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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener
Autoren: Peter de Rosa
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Römer«.
     
    Wahrscheinlich geschah es bei
diesem Treffen, daß Stephan seinem Gastgeber ein Dokument von hohem Alter
zeigte. Es war staubig und verknittert; jahrhundertelang war es in den
päpstlichen Archiven aufbewahrt worden. Es trug das Datum 30. März 315 und hieß
»die Konstantinische Schenkung«. Es war eine Schenkungsurkunde vom ersten
christlichen Kaiser an Papst Sylvester.
    Die Schenkung erzählt die
bewegende Geschichte von Konstantin, der am ganzen Körper Lepra bekam.
Heidnische Priester bauten einen Brunnen auf dem Kapitol und versuchten ihn zu
überreden, ihn mit dem Blut kleiner Kinder zu füllen. In dem noch warmen Blut
sollte Konstantin baden und geheilt werden. Viele Kinder wurden mit ihren
weinenden Müttern zusammengetrieben. Der Kaiser, gerührt von ihren Tränen,
schickte sie mit Geschenken beladen heim. In jener Nacht hatte er einen Traum.
Petrus und Paulus sagten ihm, er solle sich mit Papst Sylvester in Verbindung
setzen, der damals auf dem Berg Soracte versteckt war. Der Papst würde ihm den
wahren »Brunnen der Frömmigkeit« zeigen. Wenn er wieder gesund war, solle er
auf der ganzen Welt christliche Kirchen wieder aufbauen, die Götzenanbetung
aufgeben und dem wahren Gott huldigen. Konstantin tat wie geheißen. »Als ich am
Grund des Brunnens war«, sagte er, »sah ich eine Hand vom Himmel mich
berühren.« Er kam geheilt von dieser Taufe zurück. Sylvester predigte ihm die
Dreifaltigkeit und wiederholte Jesu Worte an Petrus: »Du bist Petrus... und ich
werde dir die Schlüssel des Reiches geben.« In der Überzeugung, er sei durch
die Macht des Apostels geheilt worden, machte Konstantin im Namen des Senats
und des ganzen römischen Volkes eine Schenkung an den Stellvertreter des
Gottessohnes und alle seine Nachfolger:
     
    Da
Unsere kaiserliche Macht irdisch ist, haben Wir bestimmt, daß sie seine
heiligste Römische Kirche ehren und achten soll und daß der heilige Stuhl des
gebenedeiten Petrus glorreich über Unser Reich und Unseren irdischen Thron
erhöht werden soll.... Er soll über die vier Hauptsitze Antiochia, Alexandria,
Konstantinopel und Jerusalem herrschen wie über alle Kirchen Gottes in aller
Welt.... Schließlich, siehe, Wir übertragen Sylvester, dem Kaiser der Welt,
sowohl Unseren Palast als auch alle Provinzen und Paläste und Bezirke der Stadt
Rom, Italiens und aller Regionen des Westens.
     
    Konstantin gab auch eine
bislang nie gehörte Erklärung, warum er in den Osten gegangen war. Er wünschte,
daß Rom, wo die christliche Religion vom himmlischen Kaiser (Christus)
gegründet worden war, keinen Rivalen auf Erden habe. Das heidnische Rom hatte
zugunsten des christlichen Rom abgedankt.
    König Pippin war beeindruckt.
Das Dokument bewies, daß der Papst Nachfolger Petri und Konstantins war. Der
Kaiser hatte sogar als päpstlicher Diener fungiert und damit viele Kaiser und
Könige inspiriert, seine Demut bei Papstkrönungen in späteren Jahrhunderten
nachzuahmen. Als Pippin zu Felde zog und die Langobarden besiegte, gab er dem
Papst alle Länder zurück, die durch die Schenkung von Rechts wegen ihm
gehörten.
    Es war eine überraschende
Entwicklung der Evangelien. Jesus besaß nichts als die Kleider, die er am Leibe
trug. Seine Chefjünger hatten nun nicht nur enormen Grundbesitz, an dem sie
dann allzusehr hingen, sondern sie brauchten auch militärische Bündnisse, um
sie zu halten.
    Die Schenkung blieb weiterhin
bedeutsam. Der einzige englische Papst, Hadrian IV., berief sich zum Beispiel
auf sie, als er Irland Heinrich II. von England gab. Hadrian war zuvor Nicholas
Breakspear gewesen, der Sohn eines Priesters.
    Als Heinrich 1171 die lange,
tragische Besetzung Irlands begann, anerkannte das in Cashel versammelte
irische Episkopat ihn und seine Nachfolger als rechtmäßige Könige Irlands. Dies
besiegelte der neue Papst, Alexander III., mit seinem Einverständnis—jedoch
nicht ohne darauf zu bestehen, daß er seinen jährlichen Penny pro Haushalt
bekam. Dies war der Preis des Papsttums für die Übergabe dieses katholischsten
und keltischsten aller Länder an die normannischen Engländer.
    Was dies schwerer zu ertragen
macht, ist: Die Schenkung war ein Schwindel.
     
    Die Schenkung war eine
Fälschung, die wahrscheinlich ein Priester im Lateran zusammengeschrieben
hatte, kurz bevor Stephan König Pippin besuchte. So war der Bildungsstand
damals: Niemand durchschaute sie, obwohl das heute ein Schulkind könnte. Erst
als Lorenzo Valla, ein päpstlicher Berater,
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