GOR-Zyklus 17 - Die Wilden von Gor
Samos.
»Ja«, sagte Kog. »Jetzt deutlich dargestellt, in seiner eigenen Gestalt.«
Ich brachte kein Wort heraus.
»Bestimmt hat sich der Künstler alles nur ausgedacht«, sagte Samos.
»Außerdem sind hier fünf Kaiilareiter mit Kaiilalanzen zu sehen. Sie bewegen sich zwischen dem Kailiauk und dem schwarzen Gast und dem Mann.«
»Das sind die anderen Jäger, die dem Kailiauk ebenfalls gefolgt waren«, sagte Samos.
»Ja«, äußerte Kog.
»Seht, wie die leichten Kaiilalanzen von den Berittenen gehalten werden!« sagte Kog.
»Der erste«, antwortete Samos, »hat die Spitze in Angriffsposition gebracht.«
»Dann wird er als erster sterben«, sagte ich.
»Natürlich«, gab Kog zurück.
Einer der anderen Kaiilareiter hielt die Lanze in der rechten Hand, den Schaft auf den Oberschenkel gestützt. Somit war er der zweite Mann, gegen den der Mann antreten mußte. Ein dritter Reiter hielt die Lanze quer vor sich in der linken Armbeuge. Er mußte der dritte Angreifer sein. Die anderen beiden Kaiilareiter trugen die Lanzen noch in ihren Schulterschlingen auf dem Rücken. Sie mochten zuletzt an die Reihe kommen.
»Der Mann nimmt seinen Bogen aus dem perlenbesetzten, befransten Behältnis«, fuhr Kog fort. »Er spannt den Bogen.« Eine solche Waffe wird natürlich ohne gespannte Sehne transportiert, bis sie gebraucht wird. Auf diese Weise bewahrt man die Spannkraft des Holzes und die Stärke und Biegsamkeit der Bogensehne. »Aus seinem Köcher«, fuhr Kog fort, »nimmt er sechs Pfeile. Drei hält er mit dem Bogen in der linken Hand, einen setzt er auf die Sehne, zwei hält er im Mund.«
»Der erste Berittene ist zum Angriff bereit«, sagte Samos.
»Unser Jäger fährt auf seinen Skiern den zwischen ihm und seinen Feinden liegenden Hang hinab«, sagte Kog. »Dabei hält er den Bogen schußbereit.«
Reichweite und Durchschlagskraft des kleinen Bogens sind zwar beträchtlich, man kann sie aber kaum mit denen des Bauernbogens oder Langbogens vergleichen. So versucht der rote Wilde bei jeder Gelegenheit die Chance auf einen Treffer zu erhöhen, indem er die Entfernung zwischen sich und dem Ziel vermindert. Dies paßt im übrigen zu seiner Neigung, den Nahkampf zu verherrlichen.
Bei den meisten Stämmen gehört es zu den ehrenvollsten Kampfzielen, einen Gegner nicht etwa zu töten, sondern ihn mit der offenen Hand zu berühren oder zu schlagen. Je gefährlicher die Umstände dabei im großen und ganzen sind, desto größer der Ruhm. Einen Feind zu töten, zählt in der Heraldik der roten Wilden also weit weniger, als ihn auf andere Weise zu besiegen, am besten auf eine Weise, die größere Geschicklichkeit und größeren Mut unter Beweis stellt. So zählt die Berührung eines bewaffneten Gegners mit der offenen Hand bei den meisten Stämmen als erster Coup. Der zweite und dritte Mann, die eine solche Tat schafften, würden den zweiten und dritten Coup zugesprochen erhalten. Einen Feind mit Pfeil und Bogen aus dem Hinterhalt zu erschießen, galt dagegen wohl nur als fünfter oder sechster Coup.
Es muß hier nicht betont werden, wie wichtig den roten Wilden das Zählen solcher Coups ist, die darüber entscheiden, welche Federn und sonstiger Schmuck ein Krieger tragen darf. Bei vielen Stämmen gibt es darüber hinaus auch praktische Aspekte. Zum Beispiel besteht bei einem Mann, der nicht ständig Coups gesammelt hat, kaum die Chance, innerhalb eines Stammes aufzusteigen oder Anführer oder gar Häuptling zu werden. In vielen Stämmen ist ein Mann, der keine Coups erzielt hat, nicht berechtigt, eine Frau zu nehmen. Bei anderen Stämmen ist dies wohl bei Männern über fünfundzwanzig zulässig, doch darf er seiner Gefährtin das Gesicht nicht anmalen. Damit wird den anderen Frauen ihre Schande klargemacht.
Die Einrichtung des Coupzählens hat mehrere offenkundige Auswirkungen auf die soziale Struktur und Ordnung der roten Wilden. Insbesondere beeinflußt sie, insgesamt gesehen, die gesellschaftlichen Hierarchien zur Aggressivität und kriegerischen Auseinandersetzung. Eigenschaften, die in einer beinahe natürlich zu nennenden Harmonie und Balance gewisse delikate Beziehungen zwischen Nahrungsmengen, Territorien und Bevölkerungszahlen schützen und erhalten. So gesehen, können die Stammeskrieger als ein Beispiel arteigener Aggression gelten, mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen der Dezentralisierung und Auslese verschiedener Bevölkerungsgruppen. Wenn man diese Dinge irgendwie interessant findet, lassen sich
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