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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
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bedeutsame Unterschied. Richtig! Warum sollte eine Frau mit einem Mörder schlafen - außer aus Lust am Schmerz?« Er krallte seine Finger in ihr Haar und riss ihren Kopf daran hoch. »Ist das besser?«
    »Du tust mir weh«, flüsterte Irina.
    »Das scheint dir nicht zu gefallen.« Er ließ ihr Haar los. »Das ist also auch nicht der wahre Grund.
    Vielleicht erregt dich Geld; soviel ich weiß, erregt es viele Menschen. Osborne hat mich durch unser neues Apartment geführt. Wie reich wir in dieser Luxuswohnung voller Geschenke sein werden! Aber du hast sie verdient, Irina. Du hast dafür mit dem Leben deiner eigenen Freunde gezahlt. Kein Wunder, dass du mit Geschenken überhäuft wirst.« Er tastete nach dem Ausschnitt ihres Nachthemdes.
    »Ist das auch ein Geschenk?« Er riss das Nachthemd mit einem Ruck bis zum Nabel auf. Über ihrer linken Brust sah er ihren Puls vor Entsetzen jagen: der gleiche Puls, den er spürte, wenn sie sich liebten. Seine Hand glitt leicht über ihren Bauch - sein Kissen, Osbornes Kissen.
    »Du bist eine Hure, Irina.«
    »Ich habe dir gesagt, dass ich alles tun würde, um hierher zu kommen.«
    »Jetzt bin ich hier, und jetzt bin ich auch eine Hure«, sagte Arkadi.
    Die Berührung ihres Körpers machte ihn wütend und schwach zugleich. Er zwang sich dazu, aufzustehen und wegzusehen. Diese Bewegung schien ein randvolles Gefäß zum Überlaufen zu bringen: Tränen liefen ihm aus den Augen und übers Gesicht. Ich muss sie umbringen oder weinen, sagte er sich.
    »Ich hab dir erklärt, dass ich alles tun würde, um hierher zu kommen«, sagte Irina hinter ihm. »Du hast mir nicht geglaubt, aber ich hab’s dir gesagt. Ich habe nichts von Valeria und den anderen gewusst. Ich hab Angst gehabt, aber ich habe nichts Bestimmtes gewusst. Wann hätte ich dir von Osborne erzählen sollen? Nachdem ich dich zu lieben begonnen hatte, als wir in deiner Wohnung waren? Verzeih mir, Arkascha, dass ich dir nicht erzählt habe, dass ich eine Hure gewesen bin, nachdem wir uns zu lieben begonnen hatten.«
    »Du hast drüben mit ihm geschlafen.«
    »Einmal. Damit er mir zur Flucht verhelfen würde. Du warst zum erstenmal aufgekreuzt, und ich hatte Angst, du würdest mich verhaften.«
    Arkadi hob eine Hand. Sie sank durch ihr eigenes Gewicht herab. »Du hast hier mit ihm geschlafen.«
    »Einmal. Damit er auch dich herausholen würde.«
    »Warum? Du wärst frei gewesen und hättest dein Apartment, deine Kleider gehabt - warum hast du mich verlangt?«
    »In Russland hätten sie dich umgebracht.«
    »Vielleicht. Aber ich war noch am Leben.«
    »Weil ich dich liebe.«
    »Du hättest mich dort lassen sollen! Dort war ich besser aufgehoben.«
    »Ich nicht«, wandte Irina ein.
    Er hatte nie geahnt, dass er zu solchen Tränen imstande war. Er erinnerte sich an Hofmanns Messer, das in seinem Leib gesteckt hatte - das einzige andere Mal, dass irgend etwas so unaufhaltsam aus ihm herausgeflossen war. Der Schmerz war nicht viel anders gewesen.
    »Ohne dich hätte ich hier nicht leben wollen.« Als Irina sich aufrichtete, fiel das zerrissene Nachthemd von ihr ab.
    Hören sie zu? fragte Arkadi sich - alle die winzigen elektronischen Ohren im Bett, in der Lampe, hinter dem Spiegel. Das Rouleau hing schräg wie ein ordinär blinzelndes Augenlid.
    Er ließ es hochschnappen und machte das Licht aus.
    »Wenn du zurückgehst, komme ich mit«, sagte Irina in der Dunkelheit.
    Seine Tränen waren Quellen des Zorns, so heiß wie Blut. Vor seinem inneren Auge standen die Wiskows in ihrer Schnellimbissstube am Paweletser Bahnhof: der alte Mann, der ihm das Kaviarbrot servierte und dabei mit seinem Stahlgebiss lächelte; seine stumme Frau im Hintergrund strahlend. Er sah ein Millionenheer mit Stahlgebissen. »Das wäre dein sicherer Tod«, wandte er ein.
    »Ich tue, was du tust.«
    Er sank vor dem Bett auf die Knie. »Du hättest dich nicht für mich verkaufen dürfen.«
    »Was hätte ich sonst zu bieten gehabt?« fragte Irina. »Ich habe mich schließlich nicht für ein Paar Stiefel verkauft. Ich habe mich verkauft, um zu entkommen, um endlich leben zu können. Ich schäme mich nicht, Arkascha. Ich würde mich vor mir selbst schämen, wenn ich’s nicht getan hätte. Ich werde niemals sagen, dass es mir leid tut, das getan zu haben.«
    »Aber mit Osborne … «
    »Ich will dir davon erzählen. Ich bin mir danach nicht beschmutzt vorgekommen, wie sich junge Mädchen fühlen sollen. Ich habe mich verbrannt gefühlt, als sei mir eine Schicht Haut

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