GOR-Zyklus 17 - Die Wilden von Gor
gegeben. Darin sah ich den Einfluß und die große Macht der Lady Mira aus Venna. Als freie Frau waren ihr Sklavinnen zweifellos verhaßt, jene lasziven, schamlosen Mädchen, die in den Männern unbezwingbare Begierden weckten. Auch schmeichelte es gewiß ihrer Eitelkeit, die einzige Frau unter so vielen Männern zu sein. Ich hatte ihr kaum verhülltes Gesicht gesehen und fragte mich unwillkürlich, wie sie in Tanzseide aussehen würde, geschmückt von einem Stahlkragen, vor mir kniend. Vermutlich würde sie nicht mehr ganz so stolz aussehen. Die Kurii, das mußte ich anerkennen, erwählten sich beinahe ausnahmslose sehr schöne Agentinnen; sicher nicht ohne Hintergedanken.
Ich warf einen weiteren Stein die Straße entlang, hinter der Kolonne her.
Vermutlich hätte ich nicht so offen zu erkennen geben dürfen, wie geschickt ich mit dem Schwert umgehen konnte. Ich war auch fest entschlossen gewesen, mich ungeschickt anzustellen. Doch sobald sich die beiden Klingen berührten, hatte ich mir dennoch größte Mühe gegeben, aus einem Reflex heraus. Der Stahl schien plötzlich für sich selbst zu denken, wie es bei solchen Gelegenheiten oft geschieht. Allerdings bedauerte ich nicht, was ich getan hatte. Ich lachte leise. Sollten sie ruhig das Können eines Mannes sehen, der in den Kriegskünsten Ko-ro-bas unterwiesen worden war. Ich lachte. Was die Agenten der Kurii wohl denken würden, wenn sie wüßten, daß Tarl Cabot unter ihnen gewesen war? Sie hatten keinen Anlaß zu der Vermutung, daß er sich in der Nähe des Ödlandes aufhielt. Sie wußten nur, daß man wegen eines Mannes gehalten hatte, der nicht ungeschickt war mit der Waffe.
Wieder dachte ich an Lady Mira aus Venna. Ja, überlegte ich. Sie würde sich gut machen als nackte Sklavin zu Füßen eines Mannes.
6
Auf das hüfthohe Geländer gestützt, blickte ich in die breite, runde Senke, in der neunzehn angekettete Mädchen zur Schau gestellt waren.
»Barbaren«, sagte der Mann neben mir.
»Das sieht man«, äußerte ich.
»Nebenan gibt's noch zwei Gruben«, sagte der andere. »Hast du sie dir angeschaut?«
Eine Nacht hatte ich auf der Straße verbracht und war gestern hungrig und verdreckt nach der zehnten Ahn, der goreanischen Mittagsstunde, in Kailiauk eingetroffen. Als ich mich den Ausläufern der Stadt näherte, hatte ich den Ton der Zeitglocke vernommen, die auf dem Dach des Ladens angeschlagen wurde, der dem Administrator gehört. In Kailiauk wie auch in anderen Städten der Grenzzone stammt der Administrator aus der Kaufmannskaste. Der Handel in dieser Stadt konzentrierte sich vorwiegend auf Felle und Kaiila. Die Ortschaft Kailiauk hatte darüber hinaus auch eine Funktion als gesellschaftliches und geschäftliches Zentrum für viele einsam liegende Höfe. Obwohl ein lebhaftes Treiben in den Straßen herrscht, ist die Bevölkerung nicht sehr seßhaft. Ich schätzte, daß es nicht mehr als vier- oder fünfhundert ständige Einwohner gab. Wie zu erwarten war, gab es mehrere Schänken und Tavernen, die an der Hauptstraße lagen.
Das auffälligste Merkmal Kailiauks waren wohl die Fellschuppen. Unter den Dächern dieser offenen Bauwerke liegen auf Plattformen Tausende von Fellen, die zu Bündeln gebunden sind. An anderen Stellen erheben sich große Haufen Knochen und Hornreste, oft dreißig oder mehr Fuß hoch. Diese Ablagerungen sind das Ergebnis der Ausdünnung von Kailiaukherden durch rote Wilde. Zum täglichen Bild der Stadt gehört das Kommen und Gehen von Fellwagen und Fahrzeugen für den Transport von Horn und Knochen. Im Ödland gibt es unzählige Kailiauk, denn sie finden hier geradezu ideale Lebensbedingungen, ohne natürliche Feinde. Die meisten Kailiauk haben gewiß nie einen Menschen oder Sleen zu Gesicht bekommen.
Zahlreiche Herden ziehen durch das Ödland. Die vier oder fünf bekanntesten Herden (zum Beispiel die Boswell-Herde, benannt nach dem Mann, dessen Name sich auch im Boswell-Paß wiederfindet, und die Bento-Herde und die Hogarthe-Herde, benannt nach den ersten weißen Männern, die sie erblickten), diese Herden umfassen zwischen zwei und drei Millionen Tiere. Die Bodenerschütterungen, die eine solche Tiermasse hervorruft, sind über Entfernungen von fünfzig Pasangs zu spüren. Eine Herde braucht zwei bis drei Tage, um einen Fluß zu überqueren. Gelegentlich kommt es vor, daß verfeindete Stämme an verschiedenen Punkten über eine Herde herfallen und erst hinterher zu ihrer Bekümmerung und Belustigung merken, wie
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