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Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt

Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt

Titel: Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Müller
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Staat und Kirche noch das besondere kirchliche Ausnahmerecht erwähnt.
    So kommen die Initiativen, das kirchliche Arbeitsrecht auch auf Bundesebene zu einem Thema zu machen, eher von anderer Seite. Es ist ein Zufall: Das, was die Kommunalpolitik im Frühling 2012 im Kleinen in Rauschendorf zu klären versucht, ist zur selben Zeit Thema im Bundestag. Denn die Linke hat einen Antrag eingebracht mit dem Titel »Grundrechte der Beschäftigten von Kirchen und kirchlichen Einrichtungen stärken«. Darin kritisieren die Abgeordneten das kirchliche Arbeitsrecht. Sie schreiben, es biete ein »wesentlich geringeres Schutzniveau für die Beschäftigten als in ›normalen‹ Privatunternehmen«. Der angefügte Gesetzentwurf spricht sich vor allem für eine einheitliche Rechtsprechung aus und verlangt, den generellen Ausschluss der Religionsgesellschaften und ihrer karitativen und erzieherischen Einrichtungen vom Betriebsverfassungsgesetz aufzuheben. Außerdem fordert die Linke, dass eindeutig klargestellt wird, dass die Aufhebung von Diskriminierungsverboten nur dann möglich sein darf, wenn die Religion der betreffenden Person eine »wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte Anforderung« für ihren Beruf darstellt. Weiterhin solle man dafür Sorge tragen, dass das Streikrecht für Beschäftigte von Kirchen, kirchlichen Einrichtungen und sonstigen Religionsgesellschaften gewährleistet wird.
    Während die Eltern in Rauschendorf weiter mit der Kommunalpolitik diskutieren, findet in Berlin vor dem Ausschuss für Arbeit und Soziales eine öffentliche Anhörung zum Thema kirchliches Arbeitsrecht statt. Geladen sind auch Vertreter der beiden großen Kirchen: Ein Bevollmächtigter des Rates der evangelischen Kirche in Deutschland und ein Vertreter des Kommissariats der deutschen Bischöfe.
    Als Fazit gibt der Deutsche Bundestag am Ende folgenden Kernsatz bekannt: »Experten nennen Arbeitsrecht der Kirchen angemessen.« Im Detail heißt es: Der Bevollmächtigte des Rates der evangelischen Kirche Deutschland bei der Bundesrepublik und der EU, Reinhard Haas, und Norbert Kleyboldt vom Kommissariat der deutschen Bischöfe befürworteten den Dritten Weg. Er sei ein dem Tarifvertragssystem gleichwertiges Verfahren, das dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen gerecht werde. Auch Gregor Thüsing, Professor für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit, bewertete den Dritten Weg als »stimmig und systematisch richtig«. Nicht erwähnt wird hier allerdings, dass Gregor Thüsing der stellvertretende Vorsitzende des größten deutschen kirchlichen Arbeitsgerichtes in Hamburg ist und somit dort für innerkirchliche Gerichtsverfahren zuständig, die im kollektiven Arbeitsrecht der Kirche wurzeln.
    Doch auch die Kritiker des kirchlichen Arbeitsrechts werden in der Stellungnahme aufgeführt: Thomas Schwendele, ein Mitarbeitervertreter des Caritasverbandes, habe zu bedenken gegeben, dass es zwar negative Konsequenzen für die Mitarbeiter haben könne, den Dritten Weg von jetzt auf gleich aufzugeben, dass das System aber nicht ohne Schwierigkeiten sei. »So hätten aufgrund des politisch verordneten Wettbewerbs in der Sozialbranche auch kirchliche Träger wie die Caritas begonnen, Teile ihrer Betriebe auszugründen, um etwa neu Eingestellte nicht mehr nach den Arbeitsvertragsrichtlinien bezahlen zu müssen.« Deutliche Kritik sei außerdem vom Sozialwissenschaftler Hermann Lührs gekommen. Sollte der Dritte Weg beibehalten werden, würde sich die »Abwärtsspirale zunehmend weiterdrehen«, warnte er. Der Lohnkonflikt nehme Einzug in das Kommissionensystem und könne dort nicht ausbalanciert werden. Auch der Einzelsachverständige Wolfgang Lindenmaier, ein Mitarbeitervertreter aus der arbeitsrechtlichen Kommission der Diakonie, wies auf »strukturelle Benachteiligungen« in den Kommissionen der Mitarbeiterseite hin.
    Das Fazit »Experten nennen Arbeitsrecht der Kirchen angemessen« ist nach der Zusammenfassung dieser Einschätzungen erstaunlich optimistisch.
    Wie die offizielle Position der Parteien zum Thema »kirchliches Arbeitsrecht in öffentlichen Einrichtungen« lautet, hat der »Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten« (IBKA) im Vorfeld der Bundestagsanhörung gefragt. Der IBKA ist ein religionskritischer Verein mit etwa tausend Mitgliedern, der sich für die konsequente Trennung von Staat und Religion sowie die weltanschauliche Neutralität des Staates einsetzt. Für eine Publikation zum Thema stellten die

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