Gorian 3
Wissen zur Verfügung hast, was du bis dahin erlangen konntest. Ob es genug sein wird, muss sich erweisen.«
»Was ist mit dem Himmelsschiff, das die Caladran für mich bauen wollten?«, fragte Gorian. »Oder haben sie ihre Zusage zurückgezogen?«
»Keineswegs«, widersprach Meister Thondaril. »Sie arbeiten Tag und Nacht ohne Unterlass daran.«
»Hat das etwas mit den Beschwörungen zu tun, die die
Schamanen und Magier der Caladran nächtens durchführen und deren magische Entladungen mich schon mehrfach aus dem Schlaf geweckt haben?«
»Das ist durchaus möglich. Auch mich weihen sie nicht in alles ein, zumindest nicht, was diesen speziellen Teil unseres Plans betrifft. Aber das ist auch gut so, denn wenn unser Wissen an einer Stelle versammelt wäre, würde uns das verwundbarer machen.«
Meister Thondaril deutete auf die Maladran, von denen viele kaum noch etwas Geisterhaftes an sich hatten. Sie hatten wieder damit begonnen, sich die Zeit mit Übungskämpfen zu vertreiben, was den an Bord befindlichen Caladran überhaupt nicht gefiel, wie durch Bemerkungen immer wieder deutlich wurde.
»Diese Kreaturen scheinen sich als Leibwächter bestens zu eignen«, meinte Thondaril. »Ich habe mich mit einigen Caladran-Schamanen zu diesem Thema ausgetauscht, und sie hielten es für ausgeschlossen, dass es einem Wandler gelingen könnte, ihre Gestalt anzunehmen.«
»Ich fürchte, diese Ansicht gründet einzig und allein auf Spekulation und nicht auf Wissen«, erwiderte Gorian. »Zumindest wüsste ich nicht, dass es im Reich des Geistes der Caladran dazu irgendeinen Gedanken gäbe. Vielleicht liegt es daran, dass man versuchte, die Maladran und alles, was überhaupt an ihre Existenz erinnert, so weit wie möglich auszuschließen.«
»Es wird in unserem Kampf gegen Morygor niemanden geben, auf dessen Loyalität du dich vollkommen verlassen solltest«, mahnte Thondaril.
Gorian hob die Augenbrauen, während von Norden her eine kühle Brise über das Land blies und über das Laramontische Meer wehte. Sie blähte die Segel der margoreanischen
Schiffe, die völlig überladen jener fernen Insel entgegenstrebten, auf der sich die Flüchtlinge an Bord Rettung erhofften.
Aber ein Blick zum immer schmaler werdenden Feuerkranz der Sonne bewies, dass auch Margorea nur vorläufig Sicherheit bot.
An einem der folgenden Tage näherte sich eine gewaltige Flotte dem Hafen von Nelbar. Die Schiffe trugen das Banner des Hauses der Laramonteser und außerdem das Kaiserbanner des Heiligen Reichs. Mindestens tausend Schiffe umfasste der Verband, zu dem vorwiegend heiligreichische Koggen gehörten, aber auch einige Schiffe, die eher wie westreichische Galeeren aussahen. Doch da auch sie das Banner des Kaisers trugen, musste das Kaiserhaus sie auf irgendeine Weise in Besitz genommen habe.
Der Großteil des Westreichs war inzwischen von Morygors Horden erobert worden, selbst die Hauptstadt Havalan war gefallen, und der Machtbereich des westreichischen Königs endete bereits einige Meilen nördlich von Westrigg. In Nelbar hörte man immer öfter Geschichten von westreichischen Kapitänen, die sich mitsamt ihren Schiffen und Besatzungen neue Herren gesucht hatten. Da man in Gryphland keine Schiffe brauchte und man auf Orgorea die Schiffsbau- und Seemannskunst der Westreicher verachtete, blieben nur Kaiser Corach und sein schärfster Konkurrent um die Macht, der Herzog von Eldosien, denen sich diese Kapitäne andienen konnten.
Wie all diese Schiffe in dem ohnehin schon überfüllten Hafen abgefertigt werden sollten, war Gorian ein Rätsel.
»Sieh nur, das Kaiserliche Flaggschiff«, sagte Thondaril zu ihm, während sie beide von der Hoffnung des Himmels aus
diesen maritimen Aufmarsch beobachteten. »Das obere der Banner ist das persönliche Wappen von Kaiser Corach IV.«
»Dann ist der Kaiser an Bord?«, wunderte sich Gorian.
»So hat es den Anschein.«
»Das ist doch ein gutes Zeichen. Dann ist es Corach tatsächlich ernst damit, Morygors Horden alles entgegenzuwerfen, was er aufzubieten vermag.«
»Ich bin mir nicht sicher, Gorian«, antwortete Thondaril düster.
Jeden Tag ließ sich Gorian von einer Barkasse zur Siebten Burg bringen, um sich dort der Ausbildung in jenen Häusern zu unterziehen, deren Meisterringe ihm noch fehlten.
Sheera begleitete ihn zumeist, denn auch sie hatte in der Siebten Burg Aufgaben übernommen. Sie bestand ihre Prüfungen und durfte daraufhin den Meisterring einer Heilerin tragen, und solange sie in Nelbar
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