GOR-Zyklus 21 - Die Söldner von Gor
gestohlen hast?«
»Ich versichere dir, das habe ich nicht«, protestierte Boabissia. »Sie gehört mir. Ich trug sie schon als kleines Kind. Ich habe sie mein ganzes Leben lang getragen.«
Er sah sich die Scheibe an.
»Befindet sich an deinem Haus nicht der gleiche Buchstabe?«
»Er ist ähnlich«, räumte er ein.
»Aber nicht gleich«, sagte ich.
Boabissia warf mir einen wütenden Blick zu.
Tenalion sah mich an und lächelte. »Der Buchstabe hat vor vielen Jahren tatsächlich so ausgesehen. Bevor man die Ausführung leicht veränderte.«
»Aber das ist doch richtig!« rief Boabissia aus. »Ich habe es schließlich vor Jahren bekommen.«
»Genau!« Er lächelte.
»Das konnte ich nicht wissen«, fuhr sie aufgeregt fort. »Hätte ich es gefälscht, dann in der modernen Fassung, da ich den Unterschied nicht kannte, und du hättest sofort entdeckt, daß es eine Fälschung ist.«
»Das ist wahr.«
»Seht ihr!« rief uns Boabissia triumphierend zu.
Ich nickte.
»Er ist eifersüchtig«, sagte Boabissia zu dem Hausherrn. »Er läuft bald grün an vor Neid. Er will, daß man mir mein Erbe vorenthält, meine rechtmäßige Stellung!«
»Dein Erbe?« fragte Tenalion. »Deine rechtmäßige Stellung?«
»Ja. Das, was mir zusteht. Ich bin entschlossen, es auch zu bekommen.«
»Ich verstehe«, sagte Tenalion. »Ich werde die Unterlagen einsehen. Keine Angst, wenn alles übereinstimmt, wovon ich zweifellos ausgehe, sollst du dein – wie hast du es ausgedrückt? – dein Erbe und deine rechtmäßige Stellung erhalten.«
»Ich will nicht mehr, als mir zusteht«, erklärte Boabissia.
»Ich werde die Unterlagen einsehen«, sagte er. »Und wenn es in meiner Macht liegt, sorge ich dafür, daß du genau das bekommst, was du verdienst, nicht mehr und nicht weniger.«
»Danke«, sagte sie und warf mir einen wütenden Blick zu.
»Und was genau soll dir deiner Meinung nach zustehen?« fragte er.
»Erkennst du mich denn nicht?«
»Ich verstehe nicht.«
»Ich könnte deine seit langem verschollene Tochter sein!«
»Meines Wissens nach habe ich keine Töchter«, erklärte Tenalion, »weder verschollene noch andere. Aber ich habe Söhne.«
»Sieh mich an!« verlangte Boabissia.
»Ja, und?«
»Gibt es da keine Familienähnlichkeit?« fragte sie. Ich erkannte nichts dergleichen. Zugegeben, manchmal unterscheiden sich Blutsverwandte beträchtlich voneinander.
»Wovon sprichst du?«
»Vielleicht bist du mein Onkel, wenn du schon nicht mein Vater bist.«
»Ach so, das meinst du.«
»Könnte ich nicht deine Nichte sein?«
»Ein reizvoller Gedanke.«
»Sieh mich an. Sieh mich genau an. Was glaubst du?«
»Du bist wohlgestaltet.«
»Wohlgestaltet?«
»Ich glaube, jetzt begreife ich, warum du hergekommen bist.«
»Ich suche nach meiner Herkunft.«
»Und vielleicht ein kleines bißchen mehr?« spekulierte er.
»Schon möglich«, erwiderte sie. »Es war eine große Karawane. Zweifellos läßt meine Anwesenheit als Säugling darauf schließen, daß meine Familie großen Einfluß besaß. Vielleicht war sie sogar Eigentümerin der Karawane. Du bist offensichtlich reich. Das ist ein schönes Haus, geräumig, mit einem großartigen Garten. Der Buchstabe auf der Kupferscheibe scheint für dich eine Bedeutung zu haben. Das hast du jedenfalls zugegeben.«
Tenalion nickte.
»Im Einklang mit deiner Ehre – da ich dich für einen Ehrenmann halte – würdest du mir mein Erbe doch bestimmt nicht verweigern.« Das war eine ziemlich häßliche Bemerkung. Es ist selten klug, die Ehre eines Goreaners anzuzweifeln oder zu versuchen, ihn diesbezüglich beeinflussen zu wollen.
»Nein«, erwiderte er noch immer freundlich, offensichtlich ohne sich beleidigt zu fühlen. »Ich wäre der letzte, der dir dein Erbe vorenthielte.«
»Gut«, sagte sie ziemlich hochmütig und warf den Kopf in den Nacken. Mit ihrer Art konnte Boabissia einem manchmal ziemlich auf die Nerven gehen.
»Ich glaube, man könnte mich als reichen Mann bezeichnen«, meinte Tenalion. »Und es ist auch sicher richtig, wenn man sagt, daß ich in dieser Stadt eine gewisse Stellung bekleide und eine gewisse Macht innehabe.«
»Den Eindruck habe ich durchaus«, sagte Boabissia.
»Glaubst du tatsächlich, daß wir irgendwie verwandt sind?«
»Ja«, erwiderte Boabissia. »Das beweist der Anhänger. Ich bitte dich, deine Unterlagen zu befragen.«
»Solltest du tatsächlich ein Mitglied meines Geschlechts oder einer engen Nebenlinie sein, würdest du zweifellos über
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