Gott sacker Kriminalroman
friedliche Gesicht des alten Pfarrers, im Mund steckte die Buchseite.
Ich vergrößerte den Ausschnitt heraus. Aufgrund einiger weniger erkennbarer
Worte konnte ich die Textstelle mit meiner digitalen Bibel und deren
Wortsuchfunktion eindeutig recherchieren. Es war ein Ausschnitt aus dem Buch
des Evangelisten Matthäus:
›2,17 Damals erfüllte sich, was durch
den Propheten Jeremia gesagt worden ist:
2,18 Ein Geschrei war in Rama zu hören,
lautes Weinen und Klagen: Rahel weinte um ihre Kinder und wollte sich nicht
trösten lassen, denn sie waren dahin.‹
Ich erkannte die ungewöhnliche Stelle wieder,
die ich durch die Aufregung nicht mehr in Erinnerung gehabt hatte. Wir konnten
uns jedoch keinen Reim auf diese unheimlichen Zeilen in Bezug auf die Toten
machen. Cäci bestand darauf, alle Bilder noch einmal durchzusehen.
»Ist das der Zettel, den Müller mitgenommen hat?«
Sie deutete auf ein mir unwichtiges Bild, das die Bücherwand
und das alte Röhrenradio des Pfarrers zeigte. Und tatsächlich, auf dem Radio
war verschwommen ein weißer Zettel mit unleserlichen Schriftzeichen zu
erkennen. Man konnte lediglich schätzen, dass sie vier oder fünf Zeilen
bildeten.
»Die Polizei hat die Bilder ja auch, dann brauchst du keine
Sorgen wegen Müller haben.«
»Äh, warum?«
»Wenn ich das sehe, sieht das die Polizei auch, Zettel am
Tatort … Zettel fehlt bei Spurensicherung.«
Demonstrativ tippte sich Cäci an die Stirn, um mir zu zeigen,
wie begriffsstutzig ich sei.
»Das heißt ja noch lange nicht, dass der Zettel von Müller
mitgenommen wurde.«
»Da lässt sich die Blonde schon was einfallen, der Müller ist
doof und die Blonde ist es garantiert nicht!«
»Der Müller hat aus Angst, man könnte ihn verdächtigen,
seinen Zettel, mit dem er dem Pfarrer drohte, mitgehen lassen. Zu einem Mord
ist der doch nicht fähig, und wo soll er denn den Bibeltext herhaben, er kennt
ja nicht mal den Unterschied zwischen Neuem und Altem Testament. Außerdem, wie
soll der an die Kreuze rankommen, der alte Atheist?«
»Den müsste unser neuer Pfarrer mal missionieren«, Cäci
lachte.
»Deo war gestern sowieso komisch … und deine Mama
übrigens auch. Sie war beichten. Ich habe beide in der Kirche getroffen, ich
musste noch was an der Orgel richten.«
»Waas? Die geht doch nie beichten! Langsam spinnen alle hier
im Dorf!«
»Und Deo hat etwas gefaselt von ›haba Angsta theologischa
Streita mita alta Kollega‹. Du kennst ihn ja. Die Polizei war auch schon bei
ihm und hat ihn wohl lange interviewt.«
»Vielleicht war da mehr als nur ein theologischer Streit mit
dem alten Pfarrer.«
»Ja, vielleicht ist da so eine alte Voodoo-Geschichte mit
im Spiel, da spießt unser Buschpfarrer einfach die beiden Ungeliebten geschwind
mit Kreuzen auf, und den Hund wollte er bestimmt essen. Und alles nur, weil
unser Deodonatus modern eingestellt ist und der Alte und seine Haushälterin
eher Repräsentanten einer mittelalterlichen Theologie waren. Diese Theorie
würde manchen Ewiggestrigen im Dorf am besten gefallen, der schwarze Wilde aus
dem Busch, der rechtschaffene Einheimische tötet und als Krönung noch einen
deutschen Schäferhund schändlich meuchelt.«
»Ja, okay, ich kann mir Deo auch nicht als Mörder vorstellen.
Ein Pfarrer! Und mittlerweile ist er in der Gemeinde sehr beliebt.«
»Aber eigenartig war er gestern. Auch Philipp war gestern
seltsam drauf. Er war mir gegenüber sehr reserviert und wollte mir dann noch
andichten, ich sei scharf auf seine Hilde.«
Cäci lachte auffällig laut heraus: »Bei der mache ich mir
nicht die geringsten Sorgen, bei der nicht.«
»Auch die Sache am Dienstag, beim Gedenkgottesdienst, als
Philipp einfach von der Orgel verschwunden war, das hat’s noch nie gegeben, der
würde ja am liebsten bis in den nächsten Tag hinein postludieren.«
»Was?«
»Vergiss es.«
»Ist er deswegen ein Mörder?«
»Nein, natürlich nicht, aber erschwerend kommt hinzu, dass er
in meiner Frauen-Psychogruppe mit dabei ist.«
»Philipp? – Dann ist er bestimmt kein Mörder! Wann hast du
wieder die Gruppe?«
»Morgen.«
Cäci schaute mich grinsend an: »Und wie steht’s mit dir?«
»Gut.«
»Du kannst es doch auch gewesen sein, du wohnst in
unmittelbarer Nähe. Leiden konntest du beide nicht und Müllers Köter ist dir
schon immer auf den Geist gegangen. Du hattest als einziger ein Motiv, alle
drei zu beseitigen.«
»Ich gestehe, Frau
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