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Gorian 3

Gorian 3

Titel: Gorian 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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war.
    Als Gorian den Blick senkte, sah er, dass sich das quadratische Gittermuster verzog, wenn er einen Schritt nach vorn machte. Er spürte dabei einen starken Widerstand, der zwar unsichtbar blieb, aber jede seiner Bewegungen hemmte.
    Außerdem hörte er nichts. Es gab kein Geräusch, nicht einmal den eigenen Atem konnte er vernehmen. In welch abgelegenen Schattenpfad hatte es ihn nur verschlagen? Es musste irgendeine der zahllosen Zwischenwelten sein, in denen es kaum etwas Wirkliches gab und vor denen man junge Schüler im Haus der Schattenmeister immer warnte, weil man durch Unachtsamkeit sehr schnell an einen Ort wie diesen geraten konnte.
    Einen Nicht-Ort , an dem man nur selbst existierte.
    Auf einmal erhob sich ein Schatten aus dem weißen Boden. Er verbog die schnurgeraden Linien des schwarzen Gitternetzes und zerriss es. Arme griffen nach Gorian, und im nächsten Moment hatte er das Gefühl, zugleich fortgerissen und erdrückt zu werden.
    Für einen Moment sah er nur Schwärze, dann grelles Licht. Er fiel hart auf den kalten Boden. Arme umfassten ihn. Er sah auf, sein Blick klärte sich, und die Arme ließen ihn los.
    »Das war sehr knapp!«, hörte er Meister Shabrans tadelnde Stimme. »Du bist noch kein Schattenmeister, und dass deine bisherigen Experimente in dieser Richtung gutgegangen sind, bedeutet nicht, dass du auch in Zukunft immer Glück haben wirst. Um ein Haar hätte ich dich Narren nicht mehr retten
können, und du wärst für drei Ewigkeiten in irgendeinem abgelegenen Winkel des Polyversums verschwunden!«
    Gorian erhob sich. Es waren Shabrans Arme gewesen, die nach ihm gepackt und ihn umschlungen hatten. Er war bereits wieder aufgestanden, seine Augen waren schwarz, und er sah auf seine Hände. Zwischen seinen gespreizten Fingern zuckten feine Blitze aus Schwarzlicht. Allein die Intensität dieser Entladungen gab Gorian einen Eindruck davon, wie gefährlich die Situation gewesen war und wie viel Kraft Meister Shabran hatte aufwenden müssen, um ihn im letzten Moment vor einer ewigen Gefangenschaft an einem Nicht-Ort zu retten.
    Sie befanden sich in dem Korridor, der zu jenem Raum führte, in dem Sheera ihre Prüfungen hatte ablegen sollen.
    Die junge Heilerin stand vor ihm, etwa vier Schritte von der geschlossenen Tür entfernt. Ein ganz leichter Schimmer, der durch das dunkle Holz drang, verriet, dass die magische Abschirmung innerhalb des Raums dahinter noch nicht aufgehoben war.
    Sheeras Blick schien ihn zu mustern, und er fragte sich zum ersten Mal seit längerer Zeit, was sie in diesem Augenblick dachte.
    »Sheera …«
    Ihre Gedanken blieben stumm. An ihrer Hand prangte der Meisterring und geriet in das gleißende Licht, das durch ein hohes Fenster in den Korridor fiel. Einen Herzschlag lang sah es so aus, als würde sich seine Form leicht verändern, aber es mochte das Licht sein, das Gorians Augen einen Streich spielte.
    Sheera kam auf ihn zu. Ihre Schritte waren schnell und entschlossen. Als sie ihn erreichte, breitete sie die Arme aus und ...

    Das schmale Schwert von Meister Shabran fuhr durch ihren Hals und trennte ihr den Kopf von ihren Schultern, ehe sie Gorian umarmen konnte.
    Im selben Moment fuhren aus ihren Fingern lange Klingen hervor. Der Kopf rollte polternd über den Boden. Blut spritzte. Die Messerhände schlugen wie Pranken eines Langzahnlöwen nach Gorian, der zurückwich. Ein weiterer Hieb von Meister Shabrans Klinge teilte den sich bereits verformenden und weitere Gliedmaßen ausbildenden Körper in zwei Hälften.
    »Eine Wandlerin!«, durchfuhr es Gorian.
    »Entweder war es der Aufenthalt in den Schattenpfaden oder die Schönheit dieser Heilerin, die dir den klaren Blick eines Ordensmeisters vernebelt hat«, murrte Shabran. »Du hättest es auf jeden Fall sehen müssen, Gorian!«
    »Ich habe es gesehen«, murmelte Gorian, beinahe ohne die Lippen zu bewegen, und meinte damit die Verformung des Rings. Ja, er hatte es gesehen und nicht beachtet.
    Er zog Sternenklinge, seine Augen wurden schwarz. Blitze umflorten das Sternenmetall des Schwerts. Mit ein paar schnellen Schritten, die er magisch unterstützte und die daher eher Sprüngen glichen, stürmte er auf die Tür zu.
    Das, was sich hier auf dem Korridor ereignet hatte, ließ ihn das Schlimmste befürchten.
    Mit einem Tritt sprengte er die Tür zur Seite. Dahinter war ein bläulicher Schimmer, formte eine Wand, die ihm den Weg versperrte. Gorian stieß einen Kraftschrei aus, stieß Sternenklinge nach vorn.

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