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Gorian 2

Gorian 2

Titel: Gorian 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Höhe schien ihnen tatsächlich nichts auszumachen.

    Die Schlucht wurde mit zunehmender Tiefe schmaler. Spinnengetier von der Größe einer menschlichen Hand wob Gespinste, die im Lichtschein seltsam schimmerten, und hin und wieder sah Gorian auch eine Sechsfußratte, die sich darin verfangen hatte und sich nicht mehr befreien konnte.
    »Mich wundert, dass hier unten keine Fledermenschen mehr zu finden sind«, äußerte Torbas, nachdem sie eine Weile geschwiegen und sich umgesehen hatten.
    »Sie haben sich anscheinend alle davongemacht«, meinte Gorian, wohl wissend, dass dies nicht die Antwort war, die sich Torbas erhofft hatte. Aber den Grund, warum keines dieser Wesen mehr in dieser Erdspalte anzutreffen war, kannte auch er nicht.
    Endlich erreichten sie den Grund, doch zunächst leuchteten Gorian und Torbas den Boden so gut wie möglich ab, bevor sie mit den Füßen aufsetzten.
    »Und wohin jetzt?«, fragte Torbas.
    »Folge mir einfach.«
    »Du bist dir immer noch sicher, dass wir hier am richtigen Ort sind?«
    »Ar-Don befindet sich ganz in der Nähe.« Gorian gab seiner Seilschlange einen wispernden Befehl, und sie wickelte sich wieder wie eine Schärpe um seinen Oberkörper. Dann ging er ein paar Schritte voran, während er mit seinem Handlicht auf den Boden vor sich leuchtete.
    Torbas nahm Schattenstich in die rechte Hand und folgte ihm.
    Wenig später fiel der Schein von Gorians Handlicht auf eine Ansammlung von Knochen. Dazwischen lagen ein paar Silbermünzen, ein Dolch mit gekrümmter Klinge und eine metallene Gürtelschnalle.

    Die sterblichen Überreste von Fentos Roon. Die Sechsfußratten hatten selbst die Kleidung und das Leder seines Gürtels vertilgt.
    »Beim Verborgenen Gott!«, stieß Torbas hervor. »Wenn es einen Ort der Verdammnis gibt, dann muss er aussehen wie dieser hier!«
    »Möge Fentos Roons Seele trotzdem Frieden finden.«
    »Centros Bal wird über diesen Verlust alles andere als erbaut sein«, murmelte Torbas. »Wir können nur hoffen, dass er immer noch bereit ist, uns zu den Inseln der Caladran zu fliegen.«
    »Das wird er.«
    »Optimist. Und denk auch mal an Thondaril, was wir von dem zu hören kriegen.« Torbas stocherte mit der Spitze Schattenstichs in den Knochen herum, dann bückte er sich und hob die Knochenflöte auf, mit der Fentos Roon die Fledermenschen vertrieben hatte. »Das hier sichert uns vielleicht den Rückweg.«
    In diesem Moment begannen sich die Knochen zu bewegen. Sie zitterten, und Gorian und Torbas spürten das Zittern auch unter ihren Füßen. Ein dumpfer Laut erklang, der so tief war, dass Gorian das Gefühl hatte, jemand drückte ihm heftig in den Magen, und er fühlte sich an die Rufe der gewaltigen Leviathane erinnert, in deren Körpern Morygor einen Großteil seiner Kriegshorden über das Eis transportieren ließ. Und doch war dieses Geräusch etwas völlig anderes.
    Es war die schlummernde Kraft in der Tiefe, wurde ihm fröstelnd klar. Jene Magie, die in der ganzen Umgebung so allgegenwärtig war wie das Meeresrauschen an der Küste.
    War diese Kraft die Ursache dafür, dass keine Fledermenschen in dieser Schlucht zu finden waren?

    Gorian und Torbas standen einige Augenblicke wie erstarrt, dann endete das Zittern, und der Ton aus der Tiefe des Erdinneren brach ab.
    »Das hört sich ganz so an, als sollten wir es den Fledermenschen gleichtun und so schnell wie möglich von hier verschwinden!«, meinte Torbas.
    Wie zur Bestätigung seiner Worte bildete sich auf dem steinigen Boden plötzlich eine glühende Linie, die den ansonsten vollkommen lichtlosen Bereich am Grund der Schlucht mit rötlichem Schimmer füllte. Es sah aus, als würde das Gestein schmelzen. Allerdings war es offenbar ein kaltes Feuer, das dort in der Tiefe brannte und sich den Weg nach oben zu bahnen versuchte.
    Gorian und Torbas sprangen erschrocken zur Seite, als sich der Riss wie eine rote Feuerschlange durch das Gestein zog und sich dann immer mehr verzweigte und zu einem Geflecht wurde, das an pulsierende Blutgefäße erinnerte. Erneut erklang das dumpfe, tiefe Geräusch, lauter diesmal, und zum ersten Mal war die magische Macht, die in diesen Bergen alles zu durchdringen schien, mehr als nur ein Rauschen im Hintergrund.
    Gorian überkamen Bilder, Eindrücke, Empfindungen, die vollkommen fremdartig waren und seine magischen Sinne regelrecht überfluteten. Einen Kampfschrei ausstoßend versuchte er sich dagegen abzuschirmen. Er taumelte, stützte sich an der kalten Felswand ab. Die

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