GOR-Zyklus 19 - Kajira von Gor
haben oder in Begleitung einer freien Person sind«, antwortete er.
»Wenn ich mich nun als Sklavin kleidete?«
»Undenkbar!« rief er sofort.
Es freute mich, daß dieser Gedanke ihn offenbar empfindlich berührte. Unwillkürlich überlegte ich, ob er sich insgeheim gefragt hatte, wie ich wohl als Sklavin aussähe.
»Außerdem würde man dich sofort erkennen. Zumindest würde deine Ähnlichkeit mit der Tatrix auffallen.«
»Natürlich hast du wieder recht«, sagte ich.
Er schwieg.
»Drusus«, sagte ich, »ich würde gern einmal das Haus eines Sklavenhändlers von innen sehen. Ich möchte die ›Gehege‹ sehen.«
»So etwas würde die Empfindungen einer freien Frau verletzen«, sagte er.
»Trotzdem möchte ich es sehen«, sagte ich. »Ich erwarte, daß du eine entsprechende Tour arrangierst.«
»Interessiert sich die Lady Sheila für ein bestimmtes Gehege?«
»Du hast die freie Wahl«, sagte ich von oben herab.
»Sehr wohl. Ich will sehen, daß ich morgen etwas einrichten kann. Aber warum möchtest du einen solchen Ort sehen? Warum interessiert dich so etwas?«
»Ich bin einfach neugierig«, sagte ich. Im gleichen Moment hörte ich wieder das leise Klirren unter seinem Umhang.
»Warum hast du so lange damit gewartet, mich hier auf die Mauer zu führen?« fragte ich. Zu plötzlich, so schien mir nach der ursprünglichen Ablehnung, hatte er mich dann doch auf die Mauer gebracht. Es war beinahe, als hätte er sich zu einer bestimmten Handlungsweise entschlossen. Er war mir ungewöhnlich nervös vorgekommen. Was gab es hier oben, das ihn nervös machte – abgesehen von den Tarns, denen wir uns ja nicht zu nähern brauchten?
»Du kommst mir heute irgendwie seltsam vor, Drusus Rencius«, sagte ich. »Du bist wortkarger als sonst. Nach langem Zögern bringst du mich hier auf die Mauer, in die unmittelbare Nähe der Tarns. Sie machen mich nervös.«
»Ich bin ein schlechter Wächter, Lady Sheila«, antwortete er. »Heute bin ich zugleich ein schlechter Gesellschafter. Verzeih mir! Und was noch schlimmer ist: Ich fürchte, ich bin auch ein schlechter Soldat.«
»Warum sagst du das?« fragte ich.
»Ich hatte mich lange mit dem Gedanken getragen, dich an diese Stelle zu bringen, Lady Sheila, noch ehe du selbst diesen Wunsch äußertest. Immer wieder schlug ich mir den Gedanken aus dem Kopf. Dann aber kam dein Vorschlag, und ich hielt es dann für das beste, dich hierher zu begleiten.«
»Ich verstehe nicht, was du mir damit sagen willst«, meinte ich.
»Dies ist ein Ort, an dem ich mit der Tatrix von Corcyrus allein wäre, in unmittelbarer Nähe gesattelter Tarns. Was ich zu tun hätte, schien klar auf der Hand zu liegen. Es wäre leicht durchzuführen. Auch jetzt noch könnte ich es mühelos in die Tat umsetzen, und vielleicht sollte ich es tun. Aber ich werde es nicht tun. Ich widersetze mich keinem Befehl. Vielmehr lasse ich das Spiel seinen Lauf nehmen.«
»Du sprichst in Rätseln«, sagte ich tadelnd.
»Wir wollen von der Mauer steigen und in den Palast zurückkehren«, sagte er.
»Was klirrt da unter deinem Umhang?«
»Nichts.«
»Zeig es mir!«
Widerstrebend öffnete er den Stoff seines Capes. An seinem Gürtel hing eine lange, dünne Kette mit einem schmalen metallenen Halsring.
»Was ist denn das?« fragte ich.
»Eine Sirikfessel«, antwortete er. »Aber jetzt sollten wir die Mauer verlassen und in den Palast zurückkehren.«
»Wie du willst«, antwortete ich.
7
In ein beschämend kurzes und dünnes Gewand gekleidet, stolperte ich hinter Drusus Rencius her. Wir hatten die Anlagen des Sklavenhändlers Kliomenes besichtigt. Immer näher kamen wir der Taverne des Lysius, in der ich mich wieder umziehen konnte. Der Gedanke ließ mir einen Schauder über den Rücken laufen, aber auch Angst durchzuckte mich. Ich würde dort allein sein mit Drusus Rencius, einem goreanischen Mann. Was würde ich tun, wie sollte ich mich verhalten?
Ich stöhnte vor mich hin.
Gefühle tobten in mir, zornige Auflehnung, die von meiner irdischen Erziehung herrührte, im Kampf gegen ein beinahe überwältigendes Gefühl der Hilflosigkeit, Verwundbarkeit und Weiblichkeit.
Ich wußte nicht, was ich tun sollte, wie ich mich verhalten sollte.
»Ich bin frei«, sagte ich leise vor mich hin. »Ich bin frei.«
Dennoch war ich halbnackt, eine Verkleidung, die ich hatte eingehen müssen, um überhaupt Zugang zum Haus des Sklavenhändlers zu erlangen.
Inzwischen wünschte ich, das Haus des Kliomenes und seine
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