Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt
Urlaub in Frankreich. Ulrike Keller ist da. Josef Griese auch. Bernadette Knecht sitzt mit den Kindern auf den Holzbänken und die Eltern stehen im Halbkreis um sie herum. »Nach fast genau vierzig Jahren«, setzt die Gemeindereferentin an, »gibt die Kirche nicht mit so ganz leichtem Herzen diesen Kindergarten auf. Das heißt, es kommt jetzt ganz vieles auf uns zu. Ganz viel Neues. An solchen Punkten ist es gut, wenn wir Gott davon erzählen und um seine Begleitung bitten. Darum feiern wir diesen Gottesdienst.« Wie gewohnt hat Bernadette Knecht die musikalische Gestaltung übernommen. Sie steht auf, beginnt zu dirigieren und die Kinder singen: »Wir feiern heut ein Fest und kommen hier zusammen, wir feiern heut ein Fest, weil heute Abschied ist.« Am Ende bilden die Anwesenden einen Kreis und beten noch einmal zusammen: »Vater unser im Himmel«.
Ulrike Keller sagt, die Messe habe gezeigt, dass den Eltern die Kirche wohl doch nicht so unwichtig sei. Darüber freue sie sich. »Vielleicht standen ja doch nicht alle Eltern hinter dem Wechsel.«
Bürgermeister Wirtz lässt sich vertreten und man hört auf dem Platz, die Stadtvertreter seien »not amused« darüber, dass sie jetzt deutschlandweit in der Presse als Revolutionäre gesehen würden, weil sie die Kirche aus dem Dorf gejagt hätten. So sehe man sich selbst nämlich überhaupt nicht.
Noch jemand ist an diesem Nachmittag in den Kindergarten gekommen: der neue Vorgesetzte von Bernadette Knecht. Er will schon einmal guten Tag sagen. Es ist Reinhard Koglin vom Christlichen Jugenddorf Christopherus (CJD), das zum diakonischen Werk der evangelischen Kirche gehört. Das CJD unterhält in Königswinter zwei Konfessionsschulen, eine Realschule und das Gymnasium, in dem die Abstimmung über den Trägerwechsel stattgefunden hat. Man kennt sich. Reinhard Koglin wird Bernadette Knecht und alle anderen Erzieherinnen zum 1. August 2012 übernehmen. Es soll ein Betriebsübergang in eine neue Einrichtung mit christlichem Hintergrund werden. »Der christliche Glaube«, sagt Reinhard Koglin, »ist die Grundlage unserer Arbeit. Aber Konfessionen und besondere Regeln von Konfessionen, die im Privatleben angesiedelt sind, interessieren mich nicht.« Das heißt, es können auch Muslime oder nicht getaufte Erzieherinnen jetzt hier arbeiten? »Erzieherinnen sollten doch durch die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche dokumentieren, dass sie auf der Basis des Christentums stehen«, antwortet Reinhard Koglin. Das heißt, es können nur Christen hier arbeiten? »Im Erzieherdienst ja.« Der neue Chef lächelt etwas verlegen.
Lange hat der Stadtrat darüber diskutiert, wer nun der neue Träger des Kindergartens Rauschendorf werden soll. Gleich mehrere haben sich beworben: der Johanniter-Orden, das CJD und der evangelische Probsthof, der im Nachbarort schon eine Einrichtung leitet. Mit dem Probsthof kam noch einmal neue Brisanz in die Diskussion. Der Träger war vor gut einem Jahr in Königswinter in die Schlagzeilen geraten, weil er in seiner Bewerbung um die Trägerschaft für die örtlichen »Häuser der Jugend« einen Ausschluss von Jugendlichen mit Migrationshintergrund angekündigt hatte. »Eine für beide Häuser entscheidende Grundvoraussetzung ist, dass es bei der Besucherstruktur keine einseitige Migrantendominanz gibt«, hieß es in der Bewerbung vom 23. Mai 2011. »Da derzeit bei beiden Häusern eine starke Überrepräsentanz einer jeweils anderen kulturellen Gruppierung vorhanden ist, werden diese keinen Zutritt mehr zu den Häusern haben. Es soll dadurch anderen Jugendlichen, insbesondere auch Deutschen und anderen Nationalitäten, die Möglichkeit eröffnet werden, sich angstfrei diesen Orten wieder zuzuwenden. Kriminelle Machenschaften einzelner Gruppierungen sollen so ausgegrenzt werden, damit ein spannungsfreies Miteinander wieder Chancen hat. Eine Wiedereingliederung Einzelner kann erarbeitet werden.« Der evangelische Probsthof ist in Sachen Kindergarten Rauschendorf von sich aus auf die Königswinterer Stadtverwaltung zugekommen und hat versprochen: Wir zahlen unseren Eigenanteil selbst. Damit bot er mehr als alle anderen im Wettbewerb, die von einer erneuten Sonderfinanzierung ausgingen. Kurz, so erzählen es die Beteiligten, habe die CDU dann im Rat erwogen, aus finanziellen Gründen für den Probsthof zu stimmen. Wenn einer kommt, der alles zahlt, müsse man den nehmen, hätten einige Christdemokraten argumentiert. Es habe dann sogar eine Unterbrechung der
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