Gottes erste Diener
Geist oder die Auferstehung der
Toten nicht erwähnt. Das großartige Wortspiel war ausschließlich auf Petrus
gemünzt.
Hier hören die Überraschungen
jedoch nicht auf. Für die Kirchenväter ist es der Glaube des Petrus — oder der
Herr, an den Petrus glaubt —, welcher der Fels genannt wird, nicht Petrus. Alle
Kirchen-Konzilien von Nizäa im vierten Jahrhundert bis Konstanz im fünfzehnten
waren sich einig, daß Christus das einzige Fundament der Kirche ist, d.h. der
Fels, auf dem die Kirche steht.
Vielleicht ist dies der Grund,
warum nicht einer der Kirchenväter von einer Übertragung der Macht von Petrus
auf seine Nachfolger spricht; nicht einer spricht wie die heutigen
Kirchendokumente von »Vererbung«. Es gibt keinen Hinweis auf ein bleibendes
petrinisches Amt. Wenn die Kirchenväter über ein Amt sprechen, beziehen sie
sich auf das Episkopat allgemein. Alle Bischöfe sind Nachfolger aller Apostel.
Die Analyse eines weiteren
wichtigen Textes aus dem Evangelium ergibt das gleiche. Jesus sagte zu Petrus:
»Ich habe für dich gebetet, daß dein Glaube nicht wankend werde; und wenn du
bekehrt bist, stärke deine Brüder.« Diese Aussage bezog sich nur auf Petrus
persönlich. Es ist den etwa achtzehn Kirchenvätern, die diesen Text kommentiert
haben, nie eingefallen, daß er eine Verheißung an »die Nachfolger Petri«
enthielte. Als Einzelperson hatte Petrus keine Nachfolger.
Was wird dann aus den
Verheißungen, die angeblich über Petrus an seine »Nachfolger«, die Päpste,
ergangen sind? Erben denn die Päpste Unfehlbarkeit und weltweite Rechtshoheit
nicht von Petrus?
Das erste Problem der
Unfehlbarkeit liegt darin, daß Petrus selbst nach dem Neuen Testament eindeutig
gewaltige Fehler machte, sowohl vor als auch nach dem Tod Jesu. Als Jesus zum
Beispiel darauf bestand, nach Jerusalem zu gehen, wo er gekreuzigt werden
sollte, protestierte Petrus so sehr, daß Jesus ihn einen »Satan« in seinem Weg
nannte. Einige katholische Theologen haben vorgeschlagen, diese Worte, »hebe
dich hinweg von mir, Satan«, dem petrinischen Text unter Michelangelos Kuppel
anzufügen. Nach Jesu Auferstehung macht Petrus einen ebenso schlimmen Fehler.
»Häresie« ist dafür kein übles Wort. Gratian, der größte Kirchenrechtler der
Geschichte, sagte 1150: »Petrus cogebat gentes judaizare et a verdate
evangelii recedere« — »Petrus zwang die Nichtjuden, wie Juden zu leben und
von der Wahrheit des Evangeliums abzuweichen.«
Was die weltweite Rechtshoheit
betrifft: Ob es Petrus, wenn er zu seiner kleinen Herde in Antiochien oder Rom
predigte, wohl je in den Sinn kam, daß er die Herrschaft über die ganze Kirche
hatte? Eine solche Idee mußte warten, bis das Christentum ins Römische Reich
integriert war. Selbst dann brauchte es Zeit, bis das Papsttum genug Statur
hatte, um einen solchen Anspruch plausibel zu machen.
Die Schwierigkeiten sind damit
nicht zu Ende. Päpste, heißt es, sind nur dann unfehlbar, wenn sie zur ganzen
Kirche sprechen. Wann haben sie das zum erstenmal getan? Bestimmt nicht im
ersten Jahrtausend. In jener Zeit drückten nur allgemeine Konzilien den Willen
der Kirche aus, wie jeder anerkennt. War die höchste Macht des Papstes diese ganze
Zeit suspendiert? Wenn die Kirche ohne sie tausend Jahre funktionieren konnte,
warum sollte sie sie dann überhaupt brauchen? Wie das Pech es will, war eines
der ersten, wenn nicht das erste päpstliche Dokument, das sich an die
ganze Kirche wandte, die Bulle Unam Sanctam von Bonifaz VIII. im Jahr
1302. Das Dokument war so weit hergeholt, daß es beim Ersten Vatikanischen
Konzil von 1870 zu heiklen Fragen führte.
So sah also die frühe Kirche in
Petrus nicht den Bischof von Rom und deshalb nicht einen Nachfolger Petri in
jedem Bischof von Rom. Trotzdem genoß Rom aus ganz anderen Gründen höchstes
Ansehen. Erstens waren Petrus und Paulus dort den Märtyrertod gestorben.
Zweitens war Rom ein heiliger Ort, weil die Gläubigen, Klerus und Laien, dort
ihre Toten aufbewahrten und verehrten. Diese Toten waren eine Art Pfand der
Orthodoxie durch die Jahrhunderte.
Jahrzehnte vergingen. Der
Bischof von Rom wurde immer wichtiger, besonders als der kaiserliche Hof im
vierten Jahrhundert nach Konstantinopel verlegt wurde. Dies hinterließ eine
enorme politische, verwaltungstechnische und emotionelle Lücke. Die Bischöfe
von Rom waren sozusagen zur Hand, um sie zu füllen. Von dieser Zeit an begannen
die Bischöfe Roms, Petrus von Paulus zu trennen und Verheißungen
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