Gorki Park
Schreibgarnitur:
Füller und Drehbleistift aus 14karätigem Gold, das für Röntgenstrahlen undurchdringlich war. Die beiden Schreibgeräte waren nur scheinbar funktionsfähig. In ihrem hohlen Inneren steckten Kleinkaliberpatronen - drei in dem Füller und zwei in dem Drehbleistift. Arkadi steckte eine in den Pistolenlauf und schob sie mit dem Füller nach hinten.
Aber der Schuss wäre so zu laut gewesen. Arkadi hatte nur seinen gedämpften Knall gehört, als Kirwill unter der U-BahnBrücke auf ihn geschossen hatte. Irgendwo musste ein Schalldämpfer versteckt sein.
In einer Filmpackung? Nein, die waren zu kurz. Er riss das amerikanische Toilettenpapier auf. In der zweiten Rolle steckte statt der Pappröhre ein schwarzer Plastikzylinder mit einem Gewinde, das auf das Metallrohr passte.
Insgesamt eine primitive einschüssige Handfeuerwaffe für Entfernungen unter fünf Meter. Arkadi war eben dabei, den Schalldämpfer aufzuschrauben, als die Zimmertür geöffnet wurde. Er zielte mit der Waffe auf William Kirwill.
Der Amerikaner schloss die Tür, indem er sich dagegenlehnte. Er betrachtete den aufgebrochenen Koffer, das abgedeckte Telefon und die Schusswaffe in Arkadis Hand. Nur seine wachen blauen Augen verrieten seine Intelligenz - ansonsten wirkte er eher grob: ein gerötetes, kantig geschnittenes Gesicht, ein stämmiger, muskulöser Körper, große Hände und Füße. Auf den ersten Blick ein Soldat, auf den zweiten ein Offizier. Arkadi wusste, dass dies der Mann war, den er im Gorki-Park gestellt und über die Moskwa verfolgt hatte. Kirwills Regenmantel stand offen und ließ erkennen, dass der Amerikaner darunter eine graue Flanellhose und ein rosa Sporthemd trug.
»Ich bin ein bisschen früher als geplant zurückgekommen«, sagte Kirwill auf Englisch. »Draußen regnet’s wieder, falls Ihnen das entgangen sein sollte.«
Er nahm seinen schmalkrempigen Hut ab, um die Regentropfen abzuschütteln.
»Nein!« Arkadi sprach Russisch. »Werfen Sie mir den Hut her.«
Kirwill zuckte mit den Schultern. Der Hut landete vor Arkadis Füßen. Arkadi tastete mit einer Hand das Schweißband ab.
»Ziehen Sie Ihren Mantel aus und lassen Sie ihn auf den Boden fallen«, wies Arkadi ihn an. »Stülpen Sie Ihre Taschen um.«
Der Amerikaner gehorchte wortlos. Er ließ seinen Regenmantel auf den Fußboden fallen, leerte seine Hosentaschen aus und warf Zimmerschlüssel, Geldbörse und einige Münzen auf den Mantel.
»Schieben Sie ihn mir mit dem Fuß her«, verlangte Arkadi. »Aber langsam!«
»Sie sind ganz allein, was?« fragte Kirwill in akzentfreiem Russisch, während er den Regenmantel vor sich herschob.
Arkadi ließ den Amerikaner auf etwa zweieinhalb Meter herankommen, gab ihm ein Zeichen, er solle stehen bleiben, und zog den Mantel zu sich heran. Kirwills Hemdsärmel waren hochgekrempelt und ließen sommersprossige breite Handgelenke erkennen, deren rote Behaarung allmählich grau wurde.
»Keine Bewegung!« befahl Arkadi ihm.
»Keine Angst, ich laufe nicht weg«, versicherte Kirwill ihm sarkastisch.
Der Reisepass des Amerikaners steckte in der Manteltasche. In Kirwills Geldbörse fand Arkadi drei Kreditkarten, einen New Yorker Führerschein, einen Kraftfahrzeugschein und einen Zettel mit den Telefonnummern der amerikanischen Botschaft und zweier amerikanischer Nachrichtenagenturen.
Außerdem 800 Rubel in bar - eine Menge Geld.
»Wo haben Sie Ihre Geschäftskarten?« erkundigte Arkadi sich.
»Ich reise zum Vergnügen. Mir gefällt’s hier.«
»An die Wand!« wies Arkadi ihn an. »Gesicht zur Wand, Hände hoch, Beine spreizen.«
Kirwill gehorchte langsam, und Arkadi ließ ihn sich gegen die Wand stützen, bevor er ihn nach Waffen abtastete. Der Mann hatte Muskeln wie ein Bär.
Arkadi trat zwei Meter zurück. »Umdrehen und Schuhe ausziehen.«
Kirwill zog seine Schuhe aus, ohne Arkadi und die Pistole aus den Augen zu lassen.
»Soll ich sie Ihnen überreichen oder mit der Post schicken?« fragte der Amerikaner.
Unglaublich! dachte Arkadi. Der Mann wäre tatsächlich bereit, einen sowjetischen Kriminalbeamten in einem Zimmer des Metropol anzufallen.
»Setzen Sie sich.« Arkadi zeigte auf einen Stuhl neben dem Kleiderschrank.
Er merkte, dass Kirwill die Chancen für einen Überraschungsangriff abzuschätzen versuchte.
Kriminalbeamte besaßen Dienstwaffen und sollten regelmäßig auf dem Schießstand üben; Arkadi trug seine Pistole nie und hatte seit seiner Militärzeit nicht mehr geschossen. Sollte er auf
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