Gottes erste Diener
unausgesprochene
Botschaft an die Behinderten lautet: »Wäre dein Zustand früher diagnostiziert
worden, hätten wir dich weggemacht.« Von ihnen scheint die Gesellschaft zu
sagen, was Jesus von Judas sagte: »Es wäre besser, er wäre nie geboren.« Es
wäre wahrscheinlich sicherer und medizinisch sinnvoller, alle Föten ausreifen
zu lassen und dann die behinderten zu töten. Wir richten Verbrecher heute nicht
hin, weil sich vielleicht später ihre Unschuld herausstellen könnte. Sollten
wir nicht davor zurückschrecken, die zu töten, die vielleicht behindert sind —
durch Röteln zum Beispiel —, falls sie sich als gesund herausstellen? Wenn
nicht, dann bringt sie um. Die Gründe zur Rechtfertigung von Abtreibung würden
gewiß auch Kindesmord rechtfertigen, nicht wahr? Wird diese Zimperlichkeit auch
mit der Zeit verschwinden? Wird die Gesellschaft nicht die Römer hierin
nachahmen und die Kinder sterben lassen, nicht auf kalten Berghängen, sondern
in Eimern aus rostfreiem Stahl? Die Forschung zeigt, daß Kindesmord in
Abtreibungskliniken schon geschieht. Es zeigt sich vielleicht, daß der Fötus
weiter entwickelt ist als angenommen. Zum Entsetzen des Arztes wird ein
vollkommen gesundes, lebensfähiges Baby geboren. Statt das Fruchtwasser
abzusaugen und seinen kleinen Mitmenschen zu beatmen und zu wärmen, steckt der
Arzt ihm entweder einen behandschuhten Finger in den Hals, oder er schaut
flüchtig nach, ob er atmet — dies zu seiner Absicherung — und wirft ihn als
Fehlgeburt in einen Eimer.
Anomalien werden immer
häufiger. Mancherorts werden junge Katzen mit mehr Rücksicht getötet als Kinder
im Mutterleib. In einer Zeit, die die Todesstrafe immer schrecklicher findet,
werden Kinder zu Millionen kaltblütig in moderner medizinischer Lynchjustiz
getötet. Kindsmörder, Vergewaltiger, Sadisten, Spione werden nicht
hingerichtet; nur die Unschuldigen im Leib ihrer Mutter oder die, die
lästigerweise unerwartet lebendig aus ihm kommen und ermordet werden. Wer Babys
prügelt, kommt ins Gefängnis; wer sie verstümmelt und tötet, bevor sie ihren
ersten Atemzug tun, wird gut bezahlt und genießt professionelles Ansehen.
Unter römischem Recht hatte der
Vater die Verfügungsgewalt über Leben und Tod in seiner Familie; heute
entscheidet die Frau, ob ihr Kind lebt oder stirbt. Jüngsten
Gerichtsentscheidungen in England und Amerika zufolge hat der Vater keine
Rechte, wie es scheint. Er war an dem Liebesakt beteiligt, in dem das Kind
empfangen wurde, das Kind ist genetisch ein Teil von ihm; doch selbst er darf
nicht in das absolute Recht der Frau eingreifen, sein Kind abzutreiben. Das
Kind im Mutterleib hat keinen Fürsprecher und überhaupt keine Rechte.
Zur Rechtfertigung dieser
Einstellung wird oft vorgebracht, das, was im Uterus ist, sei in keinem Sinne
ein Mensch, nur ein potentieller Mensch. Es existiert keine Person, bis nach
der Geburt eine tatsächliche, unabhängige Existenz da ist. Neue Ausdrücke sind
geprägt worden, um diese neue Erscheinung auszudrücken.
Abtreibende Ärzte töten niemals
Babys; sie unterbrechen Schwangerschaften oder entfernen fötales Material.
Abtreibungen werden als therapeutisch eingestuft, freilich nicht für das
Ungeborene, für das sie tödlich sind. Die Betonung liegt ausschließlich auf der
Frau und ihrem »Zustand«. Sie soll in diesem Zusammenhang nicht einmal »Mutter«
genannt werden; sie ist eine Nichtmutter in spe. Der Schein muß gewahrt werden,
sie sei körperlich oder seelisch krank, selbst in Fällen, wo sie das eindeutig
nicht ist. Selbst die Sprache wird sterilisiert. Ausgemerzt sind negative
Wörter, die nach Tod und Zerstörung klingen. Abtreibung ist immer positiv, und
da Ärzte beteiligt sind, muß sie als Wohltat für die Menschheit, medizinischer
Fortschritt, öffentliche Annehmlichkeit dargestellt werden.
Den medizinischen Laien, die
nie in den Stahleimer schauen mußten, wenn der Arzt fertig ist, nie den Fötus
ansehen mußten, wie er sich windet, wenn die Nadel hineingestoßen wird, mag
dies human vorkommen. Die Schwangerschaft wird als Krankheit gesehen und im
Frühstadium als leichte Krankheit. Abtreibung ist keine richtige Operation;
vielleicht nur eine Ausschabung oder eine kleine Absaugung. Schließlich war das
Baby nicht geplant, nicht wahr? Das Neutrum hilft die menschliche Realität
maskieren. Nur Babys, die erwünscht und geliebt werden, sollten geboren werden.
Dieses war ein Unfall, und Unfälle sollten nicht passieren; der Arzt
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