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Gott ist tot

Titel: Gott ist tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald F Currie
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sprach zu ihnen: Euch ist das Geheimnis des Reiches Gottes gegeben; denen aber draußen widerfährt es alles durch Gleichnisse, auf dass sie es mit sehenden Augen sehen und doch nicht erkennen und mit hörenden Ohren hören und doch nicht verstehen, auf dass sie sich nicht etwa bekehren und ihnen vergeben werde.
    Markus 4, 11-12

    V orbemerkung des Autors: Interview in der sudanesischen Wüste nahe Nertiti, Anfang Juni 2006. Zu dem Zeitpunkt durchkämmte ich den Süden Darfurs schon den fünften Monat nach _______, der in keinerlei nachweislichem Kontakt mit den Menschen mehr stand. Ich war von Nyala nach Nertiti aufgebrochen, kam aber keine siebzig Kilometer weit, bevor der Jeep, den ich für die Fahrt angeschafft hatte, im Sand stecken blieb. Ich hielt nicht viel länger durch als der Wagen. Ich kam vom Weg ab und verlor die Orientierung. Um der schlimmsten Hitze zu entfliehen, kroch ich in einer Höhle unter, die vormals einem Tier als Bau gedient hatte. Ich hatte keine Ahnung, in welcher Richtung Nertiti lag, und selbst wenn ich es gewusst hätte, wäre ich zu geschwächt gewesen, um dorthin zu gelangen. Ich ging davon aus, dass ich sterben würde. Es war gegen Abend meines zweiten Tages in der Höhle, als _______ zu mir kam und das Interview begann.
    Ich sollte anmerken, dass das Interview auf extrasensorischem Wege zustande kam; das heißt, _______ und ich kommunizierten miteinander, ohne dass einer von uns tatsächlich sprach. Aufgrund meines fortschreitenden Deliriums waren zudem viele meiner Fragen an _______ mehr oder minder unsinnig (obwohl er intuitiv verstand, was ich wissen wollte, und seine Antworten entsprechend abfasste). Um der Lesbarkeit
willen gebe ich diese Fragen hier mit einem fettgedruckten F wieder. Ihr Inhalt erschließt sich zum größten Teil aus _______s Antworten.
    Meine lückenlose Erinnerung an das Interview sowie die Tatsache, dass ich die Höhle hinterher wieder verließ und den Weg in das knapp fünfhundert Meter entfernte Nertiti fand, kann ich nur einer Intervention seitens _______s zuschreiben, deren nähere Natur sich meinem Begreifen entzieht.
    - RFC
     
     
    F? Dich zu finden war im Grunde recht einfach, allerdings weniger dank der Fähigkeiten, die mit dem Verzehr des Schöpfers auf mich übergingen, als dank der Fähigkeiten, die ich als Wildhund schon vorher besaß. Entgegen der verbreiteten Vorstellung bin ich keineswegs allwissend. In meinem Verständnis der Dinge klaffen gewaltige Lücken, und ich vermute, bei unserem Schöpfer war es ebenso. So wusste ich zum Beispiel, dass du auf der Suche nach mir warst, und ich wusste, du bist irgendwo in Darfur, aber über alles Weitere tappte ich mehr oder minder im Dunkeln. Hunde dagegen können, wenn ihre Nase fein genug ist, die Witterung eines sterbenden Tiers über aberwitzige Entfernungen hinweg aufnehmen. Die Verzweiflung riecht bitter, genau wie ihre Schwester, die Angst, und schon wenige Moleküle davon, die an einem windigen Nachmittag über die Steppe treiben, genügen mir, um ihre Quelle aufzuspüren. Zu dir zu finden war darum ein Kinderspiel.
     
    F? Nein. Die Anstrengung des Kauens würde mich bei dir mehr Kalorien kosten, als sie mir einbrächte. Zu muskelbepackt. Das unvermeidliche Resultat obsessiven Gewichthebens.
Also mach dir deshalb keine Sorgen; du wärst zwar eine leichte Beute, aber an leichter Beute haben wir während der heißen Jahreszeit keinen Mangel. Ich bin satt. Aber das ist nur einer der Gründe, warum ich dich nicht fressen werde.
     
    F? Ach, dieses ganze Problemfeld Moral-versus-tierische-Instinkte, mit dem ich mich seit dem Verzehr unseres Schöpfers herumschlage. Das Mitgefühl ist eine Haut, die mich an allen Ecken und Enden einengt. Es passt einfach nicht zur Natur des Hundes. Mitleid mit den Jungen, den Alten, den Schwachen, Verletzten und Gebrechlichen zu empfinden - und sie als Folge nicht mehr zu reißen - steht nicht nur der obersten Maxime der Wildhunde entgegen, es ist auch vom Selbsterhaltungsaspekt her höchst unklug. Ich fange gerade erst an, die Sache auszuloten, und offen gesagt macht mich das alles oft ziemlich unglücklich.
    Aber es gibt auch noch einen dritten Grund, warum ich dich nicht fressen werde: Sosehr ich deinesgleichen inzwischen meide, manchmal sehne ich mich schlicht und einfach nach einem intelligenten Gesprächspartner. Deshalb bin ich hier.
     
    F? Sei nicht so kokett - ja, selbst von meiner überlegenen Warte aus betrachtet bist du intelligent. Um ehrlich zu

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