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Gott sacker Kriminalroman

Titel: Gott sacker Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boenke
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haben vorhin Philipp nach Bad Saulgau
aufs Revier geholt. Der wurde verhört. Bis jetzt ist er immer noch nicht bei
der Arbeit.«
    Ohne das Leitungswasser zu bezahlen, fuhr sie zum Baggersee.
    Müller schwankte zur Toilette an unserem Tisch vorbei,
deutete mit ausgestrecktem Arm in die Richtung, in der die Radelnde
verschwunden war, schnalzte anerkennend mit der Zunge und artikulierte: »Die
hat aber ganz schön Pfeffer im Arsch, nicht wahr, Herr Bönle?«

11
    Pünktlich
zehn Minuten vor Beginn der zweistündigen Sitzung ›Wer bin ich? Versuch einer
Definition des Ichs zwischen Küche, Beruf und Kindern‹ war ich am
Gemeindezentrum. Diesmal war kein Anruf der Gemeindereferentin Frau Kätherle
nötig, um mich aus dem Schlaf zu holen.
    Da ich aufgrund der turbulenten Ereignisse der letzten Tage
nicht mehr wusste, was ich für den heutigen Workshop meiner fünfköpfigen Gruppe
thematisch angekündigt hatte, brachte ich in meinem Rucksack eine Kerze und
einen Stapel Zeitungen und Zeitschriften mit. Ich hatte streng darauf geachtet,
dass auch Zeitschriften dabei waren, die das Gefallen meines überwiegend
weiblichen Publikums finden würden. Kerzen waren immer gut für spirituelle und
andere Impulse. Zu den Zeitschriften … da würde mir schon noch irgendetwas
einfallen.
    Pünktlich um neun Uhr trafen die fünf ein. Gesprächsthema
der zusammengesteckten Köpfe waren die Morde und die reißerischen Artikel regionaler
und überregionaler Zeitungen. Nicht nur regionale Blätter wie der Südkurier und
die Schwäbische Zeitung, auch die BILD hatte die Morde dankbar als
Aufmacher aufgenommen und titelte:

     
    ›Verrückter Spießer
mordet im Pfarrmilieu‹

     
    Hildegard, die stramme Lehrerin, und Philipp,
der Sozialpädagoge, der für diesen Termin von seiner Arbeit bei der betreuenden
Werkstatt wieder freigenommen hatte, setzten sich nebeneinander, sie waren
Händchen haltend erschienen. Die anderen drei Damen wählten ihren Platz auf dem
Boden nach Belieben. Mitten im Raum hatte ich die Kerze auf einen Ziegelstein
gestellt, den ich im Bauschutt um das neue Gemeindezentrum herum gefunden
hatte. Circa 80 Zentimeter rostigen Stacheldraht hatte ich von dem angrenzenden
Weidezaun abgeknipst und dreist um die weiße Kerze gewickelt. Etwas frisches
Gras und Blumen der Kuhweide zu Füßen des Ziegelsteins verschönerten das
sinnige Arrangement.
    Hildegard schaute mich gerührt an: »Das traut man dir gar
nicht zu, wenn man dich etwas näher kennt … und dass das alles in
deinen Rucksack passt.«
    Die anderen drei Damen, freundliche Bäuerinnen in der
Mitte-ihres-Lebens-Krise, nickten zustimmend in ihren bequemen Hosen und waren
etwas neidisch auf Hildegard.
    »Das drückt unglaublich treffend die Stimmung im Dorf aus«,
bemerkte Frau Kessler, die Bäuerin mit vier Kindern, 30 Milchkühen und einem
saufenden, prügelnden Mann zu Hause.
    Schon ergab ein Satz den anderen und die Gruppe diskutierte
angeregt über die Stimmung im Dorf.
    Philipp reagierte an diesem Freitagmorgen distanziert, er saß
im Lotossitz, den Kopf erhoben, damit jeder sah, dass er die Augen in me ditativer Versenkung geschlossen hatte. Zum ersten
Mal sah ich ihn mit gewaschenen Haaren, ein süßlicher Duft ging von ihm aus.
    In der zweiten Stunde
verteilte ich die Zeitungen und Zeitschriften wahllos im Raum, holte Scheren
und Klebestift aus meinem Rucksack, dann hatte ich auch schon die Idee:
»Schneidet bitte Bilder und Artikel aus, die zu den Überschriften ›Typisch
Mann‹ – ›Typisch Frau‹ passen.« Der Teilnehmer und die Teilnehmerinnen gingen
begeistert an die Arbeit. Sie wühlten in den Biker-News ebenso engagiert wie in
›Frau im Leben‹. Letztendlich hatten wir eine gelungene Collage zum Thema an
einem Flipchart hängen. Alle fanden in einem abschließenden Feedback die
heutige Einheit äußerst gelungen und produktiv. Selbst Philipp war wieder ein
wenig aufgetaut. Als ich zufrieden meine Siebensachen zusammengepackt hatte,
erwartete mich Philipp
am Ausgang: »Hast du kurz Zeit?«
    Ich nickte.
    »Dich haben sie ja auch
schon verhört, ich war gestern dran. Ich h abe das Gefühl, die wollen
mich in irgendwas reinziehen.«
    »Und was habe ich damit zu tun?«
    »Es geht um die Sache mit dem Orgelspiel. Die haben gefragt,
warum ich abgehauen bin. Mir war das einfach zu lange, Ngumbu hat überzogen und
ich hatte noch einen Termin. Das geht aber niemanden etwas an.«
    Ich nickte

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