Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt
Konfessionslosen unter anderem die folgenden zwei Fragen an die im Parlament vertretenen Parteien:
1. In Sozialeinrichtungen in kirchlicher Trägerschaft hat das Betriebsverfassungsgesetz keine Gültigkeit. Halten Sie diese Regelung generell für gerechtfertigt?
2. Ein knappes Drittel der Bevölkerung ist mittlerweile konfessionslos; im Osten Deutschlands beträgt der Anteil sogar über zwei Drittel. Für diesen Personenkreis besteht nicht (oder nur sehr eingeschränkt) die Möglichkeit, in Sozialeinrichtungen in kirchlicher Trägerschaft zu arbeiten, obwohl diese aus öffentlichen Mitteln finanziert werden. Werden in Ihrer Partei konkrete Maßnahmen diskutiert, hier Abhilfe zu schaffen?
Und das antworteten die Parteien:
Maria Flachsbarth, Kirchenbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion:
Vielen Dank für Ihre Anfragen im Hinblick auf das kirchliche Arbeitsrecht. Als Beauftragte der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag für Kirchen und Religionsgemeinschaften möchte ich Ihnen gerne grundsätzlich darauf antworten: Wir achten die verfassungsrechtliche Bestimmung, nach der die Kirchen und Religionsgemeinschaften ihre Angelegenheiten selbstständig ordnen und verwalten können (Art. 140 GG i. V. Art 137 Abs. 3 WRV). Zur Wahrnehmung dieses kirchlichen Selbstbestimmungsrechtes gehört auch die Ausgestaltung ihrer Dienstverhältnisse, die durch die Rechtsprechung wiederholt bestätigt wurde. An dieser bewährten staatskirchenrechtlichen Regelung halten wir fest und lehnen die Änderungsvorschläge, wie sie beispielsweise im Antrag der Bundestagsfraktion DIE LINKE (Drs. 17/5523) vorgesehen sind, ab. Dies ist im Übrigen auch Ausdruck unserer Wertschätzung gegenüber den vielfältigen Leistungen, welche die Kirchen gerade durch die von Ihnen angesprochenen Sozialeinrichtungen in kirchlicher Trägerschaft leisten und die allen Bürgerinnen und Bürgern unserer Gesellschaft unabhängig von ihrem Glauben zugutekommen. Die Kirchen leisten durch diese und zahlreiche andere Dienste einen erheblichen Beitrag für das Gemeinwohl, den der Staat kaum oder nur mit größten Anstrengungen selbst schultern könnte. Es entspricht dem Prinzip der Subsidiarität unseres Sozialstaates, dass freie Träger gesellschaftliche und staatliche Aufgaben wahrnehmen und dass die Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft ebenso wie andere freie Träger auch Zuschüsse für Leistungen, die sie im oben angeführten Sinne für die Gesamtgesellschaft erbringen, erhalten.
Die Sachverhalte der von Ihnen gestellten Fragen fallen alle in den Bereich der von den Kirchen und Religionsgemeinschaften selbst auszugestaltenden Regelungen ihrer Arbeitsverhältnisse. Nach unserer Auffassung sollte es aus gutem Grund Sache der Kirchen selbst bleiben, die Einzelheiten dazu im Bereich der ihnen verfassungsrechtlich zugestandenen Selbstbestimmung zu regeln.
Raju Sharma, religionspolitischer Sprecher der Linken:
Frage 1: Nein, ich halte diese Regelung für nicht angemessen. Unabhängig von der persönlichen Motivation der einzelnen Beschäftigten befinden sich Sozialeinrichtungen in kirchlicher Trägerschaft in einem wirtschaftlichen Wettbewerb mit anderen Unternehmen. Dementsprechend agieren sie; d. h., sie verfolgen vor allem wirtschaftliche Ziele, während der karitative Gedanke immer mehr in den Hintergrund getreten ist. Beschäftigte klagen über schlechte Arbeitsbedingungen und niedrige Löhne. Gleichzeitig fehlen ihnen die Möglichkeiten, ihre Interessen wirkungsvoll gegen ihre Arbeitgeber durchzusetzen. Für die kirchlichen Träger ist das ein knallharter Wettbewerbsvorteil. Deshalb hat DIE LINKE den Antrag »Grundrechte der Beschäftigten von Kirchen und kirchlichen Einrichtungen stärken« in den Bundestag eingebracht. Wir wollen nicht, dass die Krankenschwester eines Krankenhauses der Diakonie weniger selbstverständliche Rechte hat als der Krankenpfleger eines Krankenhauses in privater Trägerschaft.
Frage 2: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz hebt Diskriminierungsverbote in seinem Paragraf 9 für Religionsgesellschaften auf, wenn ihr Selbstverständnis betroffen ist. Im Prinzip finden wir hier das gleiche Problem vor wie im Betriebsverfassungsgesetz. Den kirchlichen Trägern täte hier eine Öffnung auf freiwilliger Basis gut, ohne dass sie per Gesetz dazu gezwungen werden. Im Zweifelsfall werden wir aber nicht zögern, entsprechende Initiativen in den Bundestag einzubringen. Zuvor setze ich jedoch auf den Dialog mit den Kirchen.
Beate
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