Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt
die Art und Weise wie er eine Diagnose verkündet, die ist auch entscheidend.« Und da sei der Glaube nicht zu unterschätzen. Und deshalb fange man auch an, die Mitarbeiter darin zu schulen, weil man die Defizite sehe. Für leitende Angestellte gebe es deshalb inzwischen entsprechende Weiterbildungskurse im christlichen Glauben.
Björn Seelbach von der SPD in Königswinter sieht das anders. »Das kann so nicht funktionieren.« Und dann sagt er den Satz, den man in diesem Jahr sehr oft hört: »Bei einer hundertprozentigen Finanzierung gilt einfach: Wer bezahlt, bestimmt die Musik. Und das ist hier die öffentliche Hand, die mit den Beiträgen und Steuern der Eltern die Einrichtungen finanziert. Die muss vor allem Wert auf Qualität legen und nicht auf Kriterien am Rande, die dazu führen, dass man sich bei der Personalauswahl tragisch einengt.«
Dass er mit seiner grundsätzlichen Kritik nicht die Position seiner Partei vertritt, weiß Björn Seelbach. Aber er weiß auch, dass es mal Zeiten gab, in denen das anders war. Denn im Grundsatzprogramm der SPD von 1989 steht noch folgende Passage: »Die Sozialdemokratische Partei erkennt die besondere Bedeutung und rechtliche Stellung an, die das Grundgesetz den Kirchen und Religionsgemeinschaften einräumt. In Verkündigung, Seelsorge und Diakonie sind die Kirchen und Religionsgemeinschaften eigenständig und keiner staatlichen Einflussnahme unterworfen.« Aber: »Wer sich zu keiner Religion bekennt, darf nicht benachteiligt werden. Allgemein geltende Arbeitnehmerrechte müssen auch in Einrichtungen der Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften gewährleistet sein.«
Knapp zwanzig Jahre später, im Grundsatzprogramm von 2007, ist dieser Satz verschwunden. Dort heißt es inzwischen zum selben Thema: »Für uns ist das Wirken der Kirchen, der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften durch nichts zu ersetzen, insbesondere wo sie zur Verantwortung für die Mitmenschen und das Gemeinwohl ermutigen und Tugenden und Werte vermitteln, von denen die Demokratie lebt. Wir suchen das Gespräch mit ihnen und, wo wir gemeinsame Aufgaben sehen, die Zusammenarbeit in freier Partnerschaft.« Von Arbeitnehmerrechten ist keine Rede mehr. Stattdessen steht dort jetzt: »Wir achten ihr Recht, ihre inneren Angelegenheiten im Rahmen der für alle geltenden Gesetze autonom zu regeln.«
Auch die FDP stand lange für Kirchenferne, besonders klar zu erkennen war das 1974 im Parteitagsbeschluss »Freie Kirche im Freien Staat«. Das Papier forderte die klare Trennung von Staat und Religion, unter anderem den Ersatz der Kirchensteuer durch Mitgliedsbeiträge. In Punkt 9 hieß es damals auch: »Bildung, Krankenpflege und soziale Versorgung sind öffentliche Aufgaben. Das Recht der freien Träger, in diesen Bereichen tätig zu sein, muss gewährt werden – allerdings ohne Vorrangstellung. (…) Die öffentliche Hand muss sicherstellen, dass eine ausreichende Anzahl von Einrichtungen bereitsteht, um den Bedarf an weltanschaulich neutralen, jedermann zugänglichen Einrichtungen zu decken. Soweit Einrichtungen der freien Träger öffentlich gefördert werden, müssen sie allgemein zugänglich sein; Andersdenkende dürfen keinerlei Benachteiligungen oder Zwängen ausgesetzt sein.«
Heute ist es innerhalb der FDP kein Widerspruch mehr, liberal und gläubig zu sein. Parteichef Philipp Rösler ist Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Seit 2009 gibt es den Arbeitskreis Christen in der FDP. Ihm gehört inzwischen über die Hälfte aller Fraktionsmitglieder an.
Im aktuellen Parteiprogramm lautet der einzige Satz zum Thema: »Die Liberalen setzen sich über die Gewährleistung von Religionsfreiheit und der Gleichbehandlung von Religionen hinaus für eine größtmögliche Trennung von Kirche und Staat ein.«
Die Grünen schlugen noch 1990 in der parlamentarischen Kommission, die eine Verfassung für das vereinigte Deutschland erarbeiten sollte, einen neuen Artikel 9a vor. Er sollte die Trennung von Staat und Kirche festschreiben. »Absatz 1: Staat und Kirche sind getrennt. Absatz 2: Die Freiheit der Kirchen und Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Sie ordnen und verwalten ihre Angelegenheiten selbstständig innerhalb der Schranken der Verfassung und der für alle geltenden Gesetze. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Kirchen und Religionsgesellschaften gilt das allgemeine Arbeits- und Sozialrecht.«
Im aktuellen Parteiprogramm wird weder das Verhältnis von
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