Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming
und sieht den langen Gewehrlauf, der keinen halben Meter neben seiner Schulter aus dem Fenster ragt. Es ist Deek Rennet, der mit grässlichem Grinsen im Gesicht immer weiterschießt. Ich hätte auf die Warnung hören und sie rausschmeißen sollen. Verzeiht mir. Plötzlich hören die Schüsse auf. Das Gewehr verschwindet im Fenster, als Deek das nächste Magazin einschieben will, doch Jesus hechtet los, greift hinein, packt den Lauf, reißt daran und zerrt das Gewehr nach draußen, wo es auf den Boden fällt. Jesus hebt das Gewehr auf und schleudert es so weit wie möglich von sich weg. Als er sich wieder in den Graben fallen lässt, sieht er, dass Deek ihn durch das Fenster anschreit und hinter sich langt, um eine verchromte Pistole zu ziehen. Becky.
Ich hätte auf Becky hören und alle Waffen in den See werfen sollen. Verzeiht mir. Deek zieht den Schlitten der Pistole zurück und richtet sie auf Jesus. Doch in diesem Augenblick ertönt von irgendwo hinter und über ihm eine Explosion von Schüssen. Deek Rennet scheint sich in rosa Nebel aufzulösen, als der Kampfhubschrauber, dessen MG noch immer aus allen Rohren feuert, direkt über sie hinwegdonnert. Ein Regenbogen brennender Leuchtspurgeschosse legt das Gebäude in Schutt und Asche, der Helikopter fliegt über das Dach davon und hinein in den texanischen Himmel, während sich die großen Windrotoren im Hintergrund gleichmütig drehen.
Bob erreicht die Tür, die in die Eingangshalle führt. Es ist die Hölle. Brennende Balken fallen herab, der Weihnachtsbaum liegt auf der Seite, Flammen züngeln vom Boden bis zur Decke. Scheiß drauf. Bob stürzt sich in das Inferno - keine Zeit, zu kriechen oder irgendwo Deckung zu suchen, nur ein wilder Sprint –, hält sich das nasse T-Shirt vors Gesicht und fühlt, wie die Haut an seinen Händen versengt. Er stürmt mitten hindurch, schreit auf, als er spürt, wie ihn zwei, drei Kugeln in die Seite treffen - Oberschenkel, Unterleib, Oberarm – , und hofft, dass er die Kraft hat durchzuhalten. Er bricht durch die Tür und wirft sich auf den Boden. Der Qualm ist so dick, dass er gerade einen halben Meter weit sehen kann. Doch Bob kriecht weiter vorwärts, sein linkes Bein ist inzwischen taub, der Stiefel füllt sich mit Blut, und da sieht er sie: Miles und Danny, noch immer unter dem Bett. Brave, kleine Jungs, die nur das tun, was ihre Mom ihnen sagt. Danny weint, er hält seinen kleinen Bruder im Arm, der bewusstlos an seiner Schulter lehnt, die Lippen blau im milchweißen Gesicht. Bob sammelt die beiden ein, das Bettzeug über ihnen ist inzwischen glühend heiß.
Die Zeit läuft ihm davon, in vielerlei Hinsicht.
Die Wand mit dem Fenster. Vergiss es. Das Fenster schmilzt, der Raum ist ein einziger Glutofen.
Durch die Halle kann er auch nicht mehr, er hat es ja kaum hierher geschafft.
Die Rückwand des Schlafzimmers, sie ist aus Holz, dahinter der Hof.
Bob zielt mit der M16 und feuert das ganze Magazin in die Wand, in der vagen Hoffnung, dass auf der anderen Seite niemand steht, der ihm etwas bedeutet. Er rammt das nächste Magazin hinein und schießt auch das leer, dann noch eins. Er feuert fast hundert Kugeln durch die Holzwand, eine Garbe nach der anderen, aus nächster Nähe. Sengender Schmerz an seiner Linken, Flüssigkeit - Blut - schwappt in seinen Lungen, als er sich die Jungen greift und aufsteht, aufs rechte Bein gestützt, weil das linke fast nicht mehr will. Er nimmt Anlauf und springt, dreht sich mitten in der Luft, als er die Wand rammt. Danny schreit »Mama!«, und auch Bob schreit, als er mit der rechten Schulter gegen die durchlöcherten, qualmenden Balken stößt, sich mit seinen eins neunzig und seinen gut hundert Kilo dagegenwirft.
Draußen sehen Morgan und Becky staunend, wie wenige Meter vor ihnen die Rückwand des Hauses zu explodieren scheint und Bob herausfliegt - die Jungs an seine Brust gedrückt.
Mit dem unwirklichen Gefühl, aus einer schwarzen, brodelnden Hölle von jetzt auf gleich in hellen, klaren Sonnenschein einzutauchen, presst Bob noch immer die Kinder an sich, während er zwei Meter weit durch die kalte Winterluft fliegt und sich die Hüfte bricht, als sie auf dem Betonweg landen. Miles schlägt sich dabei die Stirn auf, kommt aber hustend und würgend wieder zu Bewusstsein. Die Kids wollen sich aufrappeln und wegrennen, doch Bob drückt sie weiter an sich, weil er weiß, dass der Feuersturm noch immer tobt. Dann hört er Becky, die weinend zu ihnen herüberkriecht, und er lässt
Weitere Kostenlose Bücher