Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
Vom Netzwerk:
in eine Nische, in der ein junger Mann Weißbrotscheiben mit Butter bestrich.
    »Sie müssten sich eigentlich kennen. Jewgeni Mendel, Ihr Vater und Renkos Vater sind gute Freunde gewesen. Jewgeni ist im Handelsministerium tätig«, erklärte Jamskoi Arkadi.
    Jewgeni, ein dicklicher jüngerer Mann mit einem dünnen Schnurrbart, versuchte, sich im Sitzen zu verbeugen. Arkadi erinnerte sich undeutlich an einen fetten kleinen Jungen, der ständig geheult hatte.
    »Ein Fachmann für Außenhandel«, fügte Jamskoi hinzu, worauf Jewgeni rot wurde. »Einer der kommenden jungen Leute im Ministerium.«
    »Mein Vater …«, begann Jewgeni, als Jamskoi sich abrupt verabschiedete und die beiden allein ließ.
    »Ja?« fragte Arkadi höflicherweise.
    »Einen Augenblick, bitte.« Jewgeni konzentrierte sich auf die dick mit gelber Butter bestrichenen Brotscheiben, die er so mit Kaviar belegte, dass sie Sonnenblumen mit gelben Blütenblättern und schwarzer Mitte glichen. Arkadi nahm Platz und schenkte sich ein Glas Sekt ein.
    »Mein Sachgebiet umfasst vor allem amerikanische Firmen.« Jewgeni sah von seinem Kunstwerk auf.
    »Oh? Das ist bestimmt eine neue Aufgabe.« Arkadi fragte sich, wann Jamskoi zurückkommen würde.
    »Nein, nein, durchaus nicht. Die Geschäftsverbindungen existieren teilweise schon sehr lange. Beispielsweise hat Armand Hammer mit Lenin zusammengearbeitet. Chemico hat in den dreißiger Jahren Ammoniakfabriken in die Sowjetunion geliefert. Ford hat in den dreißiger Jahren Lastwagen für uns gebaut, und wir wollten diese Zusammenarbeit später fortsetzen, aber die Amerikaner haben sich das Geschäft selbst verdorben. Die Chase Manhattan Bank ist seit 1923 eine Korrespondenzbank unserer Wneschtorgbank.«
    Mit den meisten dieser Namen konnte Arkadi nichts anfangen, aber Jewgenis Stimme kam ihm allmählich bekannter vor, obwohl ihre letzte Begegnung schon so lange zurücklag, dass er sich nicht mehr an sie erinnern konnte.
    »Ausgezeichneter Sekt.« Er stellte sein Glas ab.
    »Eine neue einheimische Marke. Wir wollen sie exportieren.« Jewgeni sah kindlich stolz von seiner Arbeit auf.
    Arkadi spürte, dass sich die Alkoventür öffnete. Der große schlanke Mann Anfang Sechzig, der von draußen hereinkam, war so braungebrannt, dass Arkadi ihn auf den ersten Blick für einen Araber hielt.
    Glattes weißes Haar, schwarze Augen, eine lange Nase und ein eigenartig femininer Mund ergaben eine auf seltsame Weise attraktive Kombination. An der Hand, in der er sein Handtuch trug, glänzte ein goldener Siegelring.
    »Wundervoll!« Als der Mann sich über das Tischchen beugte, tropfte Wasser auf die Kaviarbrote.
    »Wie lauter hübsch eingepackte Geschenke. Ich traue mich gar nicht, in eines hineinzubeißen.«
    Er betrachtete Arkadi ohne sonderliches Interesse. Selbst seine Augenbrauen schienen frisiert zu sein.
    Er sprach perfekt Russisch, wie Arkadi bereits gewusst hatte, aber auf den Tonbändern war sein animalisches Selbstbewusstsein nicht zu hören.
    »Jemand aus deiner Abteilung?« fragte der Mann Jewgeni.
    »Das hier ist Arkadi Renko. Er ist … hm, ich weiß gar nicht, was er ist.«
    »Ich bin Ermittlungsbeamter«, warf Arkadi ein. Jewgeni schenkte Sekt ein, bot die Kaviarbrote an und versuchte beflissen, Konversation zu machen. Sein Gast nahm lächelnd Platz; Arkadi hatte noch nie so schneeweiße Zähne gesehen. »Und was ermitteln Sie?«
    »Morde.«
    Osborne frottierte sich die eher silbergrauen als weißen Haare, griff nach einer schweren goldenen Uhr und streifte sie sich über die Hand. »Jewgeni«, sagte er, »ich erwarte einen Anruf. Bist du so nett, an der Vermittlung auf mein Gespräch zu warten?«
    Aus einem Lederetui nahm er eine schwarze Zigarettenspitze, steckte eine Zigarette hinein und zündete sie mit einem mit Lapislazuli besetzten goldenen Feuerzeug an. Die Alkoventür schloss sich hinter dem diensteifrig forteilenden Jewgeni. »Sprechen Sie Französisch?«
    »Nein«, log Arkadi.
    »Englisch?«
    »Nein«, log Arkadi nochmals.
    »Freut mich, Sie kennen zu lernen. Ich habe bei meinen Aufenthalten in der Sowjetunion noch nie mit einem Kriminalbeamten zu tun gehabt.«
    »Sie haben offenbar nie etwas verbrochen, Herr … Entschuldigung, ich weiß gar nicht, wie Sie heißen.«
    »Osborne.«
    »Amerikaner?«
    »Ja. Und wie heißen Sie gleich wieder?«
    »Renko. Ihr Freund Jewgeni hat von Sekt gesprochen. Importieren Sie Spirituosen?«
    »Pelze«, antwortete Osborne.
    Man hätte leicht behaupten können,

Weitere Kostenlose Bücher