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Gorian 2

Gorian 2

Titel: Gorian 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Gestein wie ein Geist eine Burgmauer.
    Es war der Maskierte, der Gorian und seine Gefährten zum Bibliothekar geführt hatte.
    Oras Ban erschrak und ließ den Pokal fallen, der scheppernd auf das Pflaster schlug. Dann aber sammelte er sich und gebot mit lauter Stimme: »Es wird Zeit, dass dein Herr uns hilft!«
    Der Maskierte antwortete mit einer Gedankenstimme, die Gorian – und offenbar auch alle anderen – mit fast schmerzhafter Intensität erreichte. Dabei schienen ein Dutzend verschiedener Sprachen gleichzeitig in seinem Kopf zu hallen, und doch war jedes Wort klar und deutlich zu verstehen: »Es ist zu viel. Die gestohlene Magie verliert ihre Wirkung, wenn sie zu häufig angewendet wird. Ob Elixier oder Gift, es ist eine Frage der Menge und des Maßes. Und das Maß, das du benötigst, kann nicht allen zur Verfügung stehen.«
    »Es ist genug da!«, widersprach Oras Ban. »Habt ihr gehört?
Genug, um euch allen das Leben zu erhalten, und solltet ihr noch so schwer verwundet werden!«
    Der Maskierte antwortete nicht darauf. Er wandte sich ab, ging gemessenen Schrittes über den Innenhof und erreichte die dicke Schutzmauer, die für ihn allerdings kein Hindernis darstellte. Er ging einfach hindurch, kam auf der anderen Seite wieder hervor und schwebte hinab in den Abgrund.
    Sanft landete er am Fuß des Felsmassivs und ging gut zwanzig Schritt durch den Schnee zu einer ganz bestimmten Stelle, die er genau zu kennen schien. Dort zog er sein Schwert, dessen breite Klinge zu einer flackernden blauen Flamme wurde. Er senkte die Feuerklinge und berührte damit den Boden, woraufhin sich innerhalb eines Augenblicks ein Flammenkreis um das Felsmassiv bildete, in das Felsenburg hineingeschlagen war.
    Es war ein kaum sichtbares Feuer und so kalt, dass es auch den Schnee in unmittelbarer Umgebung nicht schmolz.
    Der Maskierte formulierte mit seiner Gedankenstimme ein paar Worte in der Sprache der Caladran, dann machte er kehrt, ging geradewegs auf die Felswand zu und verschwand darin, so als bestünde sie nicht aus hartem Gestein, sondern wäre eine Luftspiegelung ohne Substanz.
    »Offenbar hält man sich die Feuerdämonen hier mit Feuer vom Leib«, kommentierte Thondaril. »Man bekämpft Feuer mit Feuer, ein Prinzip, das auch die Magie des Ordens kennt.«
    »Vielleicht sind die Magie des Ordens und die der Caladran gar nicht so verschieden, wie wir glauben«, äußerte Gorian.
    »O doch, Schüler. Das sind sie. Ein paar kleinere Gemeinsamkeiten ändern daran nichts.«

    Am Horizont Richtung Mitulien erhob sich auf einmal eine graue Wand. Meister Thondaril formte mit seiner Magie eine Lichtaura, die einer gläsernen Linse glich, wozu er einige Worte in alt-nemorischer Sprache murmelte, die Gorian sich zu merken versuchte. Dann schuf Thondaril eine zweite Linse und dirigierte diese mit Handbewegungen und magischen Beschwörungen vor die erste, sodass sie wie ein westreichisches Fernrohr wirkten.
    Zunächst war nur die graue Wand zu sehen, die sich am Horizont aufgebaut hatte. Eine Wand aus Eis, die nur etwa haushoch emporragte. Auf magische Weise wurde Wasser aus dem Boden gesogen und dem Eispanzer hinzugefügt. Da es in dieser Gegend jedoch nicht viel Wasser gab, bewegte sich die graue Wand langsamer voran, als es bei der Zerstörung von Toque der Fall gewesen war.
    Oder, dachte Gorian, die Macht der Feuerdämonen strahlte durch das Erdreich bis dorthin.
    Thondaril veränderte die Blickrichtung der magischen Linsen, und sie sahen vor dem Eispanzer eine Reihe Leviathane. Sie waren stehen geblieben und hatten die Mäuler geöffnet, sodass die untoten Frostkrieger, die sie in ihren Leibern transportierten, hinaussehen konnten, um die Lage einzuschätzen. Gorian bemerkte auch einige Trupps von Wollnashornreitern, die neben den Leviathanen daherschritten und im Vergleich zu den gewaltigen Wesen nahezu winzig wirkten.
    »Es scheint, als gewährt man uns noch einen kleinen Aufschub«, meinte Torbas. »Der Vormarsch der Leviathane ist offenbar ins Stocken geraten.«
    »Im Moment bereiten mir die Leviathane die geringeren Sorgen«, gestand Meister Thondaril, »trotz ihrer enormen Zerstörungskraft.«

    »Wieso?«, wunderte sich Torbas.
    »Kannst du sie nicht spüren, Schüler?«, fragte Thondaril. »Empfängst du nicht ihre magischen Schwingungen?«
    Er veränderte wieder die Ausrichtung und den Abstand der beiden magischen Linsen zueinander, und zwei gewaltige Gestalten wurden sichtbar. Sie waren so groß wie das gesamte Felsmassiv

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