GOR-Zyklus 17 - Die Wilden von Gor
das Coupzählen und die Stammesfehden im übrigen als Mittel sehen, Farbe, Spannung und Schwung in das Leben der roten Wilden zu bringen. Sie leben in einer Welt, in der Gefahren nicht unbekannt sind. Gewiß könnten sie anders leben, doch sie haben diese Entscheidung nicht getroffen. Sie leben mit den Sternen und den Weiden und den Kaiila und dem Kailiauk. Sie haben sich nicht dazu überwunden, die rundbäuchigen biertrinkenden Götter der seßhafteren Völker für sich zu übernehmen. Man sollte hier auch nicht vergessen, daß das Coupzählen, statistisch gesehen, dazu führt, daß nur die kräftigeren und gesünderen, die wacheren, intelligenteren Krieger Nachkommen haben. Dies steht in deutlichem Gegensatz zu gewissen Völkern, bei denen die gesündesten, besten Männer in den Krieg geschickt werden, während die geringwertigen und schwächeren sicher zu Hause bleiben, Geld verdienen und sich vermehren.
Bei den meisten Stämmen wird ein Mann, der sich weigert, auf den Kriegspfad zu gehen, in Frauenkleider gesteckt und künftig nur noch als Frau angesehen und beschäftigt.
Interessanterweise stehen die Weißen außerhalb der Coupstruktur. Anscheinend werden sie insgesamt nicht als würdige Gegner angesehen, als Gegner, der einen Coup bringt. Nicht daß die roten Wilden etwas dagegen hätten, Weiße zu töten. Nur erfüllt es sie im allgemeinen nicht mit Stolz. Ein Mann aus den großen Städten würde auch nicht damit rechnen, geehrt zu werden, nur weil er einen Tarsk oder eine Urt getötet hat. So wird sich der rote Wilde selten Mühe geben, einen Weißen zu töten; er sieht darin meistens keinen großen Nutzen. Er kann sich diese Tat nicht als Coup anrechnen.
»Der Mann befindet sich keine fünfzig Fuß mehr von den berittenen Jägern entfernt«, fuhr Kog fort. »Im weichen Schnee ist er lautlos den Hang herabgeglitten.«
»Gewiß hat ihn der schwarze Gast gesehen, wie wir ihn nennen, das Wesen, das hinter dem Kailiauk hockt.«
»Natürlich«, sagte Kog, »aber er hat mit keinem Zeichen erkennen lassen, daß er etwas bemerkt hat.«
»Mit keinem Zeichen«, sagte ich, »das von den Reitern registriert worden wäre.«
»Ja«, sagte Kog und entblößte kurz die Zähne. Solche Anzeichen gibt es immer. Es ist nur die Frage, ob sie auffallen. Manchmal sind es Winzigkeiten wie das Zusammenziehen einer Pupille.
»Der Bogen ist zurückgezogen«, sagte Kog.
Der kleine Bogen bietet viele Vorteile. Zuerst wäre da die Schnelligkeit zu nennen, mit der Pfeile abgeschossen werden können. In der goreanischen Schwerkraft kann ein geschickter Krieger zehn Pfeile in die Luft schießen, ehe der erste den Boden berührt. Keine andere goreanische Waffe vermag diese Geschwindigkeit zu erreichen. Auf kurze Entfernung kann seine Wirkung vernichtend sein. Zwei weitere Vorteile sollten erwähnt werden: Man kann den kleinen Bogen leicht hin und her bewegen und mühelos verstecken, zum Beispiel unter einem Mantel. Ohne weiteres läßt sich die Waffe von einer Seite der Kaiila auf die andere nehmen. Bei dieser Kampfart ist es übrigens nicht unüblich, daß der Krieger hinter dem Körper seiner dahingaloppierenden Kaiila Deckung sucht, um sich, nachdem er den Feind umkreist hat, plötzlich aufzurichten und über den Rücken des Tieres zu schießen – und manchmal auch unter seinem Hals hindurch. Ein Bein über dem Rücken des Tiers, eine Faust in der Mähne, oder ein durch eine lederne Halsschlaufe geschobener Arm liefern den Halt für solche Taten.
Überhaupt sind die Wilden vorzügliche Reiter. Oft schon ehe es laufen kann, wird ein Kind des Stammes auf den Rücken einer Kaiila gehoben, wobei es sich mit den winzigen Händen in der seidigen Mähne festhält. Manchmal baumelt an der Halsschlaufe ein mehrere Fuß langer Gurt. Er dient zum Zupacken für Krieger, die zu Boden gerissen wurden, um ihr Tier wieder einzufangen oder sich vom Schwung des Galopps mitzerren und nach Möglichkeit wieder auf den Rücken schwingen zu lassen. Dieser Gurt wird übrigens öfter bei der Jagd als im Kampf eingesetzt. Zu leicht ließe er sich von einem zu Fuß kämpfenden Gegner ergreifen, mit der Folge, daß sich die Kaiila nicht mehr frei bewegen könnte oder vielleicht sogar umgerissen würde. Überflüssig anzumerken, daß es äußerst gefährlich ist, bei der Kailiaukjagd vom Kaiilarücken zu fallen, weil eine solche Jagd meistens gegen eine in Panik dahindonnernde Herde geht oder auch gejagte einzelne Tiere plötzlich kampflustig kehrtmachen
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