Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt
Zeit davor richtig schlecht. Wenn man immer auf Menschen trifft, die es gar nicht interessiert, was man sagt.«
Die Königswinterer Opposition in Person von Björn Seelbach von der SPD und Richard Ralfs von den Grünen erinnert sich noch gut an diesen Abend im Rauschendorfer Kindergarten. Beide sitzen im Herbst 2012 auf einer Bank vor einer Königswinterer Schulaula, in der für gewöhnlich die Sitzungen des Stadtrats stattfinden. Ja, sie hätten den Eltern schon an diesem Abend signalisiert, dass sie bei einer Abstimmung auf ihrer Seite stehen würden, erzählen die beiden. Aber es habe Kollegen gegeben, die die Argumente der Eltern nicht überzeugt hätten. »Es gab eine Sache, die ich ausschlaggebend fand«, erzählt SPD-Mann Björn Seelbach: »Gäbe es einen offenen Markt, hätten alle Eltern ihre Kinder abgemeldet. Es ist aber keine Marktwirtschaft. Es gibt keine anderen Anbieter, wo sie stattdessen hingehen könnten, und deswegen müssen wir als diejenigen, die treuhänderisch die Elternbeiträge, die Steuergelder nehmen und sie dem Träger geben, dazwischentreten und sagen, also wenn die sich frei entscheiden könnten, würden sie jetzt alle nicht mehr dahin gehen. Deshalb muss ein Wechsel her.« – »Die Argumente«, fügt der Grünen-Politiker Richard Ralfs hinzu, »die von den Eltern vorgebracht wurden, waren für mich absolut stichhaltig. Ich habe immer nur gedacht: Wir müssen sicherstellen, dass die Einrichtung wieder funktioniert. Der Ton, den die Kirche den Eltern gegenüber offensichtlich an den Tag gelegt hat, zeigt, welches Selbstverständnis die Kirche hat. Dazu fallen mir Adjektive ein, die ich hier nicht wiedergeben möchte.« Björn Seelbach fällt ihm ins Wort: »Dass die Kirche bei Pfarrern, Vikaren und Seelsorgern und von mir aus noch bei der Sekretariatsstelle im Pfarrbüro die kirchlichen Maßstäbe stark zur Geltung bringt, finde ich anerkennenswert. Ob das in einem Krankenhaus katholischer Trägerschaft oder in einem evangelischen Kindergarten durchgezogen werden muss, weiß ich nicht. Die Berufe sind nicht wahnsinnig attraktiv, die Fachkräfte fehlen. Und es ist die Frage, ob wir gute Qualität erreichen, wenn wir Maßstäbe anlegen, denen über fünfzig Prozent der Bevölkerung nicht standhalten können, die aber in familiären Verhältnissen leben, die heute gang und gäbe sind.« Das erlebe er selbst wieder und wieder in den Ausschüssen. »Da sitzen dann die Vertreter der christlichen Träger und sagen: ›Wir finden keine Fachkraft. Können wir nicht jemanden nehmen, der noch im Studium oder in der Ausbildung ist?‹ Bis die dann auch zum ersten Mal unglücklich verheiratet und wieder geschieden sind! Es darf nicht sein, dass die Qualitätsstandards in diesem engen Arbeitsmarkt immer weiter aufgeweicht werden, um Einrichtungen aufrechtzuerhalten.«
Spricht man mit Stefan Heße, dem obersten Personalchef und Generalvikar des größten Bistums Deutschlands, Köln, versichert der, dass man sich über dieses Thema ausreichend Gedanken gemacht habe: Man habe Firmen beauftragt, die für die katholische Kirche den Markt für Erzieher und Pflegepersonal analysierten. Sie hätten versichert, dass es noch genügend qualifizierte Katholiken gebe. Deswegen müsse man bislang nur wenige Ausnahmen in Kauf nehmen: »Wir haben einige wenige orthodoxe Christen, die in unseren Einrichtungen tätig werden. Das sind aber wirklich Einzelfallentscheidungen, die dem Generalvikar persönlich vorgelegt werden. Oder wir haben ganz wenige Chefärzte in unseren Krankenhäusern, die evangelisch sind. Und die müssen alle persönlich kommen und der Erzbischof muss seine Zustimmung geben, ob sie eingestellt werden oder ob nicht.« Was sagt der Personalchef zu der Frage, ob nicht die Qualität leidet, wenn man sich in der Personalauswahl auf eine Konfession beschränkt, der nur noch knapp dreißig Prozent der Bevölkerung angehören. »Bisher«, entgegnet der Generalvikar, »ist es uns noch gelungen, diese Stellen mit katholischen und auch guten Bewerbern zu besetzen. Man kann ja auch nicht sagen, »katholisch« heißt automatisch »nicht gut qualifiziert«. Schränkt man sich nicht trotzdem ein? »Fachlich ja, aber man darf die Qualifikation als Christ nicht als beiläufig abtun. Das ist für mich auch eine Qualifikation. Natürlich soll derjenige auch – zum Beispiel – ein guter Herzchirurg sein, der sein Geschäft versteht. Aber er muss eben auch in der Lage sein, mit den Patienten zu kommunizieren. Und
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