Gorki Park
werden - und erfolglos bleiben.
Arkadi blätterte in Paschas Notizen. Er war sich darüber im klaren, dass er einen anderen sprachkundigen Beamten anfordern musste, der die restlichen deutschen und polnischen Tonbänder und Gesprächsprotokolle überprüfte. Und Fet musste mit den skandinavischen Bändern weitermachen, wenn er nicht gerade zum Rapport bei Pribluda bestellt war. Es gab noch viel zu tun, auch wenn der Chefinspektor selbst nichts tat.
Wer hatte die Tonbänder und Gesprächsprotokolle ursprünglich angefordert? Wer hatte unerschrocken damit gedroht, einen Spitzel des Komitees für Staatssicherheit - noch dazu einen Ausländer! - festnehmen zu wollen? Wer war in Wirklichkeit schuld an Paschas Tod?
Arkadi sah plötzlich rot. Er griff nach einer Schachtel mit Tonbändern und schleuderte sie an die Wand. Ein zweiter, ein dritter Karton folgte. Arkadi griff nach einer Handvoll Spulen und warf sie hoch, so dass die dunkelbraunen Magnetbänder sich wie Luftschlangen abrollten.
Unbeschädigt blieb nur der Karton, der erst an diesem Tag abgeliefert worden war. Er enthielt lauter neue Aufnahmen. Arkadi fand ein Tonband mit Aufzeichnungen aus Osbornes Suite im Hotel Rossija, das erst zwei Tage alt war.
Er würde seine Pflicht tun. Er würde weitermachen.
Das erste aufgezeichnete Gespräch war sehr kurz.
Arkadi hörte ein Klopfen; dann wurde eine Tür geöffnet, und Osborne begrüßte eine Besucherin. »Oh, hallo.«
» Wo ist Valeria?«
»Augenblick, ich komme gleich. Ich wollte eben einen Spaziergang machen.«
Die Tür fiel ins Schloss.
Arkadi hörte sich die Aufnahme immer wieder an, weil er die Stimme des Mädchens von Mosfilm erkannte.
Arkadi traf sich mit Schwan in einer Stehkneipe und gab ihm Fotos von James Kirwill, Kostja Borodin und Valeria Dawidowa. Einige der um diese Zeit schon Betrunkenen starrten sie mit blutunterlaufenen Augen an. Schwans schwarzer Rollkragenpullover ließ seinen Hals und seine Handgelenke noch dünner erscheinen, und Arkadi fragte sich, welche Überlebenschancen Schwan als Spitzel hatte. Wo Arbeiter tranken, traten Milizionäre stets nur zu zweit auf.
»Das ist bestimmt schwierig für Sie«, meinte Schwan.
»Für mich?« Arkadi war überrascht.
»Für einen empfindsamen Menschen wie Sie.«
Arkadi überlegte, ob das ein homosexueller Annäherungsversuch war. »Hör dich nach diesen Leuten um, verstanden?« Er warf einige Geldscheine auf den Tisch und ging.
Irina Asanowa wohnte im Keller eines noch nicht ganz fertiggestellten Wohnblocks in der Nähe des Hippodroms. Als sie die Treppe heraufkam, sah Arkadi ihre großen dunklen Augen auf sich gerichtet und konnte die schwachblaue Verfärbung auf ihrer rechten Wange betrachten. Die Stelle war klein genug, um sich mit Makeup überdecken zu lassen; unabgedeckt verlieh sie den dunklen Augen der jungen Frau einen bläulichen Schimmer. Ihre abgetragene Jacke flatterte im Wind.
»Wo ist Valeria?« fragte Arkadi.
»Valeria … wer?« Ihre Stimme versagte.
»Sie gehören nicht zu den Leuten, die gestohlene Schlittschuhe der Miliz melden würden«, stellte er fest. »Sie gehören zu denen, die einen weiten Bogen um die Miliz machen. Sie hätten Ihre Schlittschuhe nicht als gestohlen gemeldet, wenn Sie nicht Angst gehabt hätten, sie könnten zu Ihnen zurückverfolgt werden.«
»Was werfen Sie mir vor?«
»Dass Sie gelogen haben. Wem haben Sie Ihre Schlittschuhe geliehen?«
»Hören Sie, ich verpasse meinen Bus.« Sie wollte sich an ihm vorbeidrängen.
Arkadi griff nach ihrer Hand, die warm und weich war. »Wer ist also diese Valeria?«
»Wie bitte? Wen meinen Sie? Ich weiß nichts - und Sie auch nicht.«
Sie riss sich los.
Auf dem Rückweg kam Arkadi an einer ganzen Reihe junger Frauen vorbei, die an der Bushaltestelle warteten.
Im Vergleich zu Irina Asanowa waren sie mausgrau und unscheinbar.
Im Ministerium für Außenhandel erzählte Arkadi Jewgeni Mendel eine Geschichte.
»Vor ein paar Jahren hat ein amerikanischer Tourist das Dorf besucht, in dem er geboren war - ein kleines Nest fast zweihundert Kilometer von Moskau entfernt -, und ist dort tot umgefallen. Es war Sommer, und die Dorfbewohner hielten es für besser, ihn in die Kühlanlage zu stecken. Du kennst ja diese Milchkühlanlagen auf Dörfern. Sie haben in Moskau angerufen, und das Außenministerium hat sie angewiesen, nichts zu unternehmen, bis die speziellen Formulare für den Tod von Touristen gekommen seien.
Einige Tage vergehen, ohne dass die
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