GOR-Zyklus 21 - Die Söldner von Gor
Boabissia.
Ich nickte und aß auf.
»Wir wollen weiter!« rief der Kutscher den Männern zu, die ausgestiegen waren.
Ich richtete den Blick auf die Stadt. Von hier aus sah sie wunderschön aus. Doch ich wußte, daß irgendwo dort der Verrat lauerte, vielleicht in den dichtbevölkerten Vierteln, aus denen der Mob wie eine Flutwelle hervorbrechen konnte, oder in den abgeschirmten Höfen und Gärten, wo die edlen Ladies den neusten Klatsch austauschten, während sie Nektar tranken und mit auserlesenen Köstlichkeiten spielten, die ihnen von Seidensklaven serviert wurden. Vielleicht lauerte er auch in den Häusern oder Türmen, oder auf den Straßen oder in den großen Bädern. Irgendwo hinter den Mauern warteten die Verräter auf die Stunde zum Zuschlagen, wie Schlangen, die zusammengerollt in der Finsternis der Korruption und geheimen Zusammenkünfte lauerten.
»Ein schöner Anblick«, sagte ein Passagier, der die Kutsche bestieg und sich kurz neben mich stellte.
»Ja, das ist es«, erwiderte ich.
Von unserem Standort aus sahen wir weder Schmutz noch Verbrechen, Armut oder Hunger. Wir entdeckten weder Schmerz, Elend oder Habgier. Doch trotz aller dieser Dinge, die die Stadt ihren Einwohnern zufügt, ist sie beeindruckend. Wie kostbar muß sie sein, daß so viele Menschen bereit sind, ihren Preis zu bezahlen. Ich fragte mich, warum das so war, ich, ein Reisender und Soldat, der sich mehr auf den aufgewühlten Wellen des Meeres und den sturmumtosten Feldern zu Hause fühlte als auf den Straßen und Plätzen. Vielleicht lag es daran, daß die Stadt voller Leben ist. In ihrer Nähe zu sein, von ihrem Leben berührt zu werden, ihre Zylinder als die ihren zu bezeichnen, ist für viele bereits Lohn genug.
Der letzte Passagier stieg ein.
Ich wandte den Blick nicht von der Stadt. Ja, dachte ich, es ist alles da, die Kultur, die verschlungene Poesie der Bauwerke, die unglaublichen Orte, wo einfache Ziegel, den Kopf hoch über den Wolken, zu sprechen und zu singen gelernt haben, was die Vorbeigehenden jedoch kaum verstehen. Hier findet man alles, Schmutz und Verbrechen, Eisen und Silber, Gold und Stahl, Parfüm und Seide. Hier findet man Liebe und Lust, Herrschaft und Unterwerfung, die Besitzenden und jene, die hilfloses Eigentum sind; hier findet man Ränkespiel und Habgier, Ehre und Anstand, gebrochene Versprechen und Verrat; die Starken und die Schwachen. Hier findet man die Festungen des Menschen, mögen sie auch schmutzig, übervölkert und zerbrechlich sein. Sie sind Schlösser und Kerker, Arenen und Plätze zugleich; sie sind die Städte, sie sind die Zitadellen der Zivilisation.
Der Kutscher zog an den Zügeln und trieb seinen Tharlarion an.
Ich kehrte zu meinem Sitzplatz zurück.
»Kennst du Ar?« fragte der Mann, der neben mir saß.
»Ja.«
»Dann ist dieser Anblick für dich nicht neu.«
Ich schüttelte den Kopf.
»Du mußt mir verzeihen, aber ich fand ihn erstaunlich.«
»Das geschieht oft beim ersten Mal«, sagte ich.
Die Kutsche fuhr den Hügel hinunter. Die eisenbeschlagenen schmalen Reifen knirschten auf der Pflasterstraße. Ich beobachtete, wie die Mauern Ars immer näher kamen.
20
»Du kommst aus Torcodino?« fragte der Mann.
»Ja.«
»Von deiner Sorte sind Tausende in der Stadt«, sagte er. »Aus Torcodino und anderen Städten.«
Das stimmte. Ich hatte Ar noch nie so voller Menschen gesehen.
»Wir brauchen hier nicht noch mehr von euch Flüchtlingen!« keifte eine der Sulsverkäuferinnen auf dem Teibarmarkt.
»Wir suchen Unterkunft«, sagte ich.
»Das ist schwierig«, sagte der Mann. »Was soll ich dir sagen?« Er warf Feiqa einen Blick zu, die sofort den Kopf senkte. Sie kniete hinter mir, das Gepäck noch immer auf dem Rücken. Als wir den freien Mann angesprochen hatten, war sie sofort auf die Knie gegangen, wie es sich gehörte.
»Ihr könntet es bei den Insula im Süden versuchen, unterhalb des Tarnplazas.«
Insula waren mehrstöckige Mietskasernen.
»Im Anbar-Distrikt?« fragte ich skeptisch.
»Oder bei den Insula im Metellan-Viertel.«
»Und was liegt östlich der Straße des Zentralzylinders?«
»Da wäre noch der Trevelyan-Distrikt.«
»Das hört sich nett an«, sagte Boabissia.
»Da müßten wir hoffen, die Nacht lebendig zu überstehen«, sagte ich.
»Du kennst die Stadt?« fragte der Mann.
»Ich bin schon mal hiergewesen.«
»Ihr seid doch beide kräftige Burschen«, meinte er. »Ich bezweifle, daß euch jemand belästigen würde.«
»Sollte man uns
Weitere Kostenlose Bücher