GOR-Zyklus 17 - Die Wilden von Gor
wie es auch ein langsam dahinwanderndes Tier tun mochte, das hier und dort auf der Suche nach Wurzeln oder Gras den Schnee aufwühlte. Er hatte keine Sorge, die Spur zu verlieren. Wegen seines Traums blieb er zuversichtlich. Auf Skiern kam er im Schnee schneller voran als der Kailiauk. Über lange Strecken kam er bei solchem Schnee sogar an das Tempo dahinwatender Kaiila heran. Überdies sind die Kailiauk, wie du weißt, bei Nacht selten unterwegs.«
Bei den fraglichen Kailiauk handelte es sich übrigens um die Gattung, die im Ödland anzutreffen war, ein großes gefährliches Tier, das an den Schultern oft zwanzig, fünfundzwanzig Hand groß ist und bis zu viertausend Pfund wiegen kann. Gejagt wird es nur selten zu Fuß, außer bei tiefem Schnee, der es praktisch hilflos macht. Vom Rücken einer Kaiila dagegen, neben dem angstvoll galoppierenden Tier herreitend, kann ein erfahrener Jäger mit einem einzigen Schuß zum Ziel kommen. Er reitet dicht an das Tier heran, knapp einen Meter von seiner Flanke entfernt, sich außerhalb der Reichweite des Dreizacks haltend. Auf diese Entfernung kann der Armbrustbolzen bis zu den Flugfedern einsinken. Das Ziel ist idealerweise die Höhlung des Unterleibs hinter der letzten Rippe oder ein Punkt dicht hinter dem linken Schulterblatt, wo das achtkammrige Herz getroffen wird.
»Zur Mittagsstunde«, berichtete Kog, der langsam das Leder drehte, »sehen wir, daß das Wetter aufgeklart hat. Der Wind ist schwächer geworden, es hat zu schneien aufgehört. Die Sonne ist hinter den Wolken hervorgekommen. Wir können daraus schließen, daß es ein strahlender Tag ist. Wahrscheinlich ist auch bereits die Temperatur gestiegen. Wie wir sehen können, hat der Mann seinen weitärmeligen Jagdmantel geöffnet und seine Pelzmütze abgesetzt.«
»Bevor ich dieses Leder sah«, sagte Samos, »war mir nicht bekannt, daß die Wilden solche Dinge tragen.«
»Das tun sie«, sagte Kog. »Im Ödland ist der Winter streng, und man jagt nicht in dünner Bekleidung.«
»Hier«, sagte Samos, »legt sich der Mann nieder.«
»Nein, er überquert eine Anhöhe«, berichtete Kog, »und zwar sehr vorsichtig.«
Ich nickte. Es ist nicht ratsam, vor dem Himmel eine Silhouette zu bilden. Aus solchem Winkel ist eine Bewegung nicht schwer auszumachen. Ähnlich sinnvoll ist es, sich ein Terrain zunächst gründlich anzusehen, ehe man es betritt. Diese Arbeit, diene sie nun der Stammeswanderung oder einem Kampfvorstoß, wird im allgemeinen von Kundschaftern getan. Ist ein Mann allein unterwegs, muß er natürlich sein eigener Kundschafter sein. So kommt es vor, daß einsame Reisende oder kleine Gruppen offene Flächen ohne Deckung meiden, soweit das möglich ist. Beim Ritt durch offenes Gelände wird übrigens oft mit einem Trick gearbeitet: Man legt ein Kailiauk-Fell um und beugt sich flach über den Hals seiner Kaiila. Aus der Entfernung, besonders wenn man die Kaiila stillstehen läßt, wird man dann vielleicht für ein einziges Tier gehalten, einen einsamen Kailiauk.
Bei den roten Wilden werden Kundschafter manchmal Sleen genannt. Der Sleen ist Gors tüchtigster und hartnäckigster Fährtensucher. Oft werden sie zur Jagd auf Sklaven eingesetzt. Bei den meisten Stämmen trägt der Kundschafter überdies einen Sleenpelz, der nach Art eines Umhangs mit Kapuze Kopf und Rücken bedeckt. Vielleicht steckt dahinter der Glaube, daß dem Kundschafter auf diese Weise etwas von der Wildheit und Schläue des Sleen vermittelt wird. Einige Kundschafter meinen sich in einen Sleen zu verwandeln, wenn sie das Fell tragen. Dies hat mit den geheimnisvollen Beziehungen zu tun, die ihrer Überzeugung nach zwischen der Welt der Realität und der Medizinwelt bestehen, wonach diese beiden Welten zuweilen aufeinander einwirken und eins werden. Und gewiß: Praktisch gesehen, ist das Fell eine ausgezeichnete Tarnung. So kann man einen Kundschafter, der auf allen vieren hockend über eine Anhöhe schaut, ohne weiteres für einen wilden Sleen halten. Diese Tiere kommen im Ödland relativ häufig vor; sie ernähren sich vorwiegend von Tabuks.
»Und nun schaut!« fuhr Kog fort und drehte das Leder. »Dies sah der Jäger an jenem strahlenden Tau-Morgen.«
»Behauptet er«, sagte Samos.
In der Senke unterhalb der Anhöhe lag ein getöteter Kailiauk, ein dunkler Umriß im Schnee. Und was dahinter hockte, war ebenfalls klar: riesig, wachsam, katzenähnlich, einem Larl gleichend.
»Seht ihr?« fragte Kog.
»Der schwarze Gast«, sagte
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