Gorian 3
bezahlen!«, zischte Gorian zwischen den Zähnen hindurch. Er ließ Meister Thondaril einfach stehen und sprang erneut in die Schattenpfade. Innerhalb eines Augenblicks verwirbelte er zu einer Rauchwolke, die mit der Dunkelheit der Nacht verschmolz und geradewegs auf jenen Teil des Wehrgangs zuschoss, wo die Mörder ihre Waffe in Stellung gebracht hatten. Keinen Herzschlag später verstofflichte er dort.
Zwei Männer hatten dem Oger gerade den Kleinen Springald auf den Rücken geladen. Ein Kerl, bei dem der Nasenschutz des messingfarbenen Helms fast bis zum Kinn reichte, trug eine Holzkiste, die etwa die Länge des Bolzens hatte, von dem der Schlangenmensch getroffen worden war. Daher war anzunehmen, dass sich darin die Geschosse für diese Waffe befanden.
Zwei weitere Bewaffnete zogen sofort ihre Schwerter, ein anderer spannte seinen Bogen noch in dem Moment, als Gorian verstofflichte. Gorian lenkte den Pfeil mit einer Handbewegung ab und veränderte die Flugbahn des Geschosses so, dass es einem der Schwertkämpfer durch den Hals fuhr. Dann riss Gorian Sternenklinge und Rächer hervor.
Die wütenden Hiebe der beiden Schwertkämpfer parierte er scheinbar mühelos, und bevor der Bogenschütze den nächsten Pfeil eingelegt hatte, steckte diesem die Klinge von Gorians Dolch bis zum Heft im Auge, sodass er bereits tot auf die Knie und dann zu Boden sank.
Die beiden Schwertkämpfer griffen noch einmal sehr heftig an, aber Gorian kam ihren Hieben stets mit großer Sicherheit zuvor und parierte sie. Dann stieß er einen Kraftschrei
aus und hob die freie linke Hand. Ein kugelförmiger Lichtblitz drang aus der Handfläche hervor. Die beiden Männer wurden mit den Rücken gegen die Wand des nahen Wachturms geschleudert und durch eine magische Fessel dort festgehalten. Sie konnten sich nicht bewegen. Die Schwerter in ihren Händen nützten ihnen nichts.
Gorian ließ seinen Dolch in die Linke zurückkehren und umschloss den Griff mit der Faust.
Unterdessen hatte sich der Oger den Kleinen Springald vom Rücken genommen. Er packte dessen Schaft mit beiden Pranken und benutzte die große Armbrust wie eine Keule. Mit ungeheurer Wucht ließ er sie niedersausen. Im letzten Moment wich Gorian zur Seite, und der Kleine Springald zersplitterte.
Der Oger stieß einen durchdringenden Kampfschrei aus und schleuderte die spitze Stange aus Eisen wie einen Speer. Gorian duckte sich, und die Eisenstange sauste mit solcher Wucht über ihn hinweg, dass sie etwa eine Elle tief in den Dachbalken eines benachbarten Hauses drang.
Der Mann, der die Kiste mit den Bolzen trug, hatte sich bereits ein paar Dutzend Schritte entfernt, setzte aber nun die Kiste ab, nahm einen der Bolzen heraus und machte sich an dem Mechanismus zu schaffen, der normalerweise ausgelöst wurde, wenn das Geschoss auf einen Widerstand traf, und das Laramontische Feuer zum Entflammen brachte.
Er schleuderte den Bolzen in die Höhe, rannte über den Wehrgang davon, als wären alle Dämonen der Hölle hinter ihm her, während der Bolzen wieder nach unten fiel, auf den Boden schlug und der zylindrische Behälter platzte.
Das Laramontische Feuer spritzte in alle Richtungen. Die Flammen krochen so schnell über den Wehrgang, dass es weder für den Oger noch für die beiden Männer, die Gorian mit
Magie an die Turmwand gefesselt hatte, noch eine Rettung geben konnte. Ihre markerschütternden Schreie mischten sich mit dem durchdringenden Fauchen, das das Laramontische Feuer bei seiner Ausbreitung erzeugte. Nur Herzschläge dauerte es, bis von den Männern an der Wand nur noch Knochen und Asche übrig waren.
Der brennende Oger sprang schreiend von der Mauer. Aber schon während des Falls verglühte er vollständig.
Gorian hatte sich im letzten Moment in einen Schattenpfad flüchten können. Er verstofflichte ein Stück vor dem davonlaufenden Mörder, sodass er ihm den Weg versperrte.
Der Mann hielt erschrocken in seinem Lauf inne, als Gorian plötzlich mit Sternenklinge in der Rechten vor ihm stand.
Der Gehetzte riss sein Schwert aus dem Gehänge an der Waffenschärpe – ein laramontisches Rapier mit karoförmigen Perforationen im Stahl, die die Klinge außerordentlich leicht machten. Eine Waffe, die von der Ritterschaft des Heiligen Reichs verachtet wurde, sich aber einigen hartnäckigen Legenden zufolge bei gedungenen Mördern außerordentlich großer Beliebtheit erfreute.
Ein Assassine aus Laramont, erkannte Gorian. Der Kaiser würde ihm einiges zu erklären haben.
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