Gott geweiht
wurde.«
»Also ist das gut, oder?«, fragte Butts.
»Nicht unbedingt. Er wird dadurch auch gefährlicher und unberechenbarer.«
»Und was jetzt?«, fragte Chuck.
»Na ja«, antwortete Lee, »hoffen wir mal, dass er übermütig wird.«
»Hochmut kommt vor dem Fall«, murmelte Florette.
»So etwas in der Art, ja«, stimmte Lee zu. Er blickte durchs Fenster in den sonnenlosen Himmel hinauf.
Auf dem Weg von der U -Bahn-Station nach Hause klingelte Lees Handy. Auf dem Display stand ›Fiona‹. Das war seltsam – sie hasste Handys und rief ihn nie auf seinem an, sondern immer auf dem Festnetz.
»Hallo?«
»Lee?« Seine Mutter klang mitgenommen, ihre Stimme zitterte.
»Was ist los?«
»Es geht um Groucho. Er ist –« Ihre Stimme kippte, und er konnte ein ersticktes Schluchzen hören.
»Was ist passiert?«
»Ich weiß es nicht. Ich konnte ihn gestern Abend nicht finden, und heute habe ich ihn unter der Weide entdeckt.« Ein weiteres ersticktes Schluchzen, dann sprach sie weiter. »Ich weiß nicht, ob ich mir das einbilde, aber ich glaube, er ist vergiftet worden.«
»Dein Freund Stan von nebenan soll ihn zum Tierarzt bringen und eine Autopsie machen lassen.«
»Findest du das albern? Ich weiß, er ist nur ein Kater, aber –«
»Nein, das ist ganz und gar nicht albern! Wie geht es Kylie?«
»Sie ist sehr mitgenommen und bleibt heute bei ihrem Vater.«
»Okay, hör mir genau zu. Du rufst jetzt Stan an und sagst ihm, dass er Groucho für eine Autopsie zum Tierarzt bringen soll – und sag Bescheid, sobald du ein Ergebnis hast, okay? Danach gehst du sofort zu George und bleibst bei ihm.«
»Aber –«
»Bitte! Mach, was ich dir sage, um Gottes willen!«
»In Ordnung«, sagte sie kleinlaut.
»Ich ruf dich in einer Stunde an und frag, wie es gelaufen ist. Und gib um Himmels willen den Polizeibeamten Bescheid, wo du hingehst, falls sie dich auf dem Weg verlieren, hörst du?«
»Okay. Was denkst du …?«
»Ich weiß es nicht. Aber bitte, geh kein Risiko ein.«
»Nein, mach ich nicht. Alles ist in Ordnung, Stan ist schon hier bei mir.«
»Gut – sieh zu, dass er da bleibt.« Je mehr Menschen er um seine Familie scharen konnte, desto sicherer war sie. Der Schlitzer, wer auch immer er sein mochte, erging sich nicht in leeren Drohungen.
KAPITEL 46
Die Ergebnisse des Tierarztes aus Jersey bestätigten Lees Verdacht: Der Kater war wirklich vergiftet worden, im Dosenthunfisch fand man Arsen. Armer Groucho, er hat Thunfisch nie widerstehen können , hatte Lees Mutter am Telefon gesagt. Es gab natürlich keine Möglichkeit herauszufinden, wer der Täter gewesen war – aber für Lee bestand da kein Zweifel. Er ermahnte seine Mutter, bei George zu bleiben und das Haus nicht ohne Polizeischutz zu verlassen.
Das Meeting in Chucks Büro am nächsten Tag verlief recht planlos. Es schien keinerlei Möglichkeit zu geben, den Schlitzer zu stoppen – ja, er schien im Gegenteil gerade erst Fahrt aufzunehmen. Chuck benachrichtigte alle Revierleiter in Manhattan und bat um Wachsamkeit, doch niemand glaubte daran, dass es etwas nützen würde.
Lange nachdem die Dunkelheit sich über die Stadt gesenkt hatte, schickte Chuck die Männer nach Hause. Der Bürgermeister hatte für den nächsten Tag eine Pressekonferenz einberufen, und Chuck musste sich noch in der Nacht mit ihm treffen und ihn über den Fortschritt der Ermittlungen aufklären – beziehungsweise über den Mangel an Fortschritten.
Als alle das Büro verließen, winkte Chuck Lee zu sich.
»Hast du kurz Zeit?«
»Klar – worum geht’s?«
Chuck blickte zu Boden und musterte seine Schuhe. »Ich mach mir Sorgen um dich.«
»Chuck, ich –«
»Nein, hör mir einfach kurz zu, okay? Ich war bereit zu glauben, dass der Angriff in der U-Bahn nichts mit dem Fall zu tun hatte, aber nach dem Vorfall in Jersey denke ich, dass wir realistisch sein müssen, Lee – er hat es auf dich abgesehen.«
»Aber warum denn gerade auf mich?«
»Das frage ich mich auch schon die ganze Zeit, und ich weiß darauf keine Antwort. Aber es wird langsam zu gefährlich für dich. Ich denke, es wäre am besten, wenn du –«
»Ich weiß, was jetzt kommt. Aber nun hör du mir mal zu. Ich brauche diesen Fall, okay? Ich würde es nie verwinden können, wenn wir den Kerl gewinnen lassen. Außerdem wissen wir doch gar nicht, ob derjenige, der hinter mir her ist, wirklich der Schlitzer ist oder nicht.«
Chuck verschränkte die Arme vor der Brust. »Nein, das wissen wir nicht. Aber was
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