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Gorian 2

Gorian 2

Titel: Gorian 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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aderförmigen Verzweigungen hatten inzwischen auch diese erreicht, rankten daran empor wie Efeu, und überall krabbelte lichtscheues Getier aus Spalten und kleinen Höhlen, Sechsfußratten und gut handgroße Asseln. Quiekend und pfeifend und völlig außer sich wuselten sie durcheinander, stießen einander an, verbissen sich in kurzen, heftigen Kämpfen ineinander und
huschten dann davon, wobei die meisten der Sechsfußratten senkrecht die Wände emporschnellten, was für ihre Art keinerlei Schwierigkeit darstellte.
    Auch die handgroßen Asseln versuchten, dem Geflecht aus pulsierendem Rot zu entgehen, das sie offensichtlich aus ihren schmalen Höhlengängen vertrieben hatte, denn hier und dort schimmerte es rötlich aus den Löchern in den Felswänden hervor, während das Brummen der tiefen Töne aus dem Erdinneren immer durchdringender wurde.
    Gleichzeitig empfand Gorian eine Art geistigen Druck, und unwillkürlich berührte er mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand seine Schläfe. Torbas schien es ähnlich zu ergehen.
    »Das sind die Feuerdämonen!«, rief Gorian.
    »Du denkst, die alten Geschichten dieses Landes sind wahr?«
    »Es scheint so!«
    »Dann haben sich die Fledermenschen ihretwegen aus dem Staub gemacht und nicht etwa, weil sie den Angriff von Morygors Horden vorausahnten und sich davor in Sicherheit bringen wollten.«
    »Beides hat irgendwie miteinander zu tun!«, war Gorian überzeugt.
    »Wie kommst du darauf?«
    »Ich kann es nicht sagen. Ich spüre es nur einfach.«
    »Ich weiß ja, dass du auch die Ausbildung im Haus der Seher begonnen hast«, entgegnete Torbas, »dennoch erstaunt es mich, dass du in der kurzen Zeit schon so viel gelernt haben willst.« Selbst in dieser mehr als bedrohlichen Situation schwang deutlicher Spott in Torbas’ Worten mit. »Aber bei so einem Wunderkind wie dir kann man natürlich nie wissen.«

    Die gesamte sich wie ein Schlauch durch den Fels ziehende Schlucht wurde vom Schimmern des pulsierenden roten Glutgeflechts erhellt. Das tiefe Brummen, das alles erzittern ließ, wandelte sich in ein Stampfen, dessen Rhythmus an einen Herzschlag erinnerte.
    Ganz schwach erreichte Gorian ein Gedanke von Ar-Don.
    »Hilf …«
    Und dann sah Gorian den Gargoyle. Er hing in Augenhöhe an der Felswand, gehalten von einer Seilschlange, eines jener wilden Exemplare, von denen Fentos Roon erzählt hatte.
    Sie hielt sich mit ihren Enden am Fels fest und berührte dabei zwei Knotenpunkte des rot schimmernden Adergeflechts, das den Stein durchzog. Der Gargoyle war derart eingeschnürt, dass er sich nicht bewegen konnte. Unter ihm auf dem Boden hatte sich grauer Staub aufgehäuft, Körpersubstanz, die Ar-Don bei seinen erfolglosen Befreiungsversuchen verloren hatte.
    »Hilf mir …«
    »Ich bin da, Ar-Don. Was soll ich tun?«, fragte Gorian mit einem Gedanken jene Kreatur, die einst versucht hatte, ihn zu töten, bevor sie ihm schließlich das Leben gerettet hatte. Die Kreatur, mit der er auf eine eigenartige, paradoxe und offenbar sehr schicksalhafte Weise verbunden war, und das so sehr, dass er nicht gezögert hatte, sie an diesem Höllengrund zu suchen. »Ar-Don, was soll ich tun?«, wiederholte er seine Frage laut.
    Ar-Don hob den Kopf leicht an. Seine Augen glühten in dem gleichen Rot wie das Adergeflecht, das den Fels durchzog.
    Wieso veränderte der Gargoyle nicht einfach seine Form, um dem erdrückenden Griff der Seilschlange zu entkommen?
Gorian zog Rächer aus der Gürtelscheide. Magie, dachte er. Die Antwort auf die Frage konnte nur ein magischer Bann oder etwas Vergleichbares sein.
    Ein Schwall sehr schwacher und völlig ungeordneter Gedanken erreichte ihn wieder. Er konnte nicht darauf hoffen, dass ihm Ar-Don irgendetwas erklärte, dafür war der Gargoyle zu sehr geschwächt, ob nun durch die Seilschlange oder durch die Magie, die ihm die Fähigkeit zur Gestaltwandlung nahm. Vielleicht, überlegte Gorian, lag es auch an den Feuerdämonen, die unaufhaltsam an die Oberfläche drängten.
    Kurz entschlossen stieß Gorian einen Kraftschrei aus und wollte den Körper der Seilschlange mit dem Dolch in zwei Hälften trennen. Doch kaum berührte Rächer das Tier, wurde Gorian von einer ungeheuren Kraft zurückgeschleudert, sodass er mit dem Rücken gegen die gegenüberliegende Steinwand schlug. Plötzlich griffen rot glühende Lichtadern aus dem Gestein hinter ihm und umfassten ihn, umfingen wie zuckende Blitze seinen Körper.
    Der Dolch aus Sternenmetall hatte sich seiner Hand

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