Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park
Autoren: Martin Cruz-Smith
Vom Netzwerk:
weit entfernt … «
    Sie fuhren an Reihenhäusern vorbei. Ein Gipsheiliger segnete einen Vorgarten.
    »Hätte Jimmy diese Leute rausbringen können, Arkadi? Sag mir die Wahrheit.«
    Arkadi dachte an die Leichen unter dem Schnee im Gorki-Park, eine neben der anderen, nicht einmal der Versuch zur Flucht, und an das kleine alte Haus mit den Schlafkojen, in denen Jimmy Kirwill die Bibel gelesen hatte, während Kostja sich mit Valeria vergnügt hatte. »Klar«, log er. »Das Zeug dazu hat er gehabt. Warum nicht?«
    »Ja, du bist in Ordnung«, sagte Kirwill nach einer längeren Pause. Eine Brücke brachte sie über einen schmalen Wasserarm, der auf Wegweisern als Arthur Kill bezeichnet wurde, nach New Jersey zurück.
    Unter ihnen waren Kais, Gleise und die Gasfackeln weiterer Raffinerien zu erkennen. Arkadi hatte längst die Orientierung verloren, aber als der Mond für kurze Zeit links von ihnen sichtbar wurde, wusste er, dass sie nach Süden unterwegs waren. Wurde in ganz New York nach ihm gefahndet?
    Fahndete die Polizei auch nach Kirwill? Was dachte Irina?
    »Wie weit fahren wir noch?«
    »Wir sind fast da«, antwortete Kirwill.
    »Dein Freund Rats lebt hier? Ich sehe keine Häuser.«
    »Ab hier beginnt Marschland«, erklärte Kirwill ihm. »Früher hat’s hier Reiher, Fischadler und Eulen gegeben. Und natürlich Frösche. Nachts haben sie geradezu ohrenbetäubend laut gequakt.«
    Sie befanden sich jetzt auf einer Zufahrtsstrasse, die an den Fabriken vorbeiführte. Im Scheinwerferlicht schillerte das Brackwasser giftig in allen Regenbogenfarben.
    »Du machst dir Sorgen, das merkt man«, sagte der Lieutenant. »Keine Angst, ich erledige Osborne.«
    Was wird dann aus Irina und mir? war Arkadis erster Gedanke. Das war das Groteske an ihrer Rettung durch Osborne: Man musste hoffen, dass er am Leben blieb.
    »Hier abbiegen!« Rats, der sich plötzlich auf dem Rücksitz aufgerichtet hatte, zeigte nach vorn.
    Kirwill bog auf einen asphaltierten Weg ab, der zum Kill hinunterführte.
    »Es geht um mehr als Osborne und dich«, stellte Arkadi fest.
    »Du meinst das FBI? Von denen hat Osborne in New York keinen wirksamen Schutz zu erwarten.«
    »Nein, ich meine nicht das FBI.«
    »Den KGB? Die haben’s auch auf ihn abgesehen!«
    »Halt!« sagte Rats.
    Sie stiegen aus. Auf einer Seite erstreckte sich Marschland bis zu den in weiter Ferne sichtbaren Lichtem der Stadtautobahn; auf der anderen lagen Bootswerften am Fluss. Sie folgten Rats auf einem Trampelpfad über schwammig weichen Untergrund.
    »Ich wird’s Ihnen beweisen.« Rats sah sich um. »Ich bin kein Dieb.«
    In den Werften lagen halbfertige Boote auf Helligen. Unter einer Bogenlampe kläffte ein Wachhund; andere Hunde auf benachbarten Werften fielen heiser ein. Auf dem Kill zog ein mit Hausmüll beladener Schleppkahn vorbei. Am gegenüberliegenden Ufer, auf Staten Island, waren einige wenige Lichter, blaue Öltanks unter Bäumen und Häuser, Boote, Lastwagen und Kräne zu erkennen.
    Arkadi erreichte den verhältnismäßig sicheren Boden - im Schlamm liegende Planken - vor Kirwill.
    Schneeflocken glitzerten auf Riedgras und Binsen. Rats marschierte energisch zu einem mit Dachpappe verkleideten niedrigen Schuppen voraus. Als Arkadi ihm folgte, trat er auf kleine Knochen, die wie Zähne aus dem Schlamm ragten. Rats öffnete die schief in den Angeln hängende Tür, zündete eine Petroleumlampe an und forderte ihn mit einer Handbewegung zum Eintreten auf.
    Arkadi zögerte. Zum erstenmal seit seiner Ankunft in Amerika war er nicht von Lichtern umgeben.
    Die Weite dieser dunklen Landschaft und der glitzernde Schnee brachten eine Saite in seinem Inneren zum Klingen.
    »Warum sind wir hierher gekommen?« fragte er Kirwill. »Was willst du von mir?«
    »Ich will dich retten«, antwortete der Lieutenant. »Hör zu, im Barcelona gehen ständig Nutten und ihre Freier ein und aus; das FBI kann unmöglich alle diese Leute kontrollieren. Morgen abend sind Billy und Rodney im Zimmer über euch. Sobald es richtig dunkel ist, lassen sie eine Strickleiter zu eurem Fenster hinunter. Ihr tragt unauffällige, dunkle Kleidung und klopft an die Decke, wenn ihr gehen wollt. Die beiden fahren mit euch im Personalaufzug hinunter und bringen euch durch den Keller ins Freie. Fürs Rote Kommando ist das ein ganz einfaches Unternehmen.«
    »Für wen?«
    »Das Rote Kommando. Die anderen haben dir von uns erzählt.«
    »Woher weißt du, dass sie mir vom Roten Kommando erzählt haben?« Arkadi wartete
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher