Gooliath - Vergeltung: Thriller (German Edition)
Schrei, bevor sie schützend eine Hand vor den Mund halten konnte. Jamal und Britta wurden kreidebleich. Ungläubig hakte Britta nach: »OK, wenn das jetzt ein Witz sein sollte, dann kann ich da aber gar nicht drüber lachen.« Sie sah David abwartend an. Mit jeder Sekunde, die er ihrem Blick standhielt, wurde aus Zweifel bittere Gewissheit. »Oh mein Gott.«, brachte sie ihren Schock flüsternd zum Ausdruck.
Konspirativ saß en sie noch eine Weile zusammen. David wurde dazu angehalten, alles bis ins kleinste Detail zu berichten. Zweifel an seiner Unschuld kamen nicht für einen Lidschlag lang auf. Ehrliche Freundschaft und Loyalität waren das höchste Gut ihrer Gemeinschaft. Solange auch nur ein einziger Mensch an David glaubte, gab es noch Hoffnung.
Nac h einer guten Stunde war dieser mit seinem Bericht am Ende. Insbesondere die Art des Mordes, bei dem das Opfer seinem Tod langsam entgegenging, stieß auf kollektive Verachtung. Es wirkte absolut surreal.
Kraft- und mutlos starrten sie eine Weile gemeinsam ins Leere, bis David unvermittelt aufstand: »So, jetzt seid ihr im Bilde. Aber das war alles ein bisschen viel für mich. Ich werde ein wenig herumlaufen und nachdenken. Und morgen dann die Operation. Na ja...« Er wirkte unschlüssig. Zum Abschied klopfte er auf den Tisch und ging. Schweigend und mitfühlend folgten ihm die Blicke der anderen, bis er in den Gang zu den Toiletten abgebogen war.
Wie schon am zweiten Abend auf Zerberus war der Zeitpunkt fü r Davids Abstecher überaus passend. Bei seiner Rückkehr nestelte er noch an seinem offenen Hosenschlitz herum, als Anne um die Ecke kam. Verlegen ging David seine Optionen durch. Einerseits wäre er gerne seinem ersten Impuls gefolgt und hätte umgehend die Hand vom Hosenschlitz genommen. Andererseits erschien ihm diese fröhlich lächelnde Beinkleidöffnung als einigermaßen unpassende Begrüßung Annes. Energisch schloss er den Schlitz und lächelte befangen.
Anne kam kichernd auf ihn zu: » Na, wer begrüßt mich denn da?« Offenbar hatte sie ihre freche Selbstsicherheit wiedergefunden. Sie wirkte geradezu ausgelassen, baute sich vor ihm auf und sah ihm in die Augen. Der Umstand, dass David nur einen halben Kopf größer war, gestaltete dieses Vorhaben ausgesprochen einfach. Irgendetwas lag ihr auf der Zunge. Sie rang einen Moment mit sich, bis sie David schließlich einweihte: »Ich… Du hast morgen deine Operation, richtig?« David nickte knapp, aber erwartungsvoll.
» Ich habe eine kleine Überraschung für dich. Ich würde sie dir gerne zeigen, obwohl mir Rebecca davon abgeraten hat.« Mit einer Kopfbewegung warf sie ihre Haare über die Schulter und offenbarte einen Blick auf ihren entblößten Hals. Ein definitives Zeichen der Zuneigung. Gehorsam horchte David weiter dem Klang ihrer Stimme: »Jetzt geht es aber noch nicht. Ich hole dich nachher von deinem Quartier ab. So gegen elf Uhr, OK?«
Was seine Gefü hle anging, hatte David keinerlei Bedenken, nachts mit Anne durch die verwaisten Gänge von Zerberus zu schleichen. Einzig seine neue Chip-Plakette bereitete ihm Sorgen. Irgendwer erfuhr mit Sicherheit von seinem nächtlichen Treiben. Würde al Hasari seine Drohung wahrmachen und ihn züchtigen?
Fü r Anne war es das allemal wert. Im jetzigen Gespräch war David ohnehin nicht mehr Herr der Lage. Sein leicht geöffneter Mund wirkte irgendwie stumpfsinnig. Stumm nickte er seine Zustimmung.
Bevor Anne zu den Toiletten weiterging, klappte sie Davids Unterkiefer hö rbar nach oben, lächelte und ging. Dieser Tag war einfach unglaublich. Eine Achterbahn war ein Dreck dagegen. Es war schon seltsam, wie nahe Erfolg und Niederlage beieinanderliegen konnten. In der richtigen Mischung gestalteten sie das Leben spannend. Sicherheit war reines Wunschdenken, denn die Realität war überraschend anders.
29. Anmut
die; Grazie. Harmonie der freien Bewegung in absoluter, unmittelbarer Schö nheit.
Die Begegnung mit Anne war in der Tat Davids Glück. Ohne sie wäre er mit Sicherheit in seinen düstersten Fantasien ertrunken. In dieser dunklen Welt war Anne das Licht und die Zuversicht. Gerne rief er sich ihr erstes Treffen ins Gedächtnis. Ihre geröteten Wangen, als sie kämpferisch ihre Ansichten vertrat. Das erste Lächeln, der erste schüchterne Kuss…
Eine geraume Zeit hatte er stehend auf der Aussichtsplattform verbracht. Der Anblick einer friedlichen Erde war, wie schon beim ersten Mal, geradezu surreal. Dennoch war das Bild mit einem
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