Gott ist tot
hinter dem Tresen hervor, nach wie vor lächelnd, und legte Arnold die Hand auf den Arm. »Sie sollten ein Momentchen hoch gehen und sich auf unser Sofa legen. Ty, bring ihn doch rauf in die Wohnung.«
Arnold wollte protestieren - er musste zusehen, dass er möglichst schnell nach Hause kam -, aber die Aussicht, auf etwas Weicherem zu schlafen als festgetretenem Lehm, war zu verlockend, um nein zu sagen.
Ty rutschte von seinem Hocker. »Kommen Sie«, sagte er und verschwand auch schon durch die Tür. Arnold folgte ihm eine schmale Stiege hinauf zu einer Mansarde, die vollgestellt war mit unzähligen Kartons mit Etiketten wie UNSICHTBARER BODYLINE-SHAPER und PEE-B-GONE URINTEUFEL. Die Kartons waren drei- und vierreihig vom Boden bis unter die Decke gestapelt, so dass nur ein enger Durchgang frei blieb.
»Carlene redet immer davon, dass sie die Dinger loswerden will«, erklärte Ty. »Aber dann macht sie doch nichts. Sie hat Angst, dass sie mal irgendwas zurückschicken muss und dann keine Kiste zum Reintun hat. Da ist das Wohnzimmer.«
Mit den vielen Kartons überall musste Arnold sich an Ty vorbeizwängen, um zum Sofa zu kommen. Er zog seine Stiefel aus und legte sich hin.
»Danke, Ty«, sagte er, schon mit geschlossenen Augen. »Sag Carlene noch mal vielen Dank von mir. Ich schlafe einfach ein paar Stunden, und dann pack ich’s wieder.«
»Ihr ist es egal, wie lange Sie bleiben. Sie ist plemplem, genau
wie alle anderen auch«, sagte Ty. Er tat so, als würde er den Aufkleber an einer der Kisten studieren, dann fragte er: »Sie waren bei den Marines?«
Arnold schlug die Augen auf und sah ihn an. »Erinnerst du dich an den Krieg?«
»Ich erinnere mich an alles«, sagte Ty. »Als die Männer hier ankamen, hab ich die Tabletten unter meine Zunge gelegt. Und als sie weg waren, hab ich sie ausgespuckt.« Er schnaubte - ein so simpler Trick! -, dabei war er eindeutig stolz auf seine Findigkeit.
»Erinnert sich sonst noch irgendwer?«
»Hier nicht«, sagte Ty. »Niemand, den ich kenne.«
Arnold wog kurz ab. »Ty, ich schlafe jetzt ein bisschen, und dann müssen wir zwei uns unterhalten«, sagte er. »Über etwas Schlimmes. Etwas sehr Unheimliches. Meinst du, du schaffst das?«
Ty zog eine Grimasse. »Klar«, sagte er. »Ich hab keine Angst.«
»Gut«, sagte Arnold. Er streckte dem Jungen die Hand entgegen. »Ich heiße übrigens Arnold.«
Ty schüttelte die Hand, einmal, dann ließ er sie fallen. »Ganz schön abartiger Name«, sagte er.
Arnold ließ sich seine Belustigung nicht anmerken. »Immer noch besser als Ty«, sagte er. »Und jetzt lass mich schlafen.«
Als Arnold wach wurde, schien immer noch die Sonne ins Zimmer. Einen Moment lang war er verwirrt - er musste doch mehr als eine Stunde geschlafen haben -, bis er begriff, dass schon wieder Morgen war.
Im Fernsehen fragte ein Mann: »Was wäre, wenn bildschöne Designer-Fingernägel nur noch ein Klacks wären? So einfach, wie seinen Namen zu schreiben?«
Darauf wusste Arnold keine Antwort. Zum Glück hatte der Mann im Fernsehen eine parat.
»Tja, sind sie jetzt schon!«, sagte er. »Mit dem neuen Nail-Dazzle-Duo-Stift!«
Carlene zwängte ihren rundlichen Leib zwischen den Kartons links und rechts von der Türöffnung durch. »Sie sind wach«, sagte sie. »Eine Weile dachten wir schon, Sie wachen überhaupt nicht mehr auf.«
Arnold spürte einen Druck um den Oberschenkel, in dem der Granatsplitter saß. Er schaute hin und sah, dass die Stelle mit Mull und weißem Heftpflaster verbunden war.
»Oh,’tschuldigung«, sagte Carlene. »Sie haben aufs Sofa geblutet. Sie müssen sich echt ganz schön gekloppt haben! Ich meine, die Hose konnte ich Ihnen ja schlecht ausziehen« - sie kicherte und hielt sich die Hand vor den Mund -, »also hab ich’s einfach so verbunden, so gut es ging.«
»Ist schon in Ordnung«, sagte Arnold. Er setzte sich auf und rieb sich die Augen. »Danke.«
Carlene wechselte eilig das Thema.
»Ich habe ein schönes Omelett in der Pfanne brutzeln«, sagte sie. »Nur ein paar Minuten, dann ist es so weit. Die Fernbedienung liegt auf der Kiste da, wenn Sie fernsehen möchten.«
Sie verschwand wieder in die Küche. Arnold knipste sich durch die Programme, um irgendwo Nachrichten zu finden, aber überall lief nur Teleshopping.
Ein sogenannter Küchenchef Henry erzählte ihm etwas über ein Messer, das so scharf war, dass man damit eine Ananas in der Luft zerteilen konnte.
Eine Frau wollte wissen, ob er es nicht langsam leid
Weitere Kostenlose Bücher