Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming
bis Becky, Kris und Morgan da mitspielten. Dennoch bekam Kris sechs Monate wegen Missachtung des Gerichts, nachdem er den Richter als »beschissenes rechtsradikales Nazi-Arschloch« bezeichnet hatte. Er verbüßte seine Strafe in einem anderen Gefängnis, irgendwo nördlich von hier. Jesus hoffte,
dass es ihm gut ging und dass er trotz der Kugel in der Schulter bald wieder Bass spielen konnte. Befremdlicherweise hatte Morgan seine Geschichte über die Zeit in »der Sekte« an eine Boulevardzeitung verkauft und behauptet, man habe ihn zu einem »Initiationsritual« gezwungen und ihn einer Gehirnwäsche unterzogen, lauter solche Sachen. Mann, war das lustig! Hoffentlich hatte der gute alte Morgs einen Haufen Kohle dafür bekommen und war jetzt, wo immer er auch sein mochte, froh und glücklich. Vielleicht wäre es besser, rauf zum H zu gehen, als runter zum E ...
»Hey, du.«
Jesus blickt von der Zeitung auf. Es ist Tommy, der Wärter, der ihn anfangs so mies behandelt und ihm mit einem fiesen Grinsen im Gesicht verklickert hatte, dass die Insassen hier drin gerne mal durchdrehen. Tommy war da keine Ausnahme: Die Wärter glaubten das Zeug, das sie in der Zeitung lasen. Inzwischen ist Tommy total nett zu JC. Wie die meisten anderen auch. Wenn man lange genug in Jesus’ Nähe war ...
»Wie geht’s?«
»Gut, Tommy. Was läuft? Hat deine Kleine die Windpocken gut überstanden?«
»Ja, ich glaube, sie ist jetzt auf dem Weg der Besserung. Äh, du hast Besuch ...«
»Besuch? War doch keiner angemeldet, oder?«
»Nein. Wurde in letzter Minute genehmigt. Es ist gegen die Vorschrift, aber der Gouverneur hat wohl beschlossen, ein Auge zuzudrücken, angesichts deiner bevorstehenden ... na ja, du weißt, was ich meine.«
»Wow. Wer ist es? Nein, sag nichts. Ich könnte eine kleine Überraschung gebrauchen.«
In Handschellen geht es den kahlen Gang zum Besuchszimmer hinunter. Die Tür öffnet sich, und ein breites Grinsen stiehlt sich auf Jesus’ Gesicht, als eine Frau ihm mit weit ausgebreiteten Armen entgegenläuft.
»Becky«, sagt er.
2
D IE HABEN MICH WIE EINE KRIMINELLE BEHANDELT, mich wieder und wieder verhört. Die Jungs auch - Kinderpsychologen und Gott weiß wer haben so ziemlich alles ausprobiert, was ihnen einfiel, damit die Kleinen aussagen, dass ihnen was Schlimmes angetan wurde. Schweinepriester. Drei Monate waren die Kinder nicht bei mir, erst in einem Heim, dann bei einer Pflegefamilie. Danny sagt, das Heim sei schrecklich gewesen, aber die Pflegeeltern waren nett. Ich meine ... all die Jahre, in denen ich getrunken und Drogen genommen habe, ist es mir gelungen, die Jungs bei mir zu behalten. Und dann, wenn man clean und trocken ist und hart arbeitet und gesund lebt, da kommen sie und ... deine eigene Regierung. Weißt du?«
»Oh ja. Ich weiß.« Jesus lächelt. Becky betrachtet ihn mit tränenfeuchten, rotgeweinten Augen in diesem orangefarbenen Overall, versucht sich ebenfalls an einem Lächeln. Wieder putzt sie sich die Nase.
»Nächste Woche besuche ich Kris.«
»Ja? Bestell dem Dicken einen schönen Gruß. Verdammt, er hat dermaßen abgenommen. Ich hoffe, er legt nicht gleich wieder zu.«
»Ich wäre schon früher hingefahren, aber es ist ’ne ganz schön weite Reise, und ich bin etwas knapp, was Benzingeld
angeht. Du weißt, dass nach wie vor all unsere Konten gesperrt sind?«
»Hör mal, Becky, du hast doch mitbekommen, dass Morgan seine Geschichte verkauft hat ...«
»Dieser Scheißkerl. Wenn ich ...«
»Wieso machst du das nicht auch?«
»Bist du bescheuert? Dieser verlogene ...«
»Ernsthaft. Sieh zu, was für dich drin ist. Wenn du Geld brauchst, hol raus, was du rausholen kannst.«
»Damit sie alles verdrehen und du am Ende wie ein Geisteskranker dastehst und ...«
»Becky ... na und? Das ist doch sowieso nur irgendein Scheiß, der in der Zeitung steht. Sei nicht so streng mit Morgan. Wahrscheinlich brauchte er die Kohle. Hör mal ... Ich möchte, dass du Kontakt zu ihm aufnimmst und ...«
»Nie im Leben spreche ich mit dem auch nur ein ...«
»Finde ihn und sag ihm, dass zwischen uns alles cool ist. Und dass ich ihn liebe. Versprich’s mir, Becks.«
»Fuck, ich ... okay. Versprochen.«
»Braves Mädchen.«
Eine Pause, dann zupft Becky am Taschentuch herum, ohne ihn anzusehen, während sie sagt: »Ich möchte dich was fragen, JC. Warum sind wir beide eigentlich nie zusammengekommen? «
»Hm?«
»Du hast mich nie angebaggert.«
»Na ja, wir sind befreundet.«
»Komm
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