Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt
Kirche ist, schärfen sie die Erklärung noch etwas an und legen sie öffentlich aus?« Alice Ernst ist heute noch genauso verärgert wie vor einem halben Jahr. »Außerdem sind die Kinder von Frau Knecht Anfang zwanzig. Zwanzig! Dort steht, ›sie hat ihre Familie verlassen‹. Das klingt, als lasse sie Kleinkinder zurück.«
Alice Ernst atmet einmal tief durch. Natürlich verstehe sie die Auffassung der katholischen Kirche von der Ehe. Darum gehe es aber gar nicht. »Ich habe katholisch geheiratet, meine Kinder sind getauft, ich hatte dafür meine Gründe. Ich verstehe schon, worum es der Kirche geht, und trotzdem sehe ich noch immer nicht den Zusammenhang zu einer Kindertageseinrichtung und zu den Dingen, die dort wichtig sind.«
Zum Thema Diskretion finden sich ebenfalls einige Zeilen in der Stellungnahme: »Den Kirchenvertretern wird vorgeworfen, sie hätten sich nicht öffentlich zu Wort gemeldet. Der Kirchengemeindeverband ist mit Rücksicht auf den Personen- und Datenschutz nicht sofort in die Öffentlichkeit gegangen. (…) Die nunmehr eingetretene Eskalation der Ereignisse zwingt jetzt aber dazu, diese pastorale Fürsorge aufzugeben. Ansonsten läuft die Kirche Gefahr, weiterhin – völlig zu Unrecht – an den Pranger gestellt zu werden.« Auch die Kirche sei ihren Gläubigen gegenüber zu umfassender Aufklärung der Sache verpflichtet. »Sie dürfen nicht Opfer einer einseitigen Informationspolitik werden.« Und weiter: »Die Eltern der Rauschendorfer Kinder wollen Frau Knecht als bewährte Kindergartenleiterin unbedingt behalten. Sie wollen daher einen Trägerwechsel. Dabei wird Frau Knecht ob ihrer viel gepriesenen Fähigkeiten in einer Weise hochstilisiert, dass sich alle anderen tüchtigen Kindergärtnerinnen in der Pfarreien-Gemeinschaft dagegen kümmerlich vorkommen müssen. Man beschwört geradezu den Rauschendorfer Kindergartenweltuntergang, wenn Frau Knecht ihren Arbeitsplatz wechselt.« Es sei eine fragwürdige Fixierung, der sich die Eltern dort hingeben.
Das Heikle daran sei, schreibt Ulrike Keller im Namen der Kirchenvorstände, dass auf Dauer eine ganz andere kirchenferne Trägerschaft zustande kommen könne. »Diese Gefahr sollte man keineswegs bagatellisieren. Sie ist, wie der Blick auf die bunte Landschaft unterschiedlicher Träger zeigt, sehr wohl real. Über die immer stärker werdenden Tendenzen der Entchristlichung unserer Gesellschaft sollte man sich keinen Illusionen hingeben.« Sei dies nicht ein hoher Preis, um die Wertschätzung einer Person zum Ausdruck zu bringen? »Da ist die Zukunft wirklich ungewiss. Gewiss ist aber, dass sich die langjährige Partnerschaft zwischen katholischer Kirche und der Stadt Königswinter bisher gut bewährt hat. Die katholische Kirchengemeinde hat es seinerzeit dankbar begrüßt, dass die Stadt Königswinter maßgeblich dazu beigetragen hat, den Kindergarten in Rauschendorf als katholischen Kindergarten zu erhalten. Aus Sicht der Kirche bedeutet das, dass auch die grundlegenden Überzeugungen der Kirche darin ihren Platz haben: Wo katholisch draufsteht, muss auch katholisch drin sein.« Zum Abschluss heißt es: »Ist man wirklich bereit, einem ganzen Kindergarten die Erziehung im Sinne der katholischen Werteorientierung auf Dauer wegzunehmen und den nachwachsenden Kindern vorzuenthalten? Ist eine einzige Person diesen hohen Preis wert?
Der KGV ist – bei allen Kontroversen – offen für vertretbare Lösungen der Konflikte. Er bleibt weiterhin gesprächsbereit.
Kirchengemeindeverband ›Königswinter – Am Oelberg‹«.
Bernadette Knecht sitzt im Herbst 2012 zusammen mit Josef Griese auf einer Bank im Wald im Siebengebirge. Sie denkt kurz nach, bevor sie von dieser Zeit erzählt, in der ihre Geschichte in die Briefkästen kam. »Es war danach ein Spießrutenlauf, den ich nur überlebt habe dank der Anerkennung meiner Freunde, meines Lebenspartners und mit der Begleitung einer Psychologin, die mich seit letztem Herbst betreut.« Josef Griese nickt ihr zu und Bernadette Knecht erzählt weiter. »In dieser Zeit habe ich mich weder getraut, auf die Straße zu gehen und einzukaufen, noch mich irgendwo sehen zu lassen, weil ich überall, hinter und neben und vor mir, Menschen gehört habe, die über mich und von mir gesprochen haben.« Es habe sich jeder seinen Teil zu den Zeilen der Kirche gedacht, das sei ihr bewusst. »Aber dass in diesem Brief mein Privatleben für jedermann offengelegt wurde, dass das eine Kirche, ein Arbeitgeber macht, das
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