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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
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und räumte bestimmten Nichtzionisten besonders niedrige Preise ein.
    Aber die Zionisten bekamen Wind von diesem Plan, überfluteten den Pelzmarkt mit ihrem Geld und ersteigerten das gesamte Zobelangebot.«
    »Und Osborne hat zu diesen Nichtzionisten gehört?«
    »Natürlich. Das ist allerdings schon zehn Jahre her.«
    Von Mendels Fenster aus waren dunkle Risse im Eis auf dem Fluss zu sehen. Arkadi zündete sich eine Zigarette an und warf das Streichholz in den Papierkorb.
    »Wodurch hat Osborne sich als Freund der Sowjetunion erwiesen abgesehen davon, dass er gemeinsam mit deinem Vater heldenhaft vor Leningrad gekämpft hat?«
    »Das dürfte ich dir eigentlich nicht erzählen.«
    »Unter Freunden gibt’s keine Geheimnisse.«
    »Na ja … Vor einigen Jahren ist es zu einem Tauschgeschäft zwischen unserer Organisation und den amerikanischen Nerzfarmern gekommen: zwei amerikanische Nerze gegen zwei russische Zobel.
    Wundervolle Nerze - die Grundlage einer Neuzüchtung in einem unserer Kollektive. Die Zobel waren allerdings noch schöner, denn russische Zobel sind unerreicht. Sie hatten nur einen kleinen Fehler.«
    »Welchen?«
    »Das Zuchtpaar war kastriert und sterilisiert. Die Rechtslage ist eindeutig: Es ist verboten, fortpflanzungsfähige Zobel aus der Sowjetunion auszuführen. Wie konnte man von uns erwarten, dass wir gegen unsere eigenen Vorschriften verstoßen würden? Die amerikanischen Nerzfarmer waren sehr aufgebracht. Sie hatten sogar vor, einen Mann in die Sowjetunion zu schicken, der einige Zobel aus einem Kollektiv stehlen und außer Landes schmuggeln sollte. Aber ein guter Freund hat uns einen Tipp gegeben, so dass wir den Plan seiner Landsleute vereiteln konnten.«
    »Osborne.«
    »Ganz recht. Wir haben unsere Dankbarkeit dadurch bewiesen, dass wir den Zionisten erklärt haben, von nun an sei ein bestimmter Teil des russischen Zobelmarkts für Osborne reserviert. Für geleistete Dienste.«
     
    »Das Flugzeug hat Verspätung.«
    »Verspätung?«
    »Trotzdem ist alles in Ordnung. Du machst dir unnütze Sorgen.«
    »Du etwa nie?«
    »Immer mit der Ruhe, Hans.«
    »Das gefällt mir nicht.«
    »Ob’s dir passt oder nicht, spielt jetzt keine Rolle mehr.«
    »Die neuen Tupolews sind als unzuverlässig bekannt.«
    »Ein Absturz? Du glaubst immer, dass nur die Deutschen gute Ingenieure sind.«
    »Schon eine Verspätung ist riskant. In Leningrad…«
    »Ich bin schon früher in Leningrad gewesen. Ich bin dort mit Deutschen zusammengekommen. Keine Angst, alles klappt wie vorgesehen.«
    Arkadi warf einen Blick auf die Tonbandspule und überzeugte sich davon, dass dieses Gespräch am 2. Februar aufgezeichnet worden war. Osborne hatte mit Hofmann gesprochen, bevor er selbst aus Moskau nach Helsinki abgereist war. Arkadi erinnerte sich daran, dass Hofmann am gleichen Tag nach Leningrad gereist war - offenbar aber nicht mit dem gleichen Flugzeug.
    »Ich bin schon früher in Leningrad gewesen. Ich bin dort mit Deutschen zusammengekommen. Keine Angst, es klappt wie vorgesehen.«
    Wie hat Osborne die drei Deutschen vor Leningrad umgebracht? fragte der Chefinspektor sich.
    Als Arkadi die neuen Osborne-Tonbänder abhörte, erkannte er Jewgeni Mendels Stimme.
    »John, gibst du uns die Ehre, am Vorabend des Ersten Mai als Gast des Ministeriums zu einer Aufführung von >Schwanensee< zu kommen? Es ist wichtig, dort gesehen zu werden. Wir lassen dich unmittelbar nach der Vorstellung zum Flughafen fahren.«
    »Das wäre mir eine große Freude, Jewgeni. Ich komme selbstverständlich.«
    Der Unterschied zu früheren Aufnahmen war auffällig. Im Winter war Osborne boshaft unterhaltend gewesen; im Frühjahr war der gleiche Mann ein langweiliger Jasager, ein geistloser Geschäftsmann.
    Arkadi hörte endlos wiederholte monotone Trinksprüche und endlose, immer langweiliger werdende Unterhaltungen. Aber nachdem er stundenlang zugehört hatte, spürte er eine gewisse Wachsamkeit heraus. Osborne versteckte sich hinter den vielen Worten wie ein Mann, der sich hinter Bäumen verbirgt.
     
    Der Platz der Revolution war früher der Auferstehungsplatz gewesen; das Hotel Metropol hatte früher Grand Hotel geheißen. Arkadi machte Licht. Bettüberwurf und Vorhänge waren aus dem gleichen roten Baumwollstoff. Das Muster des abgetretenen Orientteppichs auf dem Fußboden war kaum noch zu erkennen. Tisch, Kommode und Kleiderschrank hatten abgestoßene Ecken und Brandflecken von Zigaretten.
    »Ist das auch zulässig?« fragte das Zimmermädchen

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