Presse liebte Zeitgeist, denn es bot ihnen eine weitere Möglichkeit, das vergangene Jahr zum Abschluss zu bringen. Für Larry weckte es jedoch zu viele Fragen darüber, wie viel Google über seine Useranfragen wusste und wie lange wir die Daten aufbewahrten. Cindy bat mich um eine Liste mit Gründen, warum wir diese Tradition beibehalten sollten, und meine Begründung überzeugte Larry offenbar, dass das Risiko akzeptabel sei, denn der Zeitgeist-Jahresrückblick erscheint immer noch auf Google.com.
    Während wir damit rangen, was wir den Usern sagen konnten, wurde unsere Fähigkeit, deren Daten zutage zu fördern, immer besser. Amit Patel hatte als sein erstes großes Projekt bei Google ein rudimentäres System entwickelt, um einen Sinn in den Logs zu erkennen, welche die Userinteraktion mit unseren Seiten aufzeichneten. Ironischerweise legte derselbe Techniker, der am meisten dafür tat, die Vorstellung des »Tu nichts Unmoralisches« zu säen, den Grundstein eines Systems, das Googles ehrenhafte Absichten infrage stellen würde.
    Amits System war eine Behelfsmaßnahme. Es brauchte drei Jahre und enorme Anstrengungen eines Teams von Googlern unter der Leitung des legendären Programmierers Rob Pike, die Technologie zu perfektionieren, die als »Sägewerk« bezeichnet wurde, da sie Logs verarbeitete. Als das Sägewerk 2003 aktiviert wurde, lieferte es Google ein klares Verständnis des Userverhaltens, was unsere Techniker im Gegenzug in die Lage versetzte, Anzeigen noch gezielter einzusetzen, als Yahoo es konnte, einige Arten von Robotersoftware zu identifizieren und zu blocken, die Suchbegriffe übermittelten, Umsätze genau genug zu melden, um Auditanforderungen zu erfüllen, und festzulegen, welche UI-Features die Site verbesserten und welche die User nur verwirrten. Wenn die Techniker schon zögerten, vor Sägewerk Logdaten zu löschen, dann hielten sie nach der Einführung hartnäckig daran fest, diese zu behalten.
    Larrys Weigerung, die Diskussion über die Privatsphäre mit der Öffentlichkeit zu führen, frustrierte mich stets. Bei mir hielt sich die

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