Gooliath - Vergeltung: Thriller (German Edition)
ihm einige ebenfalls gut gelaunte Menschen. Sie redeten, lachten oder waren in Eile, doch niemand von ihnen nahm seine Umgebung mehr als das wahr, was sie definitiv war. Ein Weltwunder.
David hing diesem Gedanken noch ein wenig nach. Plö tzlich fiel ihm aber der lang vermisste, doch wohlvertraute Haarschopf von Melissa in den Blick. Sie stand in einer Gruppe bestehend aus zwei Erwachsenen und etwa zehn Kindern ihres Alters. Bei den Erwachsenen handelte es sich vermutlich um Erzieher. Die Gruppe verließ gerade einen Raum mit der Aufschrift »Holo-Deck 1«.
Glü cklich betrachtete er seine kleine Schwester. Ihre ausgeprägten Naturlocken waren schon seit früher Kindheit nicht zu bändigen gewesen. Gerade diese Locken verliehen ihr einen frechen Schutzwall. Man musste sie einfach gern haben. Waren Annes Locken vielleicht der Grund, warum auch sie David so sehr faszinierte? Er schüttelte den Gedanken ab und schlich sich an Melissa heran, die ihn bis jetzt noch nicht bemerkt hatte. Obwohl David diesem Moment entgegenfieberte, war er tatsächlich nicht im Geringsten vorbereitet. Wie würde sie reagieren? Was sollte er sagen?
In diesem Augenblick richtete sie ihren Blick zufä llig in seine Richtung. Für einen Moment verharrte sie an Ort und Stelle, bis sie Davids Gesicht endlich einem bekannten Muster zuordnen konnte. Augenblicklich erstrahlte sie, wie ein Honigkuchenpferd mit einem Lachen von Ohr zu Ohr. Ohne zu zögern, rannte sie auf ihn zu und hätte ihn wohl aus purer Freude umgeworfen, wäre er nicht schon zuvor auf die Knie gegangen. Als er sie in seinem Arm hielt und ihre Wärme spürte, wichen all seine Zweifel und Fragen von ihm. Lizzy flüsterte in sein Ohr: »Ich habe dich vermisst, Davy.« In diesem Moment war er wieder das, wonach er sich schon so lange gesehnt hatte. Er war glücklich!
Nach einer angenehmen Ewigkeit lö sten sie sich wieder voneinander. David blickte in ein lachendes Engelsgesicht. Melissa hatte sich in den vergangenen drei Jahren deutlich verändert. Sie war ein gutes Stück größer geworden und nicht mehr so pummelig, wie er sie in Erinnerung hatte. Die niedlichen Grübchen an den Wangen waren ihr allerdings geblieben. Zusammen mit den wippenden dunkelblonden Naturlocken waren sie ein Garant für gute Laune. Selbst bei einem Kuchendiebstahl aus Mamas Küche war sie früher immer begnadigt worden.
Unter ihrem linken Arm hatte sie ein Sto fftier geklemmt, an das sich David gut erinnern konnte. Er hatte Lizzy das känguruähnliche Etwas am Tag seiner Abreise nach Kopenhagen geschenkt und sie hatte der Figur sogleich den Namen ‚Keru‘ verpasst.
David erinnerte sich an die Szene, als hä tte sie sich erst gestern zugetragen. Mit ihren damals vier Jahren stand Melissa hoch feierlich vor ihm. Mit gespieltem Militärgruß schwor sie, immer auf Keru aufzupassen und ihn zu beschützen. Das wirkte umso drolliger, da sie bei diesem Gruß nicht Mittel-, Zeige- und Ringfinger an der Schläfe hielt. Vielmehr war es der Daumen gewesen und das Ergebnis ähnelte eher einer toten Taube beim Absturz.
Um genau zu sein, war Kerus Aufgabe auch nicht die eines tumben Plü schtiers. Er gehörte schon damals zur neuesten Generation von intelligenten Babyfonen oder, wie es fachlich hieß, mobilen audiovisuellen Diagnoseeinheiten. Je nach Gestaltung mit verschiedenen Fortbewegungsmethoden ausgestattet, konnte Keru sich kängurugleich durch die Luft katapultieren.
Auß erdem waren die Dinger echt toll im Auffinden des jeweiligen Zielkindes. Mittels Sensorik konnten sie einem, dem Kind angehefteten, Peilsender folgen. Sollte dieser ausfallen, waren die raffinierten Knuddler sogar in der Lage, spezifische Geräusche oder Düfte, einem Hund gleich, aufzuspüren. Kam das Objekt dann in Sicht, wurde es von optischen Sensoren sofort erkannt.
Damit konnten diese sogenannten ‚ Babydrohnen‘ ihren Diagnoseauftrag bestmöglich erfüllen. Daten wie Temperatur, Atmung, Schweiß, Puls und vieles mehr wurden auf diese Weise effizient überwacht. Im Notfall konnten Sanitäter also mit einer kompletten Anamnese und möglichen Therapiemaßnahmen versorgt werden. Auf diese Weise war Keru Spielgefährte, Wächter und Schutzengel in einem. Man war stets versucht, ihm den Status eines lebendigen biologischen Haustieres einzuräumen.
Und Keru erkannte David wieder. Er sprang aufgeregt auf dessen Schulter und sagte mit seiner kindlichen Schmusestimme: » Hallo David. Keru freut sich.« Was sollte man da machen? Keru
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