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Gott ist tot

Titel: Gott ist tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald F Currie
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wussten wir, waren nicht nur unsere ergiebigste Nahrungsquelle und unser gefährlichster Feind, sie waren auch außerordentlich intelligent. Bei ihnen hofften wir ein neues Zuhause zu finden. Also nahmen wir Kurs auf die großen Städte des Nordens, aber wir kamen nur mühsam voran. Das Wissen um die Vergänglichkeit ließ uns die Beine schwer werden vor Reue und Bangigkeit. Keiner von uns konnte sich zum Jagen aufraffen. Hungrig trabten wir durch endlose Ebenen und trockene Flussbetten, überwanden Hänge und Bergkuppen, durchquerten dunkles Wüstenland. Bei Nacht versuchten wir uns auf die alte Art Trost zu spenden, indem wir uns gegenseitig das Fell schleckten und uns beim Schlafen aneinanderschmiegten, aber all diese Dinge waren hohl geworden, so nutzlos wie die Flügel an einem Huhn.
    Schließlich erreichten wir ein Bauerndorf in einer Oase. Mit frischer Hoffnung näherten wir uns dem ersten Menschen, den wir sahen, einem mageren alten Mann mit einem langen, sacht zerfurchten Gesicht. Ich fragte ihn, auf die gleiche Weise, in der ich jetzt mit dir kommuniziere, ob er uns zum Dorfvorsteher führen könne.
    Nur vier von uns verließen dieses Dorf lebend, so flink, wie unsere geschwächten Beine uns tragen konnten. Der eine, der nicht überlebte, lag auf der einzigen Straße des Dorfes im Staub, eine Gewehrkugel im Kopf. Die Bauern, die Christen
waren, hielten uns für böse Geister, nicht für Hunde, und sie verfolgten uns mit ihren Gewehren bis weit in die Wüste. Wir konnten uns in ein unterirdisches Höhlensystem retten, und dort lebten wir drei Tage und drei Nächte der Trauer um unseren Freund und unser Los. Die Schnauzen auf die Pfoten gesenkt, jaulten wir leise im staubigen Dämmerlicht; das immerhin konnten wir noch, und es war dieselbe Zeitverschwendung, die es eh und je gewesen war.
     
    F? Eine gute Frage. Ich habe das den Menschen schon viele Male zu erklären versucht, meistens ohne Erfolg. Die Analogie, die ich gern anwende, um das Gefühlsspektrum eines normalen Hundes mit dem eines Menschen zu vergleichen, ist der Unterschied zwischen Primärfarben und der ganzen großen Palette der Sekundärfarben. Normale Hunde, um nur ein Beispiel herauszugreifen, empfinden lediglich das Gefühl Wut - setzen wir es mit der Farbe Rot gleich. Menschen dagegen verfügen über eine ganze Skala von Rottönen - das Scharlachrot der Gereiztheit, das Zinnoberrot der Abneigung, das tiefe Karmesin der Raserei und so weiter. Wir vier besaßen nun dieses emotionale Kaleidoskop - oder vielmehr, es ergriff von uns Besitz -, und zu Anfang trieb uns der Druck, dem es uns aussetzte, schier zum Wahnsinn.
     
    F? Wir hätten dort sterben können, wenn wir nicht - zum allerersten Mal in unserem Leben - auf die Idee gekommen wären, miteinander zu sprechen. Unser neues Wissen einzusetzen, um uns unsere Gedanken mitzuteilen und nach Lösungswegen zu suchen. Das war in unserer dritten Nacht in den Höhlen. Mit einem Eifer, der früher nur der Jagd oder der Paarung vorbehalten gewesen war, sandten wir unseren
Geist nach Norden aus auf der Suche nach einer Person, der wir uns offenbaren könnten, einem Menschen mit so viel Intelligenz, Bildung und intellektueller Neugier, dass er den Schock, von einem Hund angesprochen zu werden, verkraften konnte. Nach mehreren Stunden fiel unsere Wahl auf Khalid Hassan Mubarak, einen Theologieprofessor an der Universität von Khartoum. Mubarak hielt aus beruflichen Gründen die Fassade des gläubigen Moslems aufrecht, hatte jedoch schon vor Jahren alle religiösen Überzeugungen über Bord geworfen, um Platz zu schaffen für seine angeborene, immer üppiger austreibende Egomanie. In unserem Eifer und unserer Naivität versäumten wir es, Mubaraks Charakter ebenso in die Rechnung einzubeziehen wie seinen Intellekt, ein Fehler, den wir alle bitter bereuen sollten.
     
    F? Wir wollten keine Zeit mehr verlieren, darum kehrten wir zu der Oase zurück, solange das Dorf noch im Schlaf lag, und tranken aus der Quelle, bis unsere Gedärme so aufgebläht waren wie Wassersäcke. Wir hielten uns nach Nordosten, trabten in gerader Linie in Richtung Khartoum, wie zuvor über Berge und weite Sandebenen, und machten nur eine oder zwei Stunden täglich Rast, wenn die Sonne im Zenit stand und alle Lebewesen in den Schatten trieb. Wir jagten, ohne großen Erfolg; obgleich wir früher alle gewiefte Räuber gewesen waren, pirschten wir uns jetzt an unsere Beute an wie Welpen, linkisch und unkoordiniert, und erlegten als

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