Gott sacker Kriminalroman
an den Tisch: »Und was darf’s für
Sie sein?«
»Haben Sie Mango-Saft?«
»Nein, tut mir leid.«
»Dann vielleicht Karottensaft?«
»Nein, nur Karotten.«
»Mineralwasser?«
»Ja.«
»Ohne Gaz?«
»Ohne was?«
»Ohne Kohlensäure.«
»Nein, halt Leitungswasser.«
»Ja, gern.«
»Da muss deine Mama mal was tun. Die Leute wollen heute
gesunde Sachen, Wellness ist angesagt, nicht Most mit Schwarzwälderkirschtorte.
Säfte statt Saufen.«
»Schöne Alliteration«, bemerkte ich anerkennend in Hildes
Richtung. So viele Kommunikationspunkte wie gerade eben hatte sie sich noch nie
verdient.
»Schöne was?«
Frieda brachte das Leitungswasser für die gesundheitsbewusste
Hilde.
»Weiß man schon was Neues, Frau Maier? Hier bei Ihnen wird
doch der neueste Tratsch gehandelt.«
Frieda zuckte mit den Schultern und meinte eher gelangweilt:
»Wenn die Polizei so viel mitbekäme wie ich …«
Mit abgespreiztem kleinem Finger servierte sie Hilde das
Wasser.
»Hier bitte, Ihr Erfrischungsgetränk.«
Die kritische Hilde betrachtete nachdenklich ihr Wasserglas
und philosophierte: »Reines Leitungswasser, das ist immer noch das Beste,
obwohl man durch die Überdüngung der Felder auch nicht mehr weiß, was man da an
Giften mittrinkt. Das liegt alles nur an den Schnitzelessern. Zu viel
Schweinezucht, andere Kulturen nutzen ihre Tiere, ohne sie zu essen, die Indios
zum Beispiel mit ihren Lamas. Du bist doch auch Vegetarierin, Cäci?«
»Nein … äh, noch nicht.«
Hilde holte eine Tupperdose mit einem Mix aus gewürfelten
Apfelstückchen, Kohlrabi und Karotten aus ihrem Rucksack und verzehrte diesen
langsam und genießerisch zu ihrem Leitungswasser.
»Das wäre auch eine Idee, da hättet ihr mit Sicherheit mehr
Gäste, eine Rohkost-Bar für den Abend, da kommen die Leute.«
»Ja, 40-jährige kinderlose lamazüchtende Lehrerinnen in der
Midlife-Crisis, die bei Leitungswasser und rohen Karöttchen gesellig und heiter
sind.«
»Da bist du mit deinen Macho-Stiefeln und deiner Yahama, oder
wie das laute Ding heißt, einfach noch nicht reif dafür. Außerdem begreifen das
Männer sowieso nicht. Die fressen ja das Fleisch halb roh, wie die
Neandertaler. Fehlt nur, dass ihr das, was ihr mit euren GTI s und euren
aufgemotzten Motorrädern auf der Straße totfahrt, noch im Straßengraben roh
auffresst. Von der Midlife-Crisis bin ich locker noch zehn Jahre entfernt. Und
lieber eine gesunde Midlife-Crisis als eine permanente Lebenskrise.«
Das saß. Beifall heischend nickte sie Cäci zu. Diese grinste.
»Wenn ich dich mit deinem Rad umfahren würde, wenn du in Bad
Saulgau bei Rot mal wieder über die Ampel stichst, wüsste ich schon ein paar
zarte Lendenteile, die ich gern roh vernaschen würde.«
Hildegards Mund klappte weit auf, das beste Argument, das sie
fand, lautete: »Ah…Aharschloch! Bis morgen dann in der Gruppe, ich muss noch an
den Baggersee.«
Ich deutete auf ihren riesigen Jack-Wolfskin-Rucksack: »Passt
da dein Tanga überhaupt rein?«
»Blödmann, deine Tussen lieben’s ja eher ohne!«
Das saß noch tiefer. Vorwurfsvoll schaute mich Cäci an: »Das
weiß schon das ganze Dorf, die Sache mit dem armen Mädchen, und alle lachen
über dich!«
»Das sehe ich ein bisschen anders, die Männer sind neidisch
und die Damen sind eifersüchtig! Ich bin immerhin eine gute Partie, die Äcker,
Bauerwartungsland, das Haus, das Bare, hässlich bin ich auch nicht …«
»Aber arschdoof!«
Frieda, die gerade vorbeikam, Hildes leeres Wasserglas
abzuräumen, zog die Stirn vorwurfsvoll in Falten, als sie die Worte ihrer
Tochter an mich vernahm: »Da merkt man, dass der Vater fehlt, der hätte dir
jetzt eins hinter die Löffel gegeben. Ist die Lehrerin schon gegangen?«
In meine Richtung fuhr die resolute Wirtin fort: »Pass auf,
Danile, die ist hinter dir und deinem Geld her. Ich kenne die Sorte Weiber, mit
dem Arsch wackeln und nachher hast du nichts mehr zu melden. Pass auf! Es gibt
auch noch anständige!«
Bewusst schaute sie nicht zu ihrer reizenden Tochter, die rote
Flecken auf der Stirn bekam: »Lass gut sein, Mama. Ich pass schon auf den Dani
auf.«
Als Hilde ihr Mountainbike im Hof wieder
abgekettet hatte und schon aufgestiegen war, hielt sie noch einmal kurz an,
stützte sich am Kaugummiautomaten ab und rief mit der überdimensionalen
Sicherheitskette samt Zylinderschloss um den Hals über die Ligusterhecke: »Ach,
deswegen bin ich ja vorbeigekommen, die
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