GOR-Zyklus 01 - Gor - die Gegenerde
einen solchen Stein, doch er liegt am Heil i gen Ort und ist der Quell der Macht für die Priesterkön i ge.«
»Wer sind die Priesterkönige?« fragte ich.
Mein Vater drehte sich um, und er schien beunruhigt, als habe er bereits zuviel gesagt.
»Ja«, sagte er schließlich. »Ich muß dir wohl auch von den Priesterkönigen berichten. Aber laß mich das auf meine Art tun, damit du vielleicht besser verstehst, w o von ich spreche.« Wir setzten uns wieder, und mein V a ter machte sich methodisch daran, mir seine Welt zu e r klären.
In seinem Bericht bezeichnete mein Vater den Planeten Gor oft als Gegenerde – eine Bezeichnung, die aus den Schriften der Pythagoräer stammt, die als erste das Vo r handensein eines solchen Himmelskörpers vermutet ha t ten. Seltsamerweise wu r de die Sonne in der Gor-Sprache auch als Lar-Torvis bezeichnet, was Mittelfeuer bedeutet, ein weiterer pythagoräischer Ausdruck, der allerdings meines Wissens nicht auf die Sonne angewendet wurde. Es gab auf Gor eine Sekte, die die Sonne anbetete, wie ich später erfuhr, doch sie war klein und unbede u tend im Vergleich zum Kult der Priesterkönige. Die Priesterkön i ge, wer immer sie sein mochten, standen für die Bevölk e rung im Range von Göttern. Sie waren die ältesten Götter Gors, und in einem A u genblick der Gefahr mochte selbst dem Mutigsten ein Gebet zu den Priesterkönigen von den Lippen kommen.
»Die Priesterkönige«, sagte mein Vater, »sind unster b lich. Das glauben wenigstens die meisten hier.«
»Glaubst du es auch?« fragte ich.
»Ich weiß es nicht«, sagte mein Vater. »Vielleicht.«
»Was für Menschen sind das?« fragte ich.
»Man weiß nicht, ob es sich um Menschen handelt«, antwortete mein Vater.
»Was sind sie dann?«
»Vielleicht Götter.«
»Das meinst du doch nicht ernst!«
»Aber ja«, sagte er. »Ein Wesen, das über dem Tode steht und unvorstellbare Macht und Weisheit auf sich vereinigt, ist doch bestimmt dieses Namens wert.«
Ich schwieg.
»Ich würde eher vermuten«, fuhr mein Vater fort, »daß die Priesterkönige doch Menschen sind – Männer wie wir, oder jedenfalls humanoide Org a nismen irgendeiner Art –, mit einer Wissenschaft und Technologie versehen, die der unseren ebensoweit überlegen ist wie die En t wicklung des zwanzigsten Jahrhunderts der der frühen Astrol o gen und Alchimisten.«
Seine Vermutung schien mir Hand und Fuß zu haben; sprachen nicht auch die Technologie des Umschlags, die Ausschaltung meines Kompasses und das seltsame Raumschiff dafür, daß hier Wesen am Werk waren, die ungewöhnliche Kräfte b e herrschten?
»Die Priesterkönige«, sagte mein Vater, »haben ihren Heiligen Ort im Sardargebirge, einer Einöde, in die kein Mensch vordringen kann. Der Heilige Ort ist für die me i sten hier tabu. Bisher ist noch niemand aus diesen Be r gen zurückgekehrt.« Mein V a ter starrte ins Leere. »Schon zahllose Idealisten und Rebellen sind auf den g e frorenen Hängen des G e birges zu Tode gekommen. Will man sich ihm nähern, muß das zu Fuß geschehen, denn unsere Tiere wagen sich nicht heran. Körperteile von Z u fluchtsuchenden sind in den Ebenen gefunden worden, wie Fleischstücke, die aus unvorstellbarer Entfernung Rau b tieren zum Fraß hingeworfen wurden.«
Meine Hand verkrampfte sich um den Krug.
»Manchmal«, fuhr mein Vater fort, »begeben sich alte Männer auf den Weg in die Berge, um dort das Gehei m nis der Unsterblichkeit zu finden. Doch niemand ist je zurückgekehrt. Manche sagen, sie werden dort Prieste r könige, doch ich würde eher meinen, daß es den sicheren Tod bedeutet, hinter das Geheimnis der Priesterkönige zu kommen.«
Mein Vater erklärte mir nun die Sagen um die Prieste r könige, und ich mußte erfahren, daß sie wenigstens in e i nem Punkt richtige Götter des Planeten waren – sie kon n ten alles vernichten oder in ihre Gewalt bringen, auf das ihr Auge fiel. Nach allgemeiner Auffassung entging i h nen nichts, was auf ihrem Planeten vorging, aber wenn das wirklich stimmte, so schienen sie kaum Notiz davon zu nehmen, wie ich erfuhr. Angeblich erstrebten sie die Heiligkeit und konnten sich in ihrer inneren Ei n kehr nicht um die kleinen Dinge der Außenwelt kümmern. Diese Vermutung schien mir allerdings wenig zu dem e r schreckenden Schicksal zu passen, das angeblich all jene erwartete, die das Sardargebirge bestiegen. Ich konnte mir kaum einen durchgeistigten Heiligen vorste l len, der aus seinen Gedanken erwacht, um einen Ei n
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