Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gorian 3

Gorian 3

Titel: Gorian 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
Sie saßen schweigend da, mit gesenkten Köpfen, und die Stimmung unter ihnen wurde immer angespannter.
    Gorian hatte bemerkt, dass sich manche in ihre Gewänder hüllten, so als würde ihnen der Niederschlag etwas ausmachen. Das war zuvor nie der Fall gewesen. Einige der Maladran hatten ihre Körperformen noch etwas verändert. Etliche hatten nun zusätzliche Arme, anderen waren Panzerplatten gewachsen, die Gorian an Käfer erinnerten. Selbst die Freude an ihren Übungskämpfen schienen sie verloren zu haben.
    Was Gorian am meisten Sorge bereitete, war der Umstand, dass der Blinde Schlächter ihm anscheinend aus dem Weg
ging. Er vermied es, mit ihm zusammentreffen, und wenn es doch dazu kam, war er sehr wortkarg.
    Beliak senkte die Arme, nachdem er sich etwas von dem fallenden feuchten Schnee ins Gesicht gerieben hatte. Er schien Gorians Gedanken zu erraten. »Sie hadern mit ihrer Lage, und wenn sie nicht bald etwas zu tun bekommen, werden sie unangenehm.« Er hob die Schultern und verzog das Gesicht wie im Schmerz. »Tote, Untote, Geister – wer glaubt, dass mit dem Leben die Sorgen vorbei sind, irrt sich gewaltig, Meister Gorian.«
    »Hör auf, mich so zu nennen.«
    »Du trägst jetzt den dritten Ring. Du hast dir diese Anrede verdient.«
    »Du hast mich schon gekannt, da war ich …«
    »Es kommt darauf an, was du jetzt bist, nicht was du warst. Und dasselbe gilt für mich. Ich war ein lebender Adh, ein toter Frostkrieger, und jetzt bin ich ein verwesender ehemaliger Frostkrieger, der aber immer noch untot ist. Wenn ich nicht aufpasse, löst sich das Fleisch von meinen Knochen, und der Geruch, der von mir ausgeht, wäre unerträglich, wenn ich nicht so viel ätherische Öle verwenden würde.«
    »Ich müsste den Zauber erneuern, der das Auftauen deines Körpers hindert«, sagte Gorian schuldbewusst. »Verzeih mir die Nachlässigkeit.« Er hatte das eine Zeitlang regelmäßig getan, aber die vollkommene Dunkelheit hob jegliche Unterschiede zwischen Tag und Nacht auf und verwirrte auch Gorians Zeitgefühl.
    »Ich danke dir für deine Fürsorge, Meister Gorian«, gab der Adh in ironisch übertriebener Förmlichkeit zurück und deutete sogar eine Verbeugung an. »Aber ich fürchte, dies wird das Problem auf Dauer nicht lösen. Genauso wenig wie die Höflichkeit der Caladran, die ihre empfindlichen Nasen
erst rümpfen, wenn sie nicht mehr in meiner Nähe sind, oder sogar ungesunderweise ihr Niesen unterdrücken. Ich habe es mit dem Öl eines margoreanischen Mumifizierers versucht, das ich auf einem der nelbarischen Märkte erstanden habe.« Er zog den Ärmel seines stockigen Wamses hoch und zeigte Gorian eine faulige schwarze Stelle am Unterarm, wobei Verwesungsgeruch, nur leicht durch den Ölduft gemildert, Gorian entgegenschlug. »Du sieht, dass man das nicht unbedingt einen Erfolg nennen kann.«
    »Ich werde mit Sheera sprechen. Vielleicht gibt es doch noch etwas, das die Heilkunst des Ordens für dich tun kann.«
    »Wo es die Heilkunst der Caladran schon nicht konnte? Ich zweifle daran, dass es da noch irgendeine Hoffnung gibt. Aber zumindest die aufkommende Kälte ist sehr angenehm. Und solange ich darauf achte, mich von Lagerfeuern und Öfen fernzuhalten, werde ich vielleicht noch eine Weile durchhalten.«
    Gorian berührte den Adh am Arm und sprach einen Zauber. Auch wenn er es nicht wahrhaben wollte, so spürte er doch, dass Beliak in letzter Konsequenz recht hatte.
    »Ich danke dir«, murmelte der Adh, nachdem Gorian seine Formel beendet hatte. »Das war sehr gut. Auf jeden Fall besser als das Öl des Mumifizierers. Aber wer weiß, vielleicht war es auch nur eine Fälschung. Eigentlich haben die Mumifizierer von Margorea einen guten Ruf, allerdings würde ich eine Reise dorthin kaum überstehen, daher werde ich es wohl nie herausfinden.«
    »Du darfst die Hoffnung nicht aufgeben, Beliak.«
    »Nein, ich hätte die Hoffnung schon in dem Moment aufgeben sollen, als ich zusammen mit dem Langzahnlöwen ins Untererdreich stürzte, zum Untoten wurde und unter Morygors Einfluss geriet. Von da an war jede Hoffnung Illusion.
Die Sache ist doch die: Ich gehöre ins Frostreich, ich bin ein untotes Geschöpf, das sich über jede Veränderung am Himmel freuen sollte, die den Sonnenkranz weiter schmälert und dafür sorgt, dass es auf Erdenrund immer kälter wird. Eigentlich liegt die Ursache des Problems auf der Hand: Ich bin dir gefolgt, und zwar in die falsche Richtung. Ich sollte nach Norden gehen, zurück in die

Weitere Kostenlose Bücher