Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
Vom Netzwerk:
besorgt.
    »Natürlich«, sagte Arkadi und machte die Tür vor ihrer Nase zu, um im Zimmer des Touristen William Kirwill allein zu sein. Er sah auf den Platz hinunter, wo Intourist-Busse vom LeninMuseum bis zum Hoteleingang aufgereiht standen, um Touristen nach Sprachgruppen getrennt ins Ballett oder in die Oper zu bringen. Wie Intourist mitteilte, hatte Kirwill einen Abend in einem typischen russischen Restaurant gebucht. Arkadi warf einen Blick ins Bad, das modern ausgestattet war, weil Westbesucher in dieser Beziehung keine Zugeständnisse machten. Arkadi nahm die Handtücher mit ins Zimmer, wickelte sie ums Telefon und deckte die beiden Kopfkissen darüber.
    Die Kommode enthielt amerikanische Unterwäsche, Strümpfe, Pullover und Hemden, aber keine der russischen Kleidungsstücke, die Golodkin beschrieben hatte.
    Auch unter dem Bett waren keine Kleidungsstücke versteckt. Im Schrank stand William Kirwills amerikanischer Leichtmetallkoffer.
    Arkadi legte ihn aufs Bett und versuchte, das Schloss mit seinem Taschenmesser zu knacken. Als es endlich aufsprang, machte er sich an die Durchsuchung.
    Er fand vier kleine Bücher - Abriss der russischen Kunstgeschichte, Reiseführer Sowjetunion, Führer durch die Tretjakow-Galerie und Nagels Moskau und Umgebung —, die durch ein kräftiges Gummiband zusammengehalten wurden. Daneben lag eine Ausgabe von Schulthess’ Sowjetunion.
    Zwei Stangen Camel. Eine Minolta Xdj mit Handgriff; ein 200mm-Teleobjektiv, Filter und zehn ungeöffnete Filmpackungen. Reisechecks für 1800 Dollar. Drei Rollen Toilettenpapier. Ein Metallrohr mit einem ausdrehbaren rasierklingenscharfen Spezialmesser. Zusammengerollte getragene Socken.
    Ein durch starke Gummibänder zusammengehaltenes Etui mit goldenem Drehbleistift und Füllfederhalter. Ein Block Millimeterpapier. Ein Plastikbeutel mit Büchsenöffner, Flaschenöffner, Korkenzieher und einem schmalen, flachen Metallstück, am einen Ende rechtwinklig gebogen und am anderen U-förmig geöffnet, mit einer Schraube versehen. Ein Heft mit Intourist-Essensgutscheinen.
    Keine russischen Kleidungsstücke.
    Arkadi durchsuchte den Kleiderschrank, in dem ebenfalls nur amerikanische Sachen hingen, bevor er sich wieder mit dem demolierten Koffer befasste. Er streifte das Gummiband von den Reiseführern und blätterte sie durch. Dann griff er nach dem gewichtigen Bildband von Schulthess, der als Reiselektüre eigentlich zu schwer war. In der Mitte steckte zwischen einer doppelseitigen Abbildung einer Pferdeschau in Alma Ata ein auf Millimeterpapier gezeichneter Plan im Maßstab 1:1000. Er zeigte Bäume, Fußwege, das Ufer der Moskwa, eine Lichtung und mitten auf der Lichtung drei Gräber, genau wie der Lageplan, den Arkadis Milizionäre gezeichnet hatten. Weiter hinten entdeckte er einen Plan des gesamten Gorki-Parks im Maßstab 1:15000, die durchgepauste Röntgenaufnahme eines komplizierten Schienbeinbruchs, wie ihn die dritte Leiche im Gorki-Park aufgewiesen hatte, und ein Zahnschema, das eine Wurzelbehandlung an einem Schneidezahn, aber keine Backenzahnkrone zeigte.
    Jetzt betrachtete Arkadi den Rest des Kofferinhalts mit anderen Augen. Vor allem das Metallrohr mit dem Spezialmesser interessierte ihn, denn was sollte ein Tourist damit in Moskau schneiden wollen?
    Er drehte die Klinge aus dem Rohr. Das Messer schien unbenutzt zu sein. Arkadi wurde auf einen leichten Pulvergeruch aufmerksam. Er hielt das Metallrohr ans Licht und erkannte, dass er den Lauf einer Pistole in der Hand hielt. Das Rohr war ein Pistolenlauf! Er ärgerte sich, dass er die getarnte Waffe nicht sofort erkannt hatte.
    Der Handgriff der Minolta ließ sich abschrauben und wies eine Öffnung auf, in die der Lauf genau hineinpasste. An der linken Seite des Handgriffs war eine Bohrung zu erkennen, deren Zweck Arkadi nicht gleich erfasste. Aber dann öffnete er den Plastikbeutel und fischte das merkwürdige Metallstück heraus, das ihm vorhin aufgefallen war. Die Schraube ließ sich in den Pistolengriff drehen, die Waffe war vollständig. Arkadi betätigte probeweise den Abzug, brachte ihn dann in die Ausgangsposition zurück und streifte eines der starken Gummibänder so über die Waffe, dass es den Schlagbolzen nach vorn schnellen lassen musste, sobald er durch einen Druck auf den Abzug freigegeben wurde.
    Die Munition fehlte noch. Passagiergepäck wurde durchleuchtet; wie ließ sich Munition vor jeder Entdeckung sicher durch die Kontrolle bringen? Arkadi öffnete das Etui mit der

Weitere Kostenlose Bücher