Gottes erste Diener
und überraschenderweise
hat sie ihren Bann nie offiziell aufgehoben. Doch heute hat der Vatikan seine
eigene Bank, 1942 von Pius XII. gegründet, die jüngst Mittelpunkt furchtbarer
Finanzskandale war.
Ein zweiter Beweis für
radikalen Wechsel betrifft die katholische Lehre »Es gibt kein Heil außerhalb
der Kirche«. Sie wurde zunächst formuliert, um alle Ungetauften auszuschließen,
etwa Juden und Ungläubige. Selbst Säuglinge mit christlichen Eltern, die vor
der Taufe starben, galten als vom Himmel ausgeschlossen. Heute lehrt Johannes
Paul noch immer, daß es kein Heil außerhalb der Kirche gibt, doch »Kirche« und
»Heil« werden so weit ausgelegt, daß alle Menschen guten Willens, selbst
Atheisten, erlöst werden können. Dieser sprachliche Trick hindert die
Katholiken daran zu sehen, daß die traditionelle Lehre auf den Kopf gestellt
worden ist. Ein Bekenntnis zum Wandel würde zuviel Vergangenheit als schlimmen
Traum entlarven. Darum weigert sich die Kirche wie alle autoritären Gebilde
zuzugeben, daß sie etwas Wesentliches geändert hat, selbst wenn es zum Besseren
ist.
Abgesehen von diesen Beispielen
ist der Hinweis genug, daß wohl jedes Dokument des II. Vatikanischen Konzils
vom I. Vatikanischen Konzil als häretisch verurteilt worden wäre. Die
Orthodoxie einer Epoche ist nicht die Orthodoxie einer anderen.
Der größte Nachteil einer
unfehlbaren Institution besteht darin, daß keine Behauptung zurückgenommen,
keine Lehre geleugnet, keine moralische Entscheidung rückgängig gemacht werden
kann, selbst wenn neue Erkenntnisse eine radikale Überarbeitung nahelegen.
Nichts von alledem bekümmert
die Gläubigen im Petersdom. Sie glauben, daß Johannes Paul unfehlbar ist, und
obwohl sie jetzt nicht ausdrücklich daran denken, beeinflußt es ihre Liebe und
Loyalität. Während er seine Riten nach der Kommunion vollzieht, sehen sie ihn
am Altar mit den Augen des Glaubens.
Vor diesem Altar, an dem nur er
Messe liest, ist ein ovaler Raum. Das ist die Confessio, das Märtyrergrab. Heute
wie an jedem Tag ist es von dreiundneunzig Lampen in Dreierbündeln beleuchtet;
seine Wände sind mit Jaspis, Achat und Porphyr verkleidet. Heilige wie
Dominikus und Ignatius von Loyola, Kaiser wie Karl der Große und Friedrich
Barbarossa haben hier gekniet, um Petrus zu ehren. Denn unter den Füßen
Johannes Pauls II. ist Petrus begraben; seine Gebeine haben nicht nur diese
mächtige Basilika geheiligt, sondern auch seine Nachfolger auf dem Stuhl von
Rom.
Nicht ein einziger Anwesender
zweifelt daran, daß Petrus in dieser Kirche, die seinen Namen trägt, begraben
ist. Aber ist er das?
Die katholische Kirche ist
manchmal dogmatisch, auch wenn Zweifel oder zumindest Vorbehalte angebracht
sind. Tatsächlich ist die Frage, wo Petrus begraben liegt, nicht leicht zu
beantworten.
In der ersten Zeit nach Petrus’
Tod wurden seine Gebeine mehrfach an sicherere Orte überführt. Als die
Schwierigkeiten nachließen, wurde der Leichnam dorthin zurückgebracht, wo
Petrus mit seinem Leben Zeugnis abgelegt hatte. Ein kleines Oratorium wurde
über seinem Grab errichtet; ihm folgte im vierten Jahrhundert die
Konstantinsbasilika, die elfhundert Jahre stand.
Wenige von den Gläubigen, die
an diesem Fest der Apostel im Petersdom sind, wissen, daß vor über tausend
Jahren beschlossen wurde, die Köpfe von Petrus und Paulus vom Rumpf zu trennen.
Diese Köpfe wurden seither immer in S. Giovanni in Laterano aufbewahrt, der
Papstkathedrale und Mutterkirche des Christentums. Auch die Lateranskirche
wurde von Konstantin gebaut, neben dem Lateranspalast, den er dem Bischof von
Rom zur Verfügung stellte.
Nach den alten Gesetzen Roms
und den Kanones katholischer Theologie folgt daraus, daß Petrus nicht wirklich
im Petersdom begraben ist, sondern zusammen mit Paulus im Lateran. Wo der Kopf
ist, ist nach der alten Maxime die Grabstätte. Selbst heute gilt in der
pastoralen Praxis der Kopf als der wichtigste Teil des Leichnams. Im Fall eines
enthaupteten oder verstümmelten Toten wird der Kopf mit heiligem Öl gesalbt.
Es gab eine Gelegenheit, bei
der Petrus’ Kopf wieder zu seinem Rumpf kam. 1241 marschierte Kaiser Friedrich
II. auf Rom. Viele Bürger hatten das Verhalten des Papsttums satt und
bereiteten sich darauf vor, die Stadttore zu öffnen, um die Invasoren
einzulassen. Papst Gregor IX. war dem Tode nahe, doch er kam auf den Gedanken,
mit den Häuptern der beiden großen Apostel eine Prozession vom Lateran zum
Petersdom zu
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