GOR-Zyklus 17 - Die Wilden von Gor
war bekannt, daß die Kreaturen auf den Stahlwelten über eine fortschrittliche Technologie verfügten. So bezweifelte ich nicht, daß die physikalischen und chemischen Verfahren, die sie anwenden konnten, eine genaue Datierung des Leders und der Farben ermöglichten. Die historischen Beweise würden ebenfalls schlüssig sein. Zwar würde es sich um historische Daten handeln, die nur den anderen zur Verfügung standen und nicht mir. Ich selbst hatte keine Möglichkeit, die angewandten Daten zu überprüfen: Daß die Geschöpfe auf dieser Welt primitive Waffen trugen, war auf ihre Angst vor den Priesterkönigen zurückzuführen. Im Besitz solcher Waffen mochte man sie für Angehörige ihrer Rasse halten, die inzwischen auf Gor heimisch geworden waren, Abkömmlinge von Individuen, die vor langer Zeit auf dem Planeten gestrandet sein mochten. Die Priesterkönige ignorierten diese Ungeheuer weitgehend. Sie durften sich nach Belieben niederlassen und sich sogar nach ihren überlieferten Gesetzen und Gebräuchen richten, vorausgesetzt, sie verstießen nicht gegen Waffengesetze und Technologieeinschränkungen. Die Kreaturen fielen allerdings, sobald sie der Disziplin der Schiffe ledig waren, innerhalb weniger Generationen in die Barbarei zurück. Im großen und ganzen hielten sie sich in Bereichen auf, die nicht von Menschen bewohnt wurden. Die Priesterkönige sorgen für ihre Welt, dennoch liegt ihr Interesse vordringlich unter der Oberfläche Gors, und so kommt es, daß das Leben auf Gor seinen Lauf nimmt, die natürlichen Ökosysteme des Planeten zu erhalten. Sie sind weise, doch zögern selbst sie, genaue und subtile Systeme zu stören, die sich im Lauf von vier Milliarden Jahren entwickelt haben. Wer kann wissen, wo ein vom Weg abgekommenes Molekül in tausend Jahren landet?
Ich betrachtete Kog und Sardak. Geschöpfe ihrer Rasse hatten vor vielen tausend Jahren, so ging das Gerücht, ihre Heimatwelt vernichtet. Nun suchten sie eine neue Heimat. Die Priesterkönige, entrückt, goldhäutig, unaggressiv und tolerant, waren gewissermaßen alles, was die Erde und Gor noch vor den Sardaks und Kogs schützte.
»Diese Haut«, sagte Kog zu Samos, »erzählt eine Geschichte.«
»Ich verstehe«, sagte Samos.
»Es handelt sich um ein Artefakt der roten Wilden«, fuhr Kog fort. »Es stammt von einem der Stämme im Ödland.«
»Ja«, sagte Samos.
Die roten Wilden, wie sie allgemein auf Gor genannt werden, unterscheiden sich rassisch wie auch kulturell von den roten Jägern des Nordens. Im Wuchs sind sie eher schlank und haben längere Gliedmaßen, ihre Töchter bekommen früher die Regel, und die Säuglinge werden ohne den blauen Fleck auf dem Kreuzbein geboren, den die roten Jäger aufweisen. Kulturell gesehen sind sie nomadisch und hängen weitgehend von der pflanzenfressenden Kaiila ab, weitgehend dasselbe Tier, wie es auch in der Tahari gefunden wird, nur ohne die breiten Pfoten, die gut für den weichen Sand geeignet sind, und von den behäbigen, geselligen, jähzornigen Kailiauks, die dreizackige Hörner besitzen. Präzise angemerkt, verfügen einige Stämme nicht über die Kaiila, weil sie das Tier nie zähmen konnten, während einige andere sogar den Tarn gemeistert haben, was sie zu den gefährlichsten Stämmen überhaupt macht.
Obwohl es unter diesen Menschen zahlreiche physische und kulturelle Unterschiede gibt, bezeichnet man sie im allgemeinen kollektiv als rote Wilde. Vermutlich liegt dies daran, daß alles in allem so wenig über sie bekannt ist, und an der Schläue und Rücksichtslosigkeit vieler Stämme. Sie scheinen für die Jagd und den Kampf gegen andere Stämme zu leben, der für sie offenbar so etwas wie ein Sport und eine Religion ist. Interessanterweise stehen die meisten Stämme in ihrem Haß auf die Weißen fest zusammen, ein Haß, der im Notfall sofort alle sonstigen Konflikte und Rivalitäten vergessen läßt. Wenn es darum geht, Weiße anzugreifen, die in ihr Gebiet eingedrungen sind, reiten sogar langjährige Blutfeinde zusammen, um die Kriegslanze auszugraben. Das Zusammenströmen der Stämme vor einem solchen Kampf, Freunde und Feinde, soll ein erhebender Anblick sein. Hierin kommt ein Phänomen zum Ausdruck, das bei diesen Völkern ›Erinnerung‹ genannt wird.
»Die Geschichte beginnt hier«, sagte Kog und deutet auf den Mittelpunkt der Fläche. An diesem Punkt begann eine Serie von Zeichnungen und Piktogrammen, in einer weiten Spirale angeordnet, der man folgen mußte, indem man die Haut
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