GOR-Zyklus 19 - Kajira von Gor
Tharlarion, eine vierbeinige Zugechse, wie sie überall auf Gor anzutreffen ist, zog den kantigen flachen Wagen. Eine Plane verdeckte die Ladefläche.
»Ein Sklavenwagen. Er gehört einem Sklavenhändler«, antwortete Drusus Rencius.
»Oh!« sagte ich und tat überrascht. Natürlich hatte ich gewußt, daß es sich um einen Sklavenwagen handelte; die blau-gelbe Kennzeichnung war deutlich zu sehen, die Farben der Sklavenhändler.
Ich richtete mich hinter der Mauerbrüstung auf und atmete tief durch. Wie froh ich doch war, frei zu sein! Wie schrecklich wäre es gewesen, Sklavin zu sein!
»Du scheinst heute nervös zu sein, Drusus«, sagte ich.
»Verzeih mir, Lady Sheila!« antwortete er.
»Stimmt etwas nicht?«
»Nein.«
»Was scheppert da unter deinem Mantel?« fragte ich. »Es klingt nach Metall.«
»Nichts«, entgegnete er.
Einer der Tarns bewegte sich unruhig auf seiner Stange. Ich wußte noch immer nicht, warum mich Drusus ausgerechnet an diese Stelle geführt hatte; die Nähe der Tarns stimmte mich unbehaglich.
»Du hältst nicht viel von mir, nicht wahr, Drusus?« fragte ich.
»Ich verstehe nicht, was du meinst«, sagte er erstaunt.
»Du hältst mich für hübsch und dumm, nicht wahr?«
»Ich werde dafür bezahlt, die Lady Sheila zu bewachen«, erwiderte er, »nicht um mir eine Meinung über ihren Charakter zu bilden.«
»Magst du mich?«
»Zuerst unterstellst du, ich hielte wenig von dir, dann fragst du, ob ich dich mag?«
»Unmöglich wäre es nicht.«
Er lächelte.
»Na, magst du mich?«
»Wäre das wichtig?«
»Nein, natürlich nicht«, sagte ich zornig.
»Dann ist eine Antwort ja auch sinnlos.«
»Du verachtest und haßt mich!« rief ich.
»Das könnte mir einerseits leichtfallen, andererseits auch wieder nicht, wenn ich nämlich bedenke, was ich über die Tatrix von Corcyrus und ihre Herrschaft in der Stadt gehört habe. Doch nachdem ich dich nun persönlich kenne, kann ich wirklich nicht behaupten, daß ich dich hasse.«
»Wie schmeichelhaft!« rief ich.
»Dein öffentliches Ich und dein privates Ich scheinen sehr voneinander abzuweichen.«
»Mag sein«, sagte ich gereizt.
»So ist das zweifellos bei vielen Menschen.«
»Zweifellos.«
Drusus Rencius schaute links und rechts auf der Mauerkrone entlang. Wir waren praktisch allein hier oben. Die nächsten Leute, ein Pärchen, standen gut hundert Meter entfernt links von uns. Wieder blickte Drusus Rencius auf die Tarns, ehe sein Blick zu mir wanderte. Zornig wandte er sich schließlich ab. Er hatte die Fäuste geballt.
Tränen standen mir in den Augen. Ich wollte Drusus Rencius gefallen. Er sollte mich unbedingt mögen. Doch was ich auch sagte oder tat – alles schien falsch zu sein. Im nächsten Moment stieg Zorn über mich selbst in mir auf. Ich war doch keine Sklavin zu seinen Füßen, halb nackt in seinem Kragen, voller Angst vor seiner Peitsche! Ich war Tatrix und er ein einfacher Wächter. Erschaudernd fragte ich mich, wie es wohl wäre, von einem solchen Mann versklavt zu werden.
»Das Czehar-Konzert war schön«, sagte ich leichthin.
»Gut«, erwiderte er.
Die Czehar ist ein langes, flaches, rechteckiges Instrument, das man beim Spielen auf den Knien hält. Es verfügt über acht Saiten, die mit einem Stück Horn gezupft werden. Vorgestern abend hatte Lysander aus Asperiche ein Konzert gegeben.
»Was hat der Eintritt gekostet?« fragte ich.
»Einen Silber-Tarsk für uns beide«, antwortete er.
»Wenn ich mich richtig erinnere, ist das mehr, als ich deiner Meinung nach als Sklavin wert wäre«, sagte ich entrüstet.
»Wenn sich Lady Sheila an unser Gespräch erinnert, so sagte ich damals, daß sie in den intimen Künsten der Sklavin nicht ausgebildet ist, was sich natürlich auf den Preis auswirkt.«
»Künste?« fragte ich.
»Ja, die komplexen, subtilen und sinnlichen Künste, einem Mann voll und ganz zu gefallen.«
»Ich verstehe«, sagte ich.
»Da ist es nur natürlich, daß manche Frauen einen höheren Preis bringen als andere.«
»Ich fand jedenfalls, daß Lysander gut gespielt hat«, sagte ich.
»Er gilt auch als einer der besten Czehar-Spieler auf ganz Gor.«
»Oh«, sagte ich. Wieder schien ich bei Drusus Rencius ins Fettnäpfchen getreten zu sein. Bei ihm wollte mir auch gar nichts gelingen!
Wieder schaute ich in die Weite.
»Geht es Lady Sheila gut?« fragte Drusus Rencius.
»Ja«, sagte ich.
Die letzten Tage waren sehr angefüllt gewesen. Ich hatte nicht nur die Märkte und Bazare und Theater
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